Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
Staatsminister Michael Roth<br />
(A)<br />
(B)<br />
Niemals zuvor war eine somalische Regierung derart<br />
umfassend demokratisch legitimiert.<br />
Noch immer ist Somalia aber auch eines der Schlusslichter<br />
weltweit, was staatliche Funktions- und Handlungsfähigkeit<br />
betrifft. Dennoch hat Somalia heute die<br />
besten Zukunftsaussichten seit mehr als 25 Jahren, also<br />
seit dem Staatszerfall 1991. Das dauerhafte beharrliche<br />
Engagement der internationalen Gemeinschaft und die<br />
unerschütterliche Zuversicht der Somalis selbst, ihr Land<br />
wieder aufzubauen, tragen inzwischen erste Früchte.<br />
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch<br />
realistisch bleiben. Die Entwicklung Somalias ist und<br />
bleibt wie so oft ein Marathon, der Ausdauer und einen<br />
langen Atem verlangt. Das Land wird auch weiterhin auf<br />
unsere Unterstützung, auf die Unterstützung der internationalen<br />
Gemeinschaft angewiesen sein.<br />
Deutschland hat zur positiven Entwicklung einen<br />
wichtigen Beitrag geleistet – national wie im europäischen<br />
Rahmen. Wir werden dies auch weiterhin tun.<br />
(Beifall des Abg. Niels Annen [SPD] – Zurufe<br />
von der LINKEN)<br />
Insbesondere unser ziviles Engagement möchte ich hervorheben:<br />
von der humanitären Hilfe über politische<br />
und gesellschaftliche Stabilisierung bis hin zur Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Wir unterstützen den Aufbau eines<br />
föderalen Systems in Somalia, in dem sich möglichst<br />
alle Somalis wiederfinden. Diesen Prozess begleiten<br />
wir nicht nur auf der zentralen Staatsebene, über Verfassungs-<br />
und Organisationsberatung in der Hauptstadt<br />
Mogadischu, sondern auch in den Regionen beim Aufbau<br />
von Gliedstaaten.<br />
In Zukunft werden wir dieses Engagement abermals<br />
verstärken. Wir wollen die erfolgreichen Programme, mit<br />
denen die meist jungen Kämpfer der al-Schabab-Miliz<br />
demobilisiert, entwaffnet und vor allem auch wieder in<br />
die Gesellschaft eingegliedert werden sollen, ausweiten.<br />
Dabei wollen wir erstmals auch weibliche Kämpferinnen<br />
erreichen. Darüber hinaus wollen wir auch den allgemeinen<br />
Staatsaufbau weiter unterstützen. Eine funktionierende<br />
Finanzverwaltung, der nachhaltige Kampf gegen<br />
die grassierende Korruption und eine gesicherte Versorgung<br />
der Bevölkerung mit Lebensmitteln, mit Wasser,<br />
mit den Grundnahrungsmitteln sowie medizinische Versorgung<br />
sind wichtige Pfeiler der weiteren Entwicklung<br />
Somalias. Hier engagieren wir uns im Verbund mit unseren<br />
internationalen Partnern.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Bis hierhin – davon gehe ich fest aus – gibt es Konsens<br />
im Hohen Hause. Aber jetzt kommen wir zu dem nach<br />
wie vor kontroversen Aspekt. Wichtigste Voraussetzung<br />
für unseren vielfältigen Einsatz, den ich Ihnen eben in<br />
aller Kürze zu schildern versucht habe, bleibt ein Mindestmaß<br />
an Sicherheit. Deshalb gilt es, wieder tragfähige<br />
Sicherheitsstrukturen aufzubauen. EUTM Somalia leistet<br />
hier durch Ausbildung und Beratung der somalischen<br />
Streitkräfte einen wichtigen Beitrag, um das Land dauerhaft<br />
zu stabilisieren und zu befrieden.<br />
Unser deutsches Engagement ist eben umfassend und<br />
setzt auf zahlreiche zivile, aber eben auch militärische<br />
Elemente. Deutsche Soldatinnen und Soldaten sind im<br />
Rahmen von EUTM Somalia und im Anti-Piraterie-Einsatz<br />
EUNAVFOR/Operation Atalanta eingesetzt. Und<br />
Deutschland beteiligt sich an den internationalen zivilen<br />
Einsätzen, beispielsweise beim Polizeiaufbau im Rahmen<br />
der politischen VN-Mission UNSOM und beim<br />
Aufbau einer Küstenwache durch die GSVP-Mission,<br />
also eine EU-Mission, EUCAP Somalia.<br />
Die EU unterstützt die Friedensmission AMISOM der<br />
Afrikanischen Union, die derzeit noch eine ganz zentrale<br />
Säule für die Sicherheit des Landes und den Kampf gegen<br />
die Terrormiliz al-Schabab bildet. Doch nicht mehr<br />
lange: Der Abzug von AMISOM und die Übergabe der<br />
Verantwortung an die somalischen Sicherheitskräfte sind<br />
bereits angekündigt. Bis Ende 2020 soll dies abgeschlossen<br />
sein. Dadurch steigt zwangsläufig auch der Erfolgsdruck<br />
auf die EU-Mission.<br />
EUTM Somalia hat in den vergangenen sieben Jahren<br />
über 5 500 Soldaten ausgebildet. Diese beachtliche Zahl<br />
wurde unter schwierigsten Bedingungen erreicht. Das<br />
General Dhagabadan Training Center, die Ausbildungsstätte<br />
von EUTM Somalia und AMISOM, muss aufwendig<br />
gesichert werden. Die Sicherheitslage in Mogadischu<br />
erlaubt den Ausbildern von EUTM nur einen Aufenthalt<br />
im Trainingscamp von wenigen Stunden pro Tag. Aber<br />
genau hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir<br />
geduldig bleiben. Die Arbeit von EUTM Somalia bleibt<br />
wichtig.<br />
Wenn wir das Erreichte bewahren und darauf aufbauen<br />
wollen, müssen wir die Defizite der Vergangenheit<br />
aber auch ganz kritisch ansprechen. Genau dies hat die<br />
Bundesregierung getan; denn wir wollen und wir müssen<br />
besser werden. Gemeinsam mit anderen EU-Partnern<br />
haben wir uns in Brüssel erfolgreich dafür eingesetzt, die<br />
Mission neu auszurichten. So wollen wir den schwierigen<br />
Verhältnissen besser Rechnung tragen und die Wirksamkeit<br />
der Mission weiter erhöhen. Erst auf dieser deutlich<br />
verbesserten Grundlage haben wir beschlossen, das<br />
EU-Mandat von EUTM Somalia zu verlängern bzw. Sie<br />
um Ihre Unterstützung zu bitten. Mein Kollege aus dem<br />
Verteidigungsministerium wird Ihnen sicherlich noch die<br />
Punkte nennen, die sich in dem Mandat aus unserer Sicht<br />
deutlich verbessert haben.<br />
Somalia braucht weiterhin internationale Unterstützung.<br />
Mit der Entscheidung, die Beteiligung bewaffneter<br />
deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Beratungsund<br />
Ausbildungsmission EUTM Somalia fortzuführen,<br />
würde der Deutsche <strong>Bundestag</strong> dazu einen wichtigen<br />
Beitrag leisten. Deshalb bitte ich Sie im Namen der Bundesregierung<br />
um Ihre Unterstützung dieses schwierigen,<br />
aber auch wichtigen Mandats.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)<br />
Vizepräsident Johannes Singhammer:<br />
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Alexander Neu,<br />
Fraktion Die Linke.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
(C)<br />
(D)