Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
(A)<br />
(B)<br />
Rabatte auf Lizenzeinkünfte, Lizenzboxen, dürfen<br />
von Staaten daher zukünftig nur noch gewährt werden,<br />
wenn das Unternehmen dort auch wirklich forscht und<br />
entwickelt, also Wertschöpfung betreibt. Erfüllt ein Staat<br />
diese Anforderung für Zwecke des schädlichen Steuerwettbewerbs<br />
nicht, greifen die Regelungen des Gesetzentwurfs:<br />
Das Unternehmen darf sich die Lizenzaufwendungen<br />
nicht vom zu versteuernden Gewinn abziehen,<br />
wenn damit im Empfängerland Lizenzeinnahmen entstehen,<br />
die aufgrund eines als schädlich eingestuften Präferenzregimes<br />
nicht oder nur niedrig besteuert werden.<br />
Diese nationale Regelung kann allerdings das Problem<br />
leider nicht an der Wurzel packen. Denn schädlicher<br />
Steuerwettbewerb ist ein internationales Problem. Daher<br />
ergänzt die Regelung das internationale Programm gegen<br />
„die Aushöhlung von Steuerbemessungsgrundlagen<br />
und Gewinnverlagerung“ – Base Erosion and Profit Shifting,<br />
kurz BEPS –, das Bundesfinanzminister Wolfgang<br />
Schäuble bereits im Jahr 2012 auf Ebene der G 20 und<br />
der OECD mitinitiiert hat.<br />
Nach Aktionspunkt 5 des BEPS-Projekts darf ein<br />
Staat Unternehmen nur dann eine spezielle Lizenzboxregelung<br />
gewähren, wenn das Unternehmen in dem Staat<br />
Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten durchgeführt<br />
und dafür effektiv Ausgaben getätigt hat, sogenannter<br />
Nexus-Ansatz. Bereits im Jahr 2016 bestehende Lizenzboxen,<br />
die diesem Nexus-Ansatz nicht entsprechen, müssen<br />
spätestens bis zum 30. Juni 2021 abgeschafft werden.<br />
Diesen Programmpunkt müssen wir nicht umsetzen, da<br />
wir keine Lizenzbox in Deutschland anbieten. Allerdings<br />
schützen wir uns mit dem vorliegenden Gesetz schon<br />
vor dem Jahr 2021 vor Verlust von Steuersubstrat durch<br />
ausländische, nicht dem Nexus-Ansatz entsprechende<br />
Lizenzboxen.<br />
Auch wenn die Lizenzbox in den Staaten der OECD<br />
und G 20 ein Auslaufmodell sein sollte, bleibt die Lizenzschranke<br />
auch nach 2021 von Bedeutung. Denn<br />
Staaten, die sich dem BEPS-Projekt nicht angeschlossen<br />
haben, könnten das Steuermodell auch nach 2021 noch<br />
anbieten. Umso wichtiger ist es, dass wir uns international<br />
abstimmen und das Steuerrecht weiter harmonisieren.<br />
Wir wollen den internationalen Steuerwettbewerb dabei<br />
nicht abschaffen, sondern fairer gestalten. Gewinne sollen<br />
dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden.<br />
Alles andere führt zu Wettbewerbsverzerrungen, die vor<br />
allem unseren Mittelstand treffen, der hier in Deutschland<br />
fair seine Steuern zahlt. Deutsches Steuersubstrat<br />
darf außerdem nicht geschmälert werden.<br />
Die Umsetzung des BEPS-Projekts darf aber auch<br />
nicht zu Wettbewerbsnachteilen für unsere Exportindustrie<br />
führen. Vor allem Doppelbesteuerung, hier und zugleich<br />
am Exportstandort, muss vermieden werden. Das<br />
werden wir auch im kommenden Gesetzgebungsverfahren<br />
wieder berücksichtigen.<br />
Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Die Beobachtungen<br />
der letzten Jahre haben gezeigt, wie multinationale<br />
Unternehmen die unzureichende Abstimmung der<br />
nationalen Steuersysteme und den schädlichen Steuerwettbewerb<br />
zwischen den Staaten in ihrem Sinne nutzen<br />
und so ihre Steuerlast auf ein Minimum senken können.<br />
Üblicherweise setzt hier das bekannte Unternehmensbashing<br />
