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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22181<br />

Dr. Konstantin von Notz<br />

(A)<br />

und ein ganz zentraler Punkt der Politik, meine Damen<br />

und Herren.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –<br />

Gerold Reichenbach [SPD]: Das hat jetzt mit<br />

der Datenschutz-Grundverordnung so viel<br />

zu tun wie Kaninchenzucht mit Aquarienhaltung!)<br />

Es gibt ja Gerüchte, wonach es in der jetzigen Führung<br />

des Bundesinnenministeriums zwei lebendige Feindbilder<br />

gibt: den Datenschutz und die EU-Kommission. Der<br />

heutige TOP vereinigt beide miteinander. Die unmittelbar<br />

geltende Verordnung zwingt alle Mitgliedstaaten der<br />

EU und damit eben auch Deutschland in eine ernsthafte<br />

Datenschutzreform. Dass das der Bundesregierung so<br />

nicht schmecken würde, war klar. Denn Datenschutz gilt<br />

Ihnen – das war ja deutlich herauszuhören – viel zu oft<br />

als Hemmnis für die Privatwirtschaft und im Sicherheitsbereich<br />

als Risiko. Und deswegen sage ich: Das Innenministerium<br />

hat meiner Ansicht nach viel Kraft aufgewandt<br />

und verschwendet, die Reform insgesamt zu verzögern<br />

und aufzuhalten. Der Ausgang der Geschichte ist heute<br />

klar: Die Bundesregierung hat in dieser Frage verloren,<br />

und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

zesses sind eine enorme Herausforderung. Nicht alle<br />

selbstgesteckten Ziele der EU-Reform sind erreicht worden.<br />

Die Verordnung selbst ist hochabstrakt und – Sie<br />

haben es angesprochen, Herr Minister – wegen ihres<br />

Kompromisscharakters vielfach auslegungsbedürftig.<br />

Das schafft eben auch ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit.<br />

Auch Dutzende Öffnungsklauseln stellen das<br />

wünschenswerte Ziel einer EU-weiten Harmonisierung<br />

wieder infrage. Aber die zentrale Aufgabe der Verordnung<br />

liegt vor allen Dingen in Folgendem: Big Data,<br />

künstliche Intelligenz, Cloud Computing, das Internet<br />

der Dinge, dies alles verlangt konkrete Regelungen, und<br />

dem widerspricht eben auch nicht das wichtige Ziel der<br />

Technikneutralität. Die EU-Kommission hat dies verstanden<br />

und einen Entwurf der E-Privacy-Verordnung<br />

vorgelegt. Das gilt leider bisher nicht für Sie.<br />

Die Bundeskanzlerin hat in falscher Wirtschaftsfreundlichkeit<br />

ganz ähnlich wie Sie eben, Herr de<br />

Maizière, öffentlich mehrfach gesagt, den Datenschutz<br />

schleifen zu wollen. Den Preis sollen die Bürgerinnen<br />

und Bürger zahlen – durch weniger Schutz und weniger<br />

Transparenz. Das machen wir als Bürgerrechtspartei<br />

nicht mit. Wir können von Ihnen nur eine ordentliche<br />

Umsetzung der guten Vorlage verlangen. Fangen Sie<br />

endlich damit an!<br />

(C)<br />

(B)<br />

Jetzt legen Sie hier einen Entwurf vor, der wenig<br />

unversucht lässt, Ziele und Vorgaben der EU-Datenschutz-Grundverordnung<br />

sowie der EU-Richtlinie zur<br />

Polizei und Justiz zu hintertreiben. Ganz typisch für Sie<br />

sind auch die am Ende des langen Artikelgesetzes versteckten<br />

Änderungen des BND-Gesetzes, etwa um die<br />

Datenschutzaufsicht dieser Problembehörde weiter zu<br />

erschweren. Das ist inakzeptabel.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie der Abg. Petra Pau [DIE LINKE])<br />

Die EU-Reform ist insgesamt gesehen nämlich ein<br />

Erfolg. Wir haben endlich ein Instrument gegen Datenmissbrauch<br />

durch Facebook, Google und Co, einen<br />

Schutz, den Sie von der Union in zwölf Regierungsjahren<br />

in unverantwortlicher Weise verweigert haben. Das<br />

Marktortprinzip der Verordnung ist ein Meilenstein, auch<br />

die hohen Sanktionen und Sonderregelungen wie die zur<br />

Datenportabilität sind innovativ und gut.<br />

Bedauerlich ist es, dass die Bundesregierung mit einem<br />

Anpassungsgesetz reagiert, das inzwischen annähernd<br />

70 Gegenanträge der Bundesländer hervorrufen<br />

musste, Forderungen, die überwiegend auf den Inhalt<br />

der EU-Datenschutzverordnung verweisen und deren<br />

Geltung einfordern. So traurig scheint es leider um die<br />

EU-Vertragstreue dieser Bundesregierung bestellt zu<br />

sein. Wirklich unsäglich sind die Beschneidungen der Informationsrechte<br />

der Bürgerinnen und Bürger. Sie stellen<br />

Auskunftsansprüche und Informationspflichten unter den<br />

kommerziellen Vorbehalt der Unternehmen. Das werden<br />

wir keinesfalls mitmachen, meine Damen und Herren.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie der Abg. Petra Pau [DIE LINKE])<br />

Abschließend: Auch wir machen uns nichts vor. Die<br />

Geschwindigkeit und die Tiefe des Digitalisierungspro-<br />

Ganz herzlichen Dank.<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

sowie der Abg. Petra Pau [DIE LINKE])<br />

Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />

Vielen Dank, Konstantin von Notz. – Nächster Redner:<br />

Stephan Mayer für die CDU/CSU-Fraktion.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.<br />

Burkhard Lischka [SPD])<br />

Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU):<br />

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen!<br />

Sehr geehrte Kollegen! Ich glaube, man kann mit<br />

Fug und Recht behaupten, dass die Datenschutz-Grundverordnung<br />

das mit Abstand wichtigste Dossier der Europäischen<br />

Union in der laufenden Legislaturperiode der<br />

Kommission ist.<br />

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE<br />

GRÜNEN]: Das stimmt!)<br />

Ab Mai 2018 findet sie unmittelbare Anwendung. Man<br />

könnte daher durchaus die Frage stellen: Warum bedarf<br />

es dann noch eines nationalen Anpassungs- und Umsetzungsgesetzes?<br />

Es bedarf deshalb eines Anpassungs- und<br />

Umsetzungsgesetzes, weil diese Verordnung viele Öffnungsklauseln<br />

beinhaltet.<br />

Ich möchte ausdrücklich betonen: Der große Vorteil<br />

der Datenschutz-Grundverordnung ist aus meiner Sicht,<br />

dass es gelungen ist, eine Harmonisierung des europäischen<br />

Datenschutzrechts in 28 Ländern – in absehbarer<br />

Zeit vielleicht in 27 Ländern – zu erreichen, einem Raum<br />

mit 500 Millionen Bürgern. Es ist ein Wert an sich, dass<br />

(D)

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