12.03.2017 Aufrufe

Deutscher Bundestag

1iCXTecQ4

1iCXTecQ4

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22075<br />

Cem Özdemir<br />

(A)<br />

(B)<br />

Aber – das gilt für jedes Projekt, das man liebt, für<br />

jedes Projekt, das einem wichtig ist – es gehört Ehrlichkeit<br />

dazu. Das heißt: Europa kann nur erfolgreich sein,<br />

wenn es dynamisch bleibt, wenn wir selbstkritisch sind,<br />

wenn wir anpassungsfähig sind und wenn wir auch nicht<br />

den Reformwillen verlieren. Darum ist es erforderlich,<br />

angesichts der Angriffe von innen wie von außen zu reagieren.<br />

Zu den Angriffen muss man sagen: Dass diese<br />

von Herrn Putin kommen, gut, daran haben wir uns gewöhnt.<br />

Dass er uns und der Europäischen Union nicht gut<br />

gesinnt ist, das wissen die meisten hier, vielleicht bis auf<br />

einige wenige.<br />

(Zurufe von der LINKEN: Oh!)<br />

Aber dass jetzt noch dazu der Präsident der Vereinigten<br />

Staaten von Amerika kommt, ist etwas, was ich mir<br />

zumindest in meiner Schulzeit nicht hätte vorstellen können.<br />

Aber das kann doch nicht heißen, dass wir uns jetzt<br />

hier den ganzen Tag erzählen, wie schlimm die Welt ist,<br />

sondern daraus kann es doch nur eine Konsequenz geben,<br />

nämlich dass wir uns mit allen Kräften darum kümmern,<br />

dass das vornehmste Ziel der deutschen Außenpolitik<br />

Europa sein muss, die Europäische Union sein muss, ein<br />

starkes, ein handlungsfähiges Europa sein muss.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und<br />

des Abg. Thomas Oppermann [SPD])<br />

Ich will nicht, dass wir, wenn wir in 120 Jahren hoffentlich<br />

erneut die Römischen Verträge feiern, Austrittsschreiben<br />

im Briefkasten der Europäischen Union haben.<br />

Ob wir die bekommen oder ob wir sie nicht bekommen,<br />

das liegt eben auch an uns. Da will ich schon sagen: Ich<br />

hätte in den vergangenen Jahren Ihrer Kanzlerschaft,<br />

Frau Merkel, gerne etwas von Ihnen darüber gehört, wie<br />

Sie sich Europa vorstellen, wie Ihre Vorstellung von Europa<br />

ist.<br />

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da hätten Sie<br />

mal zuhören sollen!)<br />

Wenn man nicht führt, wenn man nicht erklärt, dann<br />

macht man sich weniger angreifbar – natürlich ist das<br />

einfacher; das verstehe ich schon –, dann polarisiert man<br />

nicht so.<br />

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Führen Sie mal<br />

Ihre eigene Partei ein bisschen!)<br />

Nur, das Problem ist: Es gibt in der Politik kein Vakuum.<br />

Das Vakuum wird immer gefüllt, und wenn wir als<br />

Demokraten es nicht füllen, dann füllen es die Populisten.<br />

Ich will aber nicht, dass die Populisten uns sagen,<br />

wie es mit Europa weitergehen soll, sondern wir müssen<br />

sagen, was mit Europa passiert.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie der Abg. Michelle Müntefering [SPD])<br />

Auch das will ich sehr klar sagen: Wer glaubt, dass<br />

Europa zu einem reinen Binnenmarkt zurückentwickelt<br />

werden kann, der ist nicht nur naiv, sondern der hat Europa<br />

bereits abgeschrieben. Die Römischen Verträge, die<br />

die Gründungsmütter und Gründungsväter wollten, sind<br />

eben nicht bloß reine Handelsverträge gewesen; ihnen<br />

ging es immer um eine große europäische Idee.<br />

Machen wir uns doch nichts vor: Auch wir Deutsche<br />

mit all unserer wirtschaftlichen Stärke sind am Ende des<br />

Tages zu klein, um die Probleme, über die wir hier regelmäßig<br />

im Parlament reden, ob es die Terrorbekämpfung<br />

ist, ob es der Kampf gegen den Klimawandel ist,<br />

ob es der Kampf gegen Epidemien oder der Einsatz für<br />

Demokratie ist, zu lösen. Dafür brauchen wir die anderen<br />

Partnerinnen und Partner; aber dann muss man auch mit<br />

den Partnern so umgehen, dass die Partnerschaft erfolgreich<br />

wird.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie des Abg. Norbert Spinrath [SPD])<br />

Darum hätte ich gerne von Ihnen gehört, dass Sie sagen:<br />

Nur wenn es den europäischen Nachbarn gut geht,<br />

dann geht es uns Deutschen gut. Das muss künftig das<br />

Narrativ der deutschen Europapolitik sein.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />

Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Genau<br />

das hat sie gesagt! – Gunther Krichbaum<br />

[CDU/CSU]: Davon war doch die Rede!)<br />

– Wir werden es gleich sehen, meine Damen und Herren.<br />

Ich hätte gerne einmal etwas darüber gehört, dass über<br />

40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland und<br />

Spanien eben nicht nur ein griechisches und spanisches<br />

Problem sind, sondern dass das auch ein Problem der<br />

deutschen Innenpolitik ist, meine Damen und Herren;<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

denn wenn die Zukunftshoffnungen der Menschen in Europa<br />

verloren gehen, dann gehen sie regelmäßig leider<br />

nicht zu den Demokraten, sondern dann gehen sie oft<br />

zu den Populisten, und das führt uns nicht weiter. Meine<br />

Damen und Herren, wenn man über Europa spricht,<br />

dann muss man eben auch über Sozialpolitik sprechen.<br />

Dann muss man darüber sprechen, dass ein Europa, das<br />

zukunftsfähig ist, nur ein gerechtes Europa sein kann.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

Und ein gerechtes Europa, das bekommen wir nur, wenn<br />

wir verstehen, was jeder Unternehmer weiß: Man kann<br />

sich in der Krise eben nicht nur raussparen, sondern in<br />

der Krise muss man auch investieren, damit der Rubel<br />

wieder rollt,<br />

(Lachen bei der CDU/CSU – Volker Kauder<br />

[CDU/CSU]: Der Rubel soll nicht rollen!)<br />

damit die Wachstumszahlen steigen<br />

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Der Rubel eben<br />

nicht!)<br />

und damit Arbeitsplätze geschaffen werden.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])<br />

Ich freue mich auch – Kollege Oppermann hat es angesprochen<br />

–, dass wir mittlerweile an jedem Wochenende<br />

Menschen sehen, junge Menschen, die in europäischen<br />

Städten auf die Straßen gehen und sich versammeln, und<br />

es werden Woche für Woche mehr. Das Motto „Pulse of<br />

Europe“, unter dem sie sich versammeln, bedeutet: Wir<br />

(C)<br />

(D)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!