ein, die Beschimpfung der Unternehmen wegen ihrer<br />
Steuerhinterziehung. Aber jeder der sich in die Rolle<br />
des Finanzvorstandes versetzt, würde ähnlich handeln –<br />
dorthin gehen, wo die Steuern unanständig niedrig sind,<br />
wenn die anderen Verhältnisse in diesem Niedrigsteuerstaat,<br />
etwa gut ausgebildete Arbeitnehmer, innere Sicherheit,<br />
kulturelles Angebot, Gesundheitsvorsorge etc., vergleichbar<br />
sind. Wir sprechen also heute davon, wie sich<br />
Staaten durch Steuerkonkurrenz gegenseitig das Leben<br />
schwer machen, um Unternehmen anzulocken. Ich bin<br />
froh, dass wir uns an diesem ruinösen Wettbewerb nicht<br />
beteiligen, indem wir das Gleiche tun wie eine ganze<br />
Reihe ansonsten seriöser Staaten. Vor einiger Zeit wäre<br />
unser Finanzminister ja auch dieser Versuchung unterlegen<br />
– er hatte öffentlich eine Patentbox für Deutschland<br />
überlegt. Dieser Gedanke ist glücklicherweise mit dem<br />
heutigen Gesetzentwurf überwunden. „Steuerlast auf ein<br />
Minimum zu senken“, funktioniert über folgenden Mechanismus:<br />
Gewinne verschieben und damit die Bemessungsgrundlage<br />
kleinrechnen, wir sagen auch: erodieren.<br />
Die Bemessungsgrundlage ist ja das, wonach sich die<br />
Steuer bemisst, also Steuersatz, Tarif, mal Bemessungsgrundlage.<br />
Insofern versuchen die Unternehmen, im eigenen<br />
Land einerseits die Bemessungsgrundlage zu verkürzen<br />
– ist sie null, ist der Steuersatz gleichgültig. Klar:<br />
30 Prozent auf nix ist ziemlich wenig. Andererseits wird<br />
versucht, den Gewinn in Länder zu verschieben, in denen<br />
der Steuersatz niedrig ist. Auch klar: Ist der Steuersatz<br />
niedrig oder null, ist die Bemessungsgrundlage gleichgültig.<br />
Null mal Egal-wie-viel ist auch ziemlich wenig<br />
Der im Auftrag der G-20-Staaten entwickelte Anti-BEPS-Aktionsplan<br />
der OECD zeigt verschiedene<br />
fiskalische Maßnahmen dagegen auf. Sie verfolgen das<br />
Ziel, die Transparenz und den Informationsaustausch unter<br />
den Staaten zu verbessern, die Steuersysteme aufeinander<br />
abzustimmen und gegen schädlichen Steuerwettbewerb<br />
vorzugehen. Im Dezember haben wir Teile davon<br />
auf Grundlage der EU-Amtshilferichtlinie umgesetzt.<br />
Den automatischen Informationsaustausch zwischen den<br />
Staaten zu verbessern, war ein überaus wichtiger erster<br />
Schritt. Damit sorgen wir für mehr Transparenz bei der<br />
Verrechnungspreisdokumentation und einen automatischen<br />
Austausch von Tax-Rulings und länderbezogenen<br />
Berichten, Country-by-Country Reporting. Was gefehlt<br />
hat, waren Maßnahmen gegen schädlichen Steuerwettbewerb.<br />
Es liegt im Wesen eines ersten Schrittes, dass<br />
weitere folgen sollen. Der Bundesrat hat unter Führung<br />
der SPD-regierten Länder zur Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie<br />
durch einen Entschließungsantrag deutlich<br />
gemacht, dass auch Handlungsbedarf gegen schädliche<br />
Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Lizenz- und Patentboxen<br />
besteht. Mit Lizenz- und Patentboxen, also<br />
zum Beispiel Tochterunternehmen, in denen die eigenen<br />
Patente liegen und die extrem niedrig besteuert werden,<br />
bieten sich Staaten als Präferenzregime an. Damit treten<br />
Staaten dann untereinander in Steuerwettbewerb. Auf der<br />
Grundlage dieses Entschließungsantrages gehen wir nun<br />
mit einem passenden Gesetzentwurf dagegen vor und<br />
unternehmen einen weiteren Schritt auf dem Weg zur<br />
Umsetzung des Anti-BEPS-Aktionsplanes – am Beispiel<br />
(C)<br />
(D)