Deutscher Bundestag
1iCXTecQ4
1iCXTecQ4
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
22330<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
(A)<br />
vel-Wasserstraße automatisiert werden. Auch am Main,<br />
Donau und Main-Donau-Kanal sind 52 Schleusen längst<br />
automatisiert und werden aus einer Entfernung von bis<br />
zu 120 Kilometern gesteuert.<br />
Das Ganze findet nicht in einem luftleeren Raum statt.<br />
Die Kollegen der WSV sind schon Jahrzehnte dauerhaftem<br />
Personalabbau ausgesetzt. Seit 1993 wurde jede dritte<br />
Stelle bei der WSV abgebaut. Ausscheidende Kolleginnen<br />
und Kollegen wurden nicht ersetzt. Auszubildende<br />
wurden nach ihrem Abschluss nicht übernommen. Nur<br />
unter dem Druck der Belegschaften ist es im Jahr 2013<br />
gelungen, den weiteren Personalabbau, der bereits an den<br />
Kern der Verwaltung ging, zu beenden, um die krassesten<br />
Folgen der Kahlschlagpläne abzuwehren.<br />
Informationen digitalisiert übermittelt werden. Dem Gesetzentwurf<br />
werden wir daher zustimmen.<br />
Dazu sollen aber meiner Auffassung nach zukünftig<br />
auch Schiffsdokumente in der Binnenschifffahrt zählen.<br />
In der Seeschifffahrt hat teilweise der Prozess schon in<br />
Richtung digitalisierte Schiffs-, Besatzungs-, Frachtoder<br />
Zollpapiere begonnen – Stichwort European Single<br />
Maritime Window. Dieser Prozess muss sich auch in der<br />
grenzüberschreitenden Binnenschifffahrt durchsetzen.<br />
Das würde die Nutzung des Binnenschiffs enorm vereinfachen<br />
und Verwaltungsprozesse beschleunigen. Bringen<br />
Sie also die WSV als Dienstleister für die Binnenschifffahrt<br />
auf Vordermann, und modernisieren Sie bei dieser<br />
Gelegenheit auch die Verwaltungsprozesse.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Die Schleusenautomatisierung führt zu langsameren<br />
Schleusungen, was auf häufiger befahrenen Wasserstraßen<br />
leicht zu Staus führen kann. Nach Angaben der WSV<br />
verlängert sich ein Schleusenvorgang sogar nach Ablaufoptimierung<br />
um drei bis vier Minuten gegenüber einer<br />
Schleusung mit Bediener. Der bis 2015 amtierende Leiter<br />
des WSA Eberswalde Heymann bestätigte dies gegenüber<br />
dem „Nordkurier“: „Es ist einfach so, dass ein Wärter<br />
die Boote sprichwörtlich besser stapeln kann.“ In dem<br />
Artikel vom 18. August 2014 bemängelte Heymann den<br />
Personalabbau, der verhindert, dass Schleusen durchgängig<br />
mit Wärtern betrieben werden, und fügt hinzu: „Das<br />
ist letztlich von der Politik so gewollt.“<br />
Auch was die Sicherheit angeht, führt die Schleusenautomatisierung<br />
zu Problemen. Wenn eine Schleusung<br />
schiefgeht, müssen die Leitzentralen erstmal Rettungskräfte,<br />
die nicht für den Umgang mit Schiffen ausgebildet<br />
sind, zur Hilfe rufen. So blieb an der Schleuse Lehmen<br />
im Mai 2016 ein Sportboot mit dem Heck auf dem<br />
Betondrempel unterhalb des Oberwassertores hängen,<br />
während das Wasser abgesenkt wurde. Weil kein Schleusenwärter<br />
vor Ort war, der den Unfall hätte verhindern<br />
können, mussten 40 Feuerwehrleute aus Lehmen, Brodenbach<br />
und Kobern-Gondorf zur Rettung anrücken.<br />
Genau diese Schieflage wollen Sie, Kolleginnen und<br />
Kollegen der Koalitionsfraktionen, zum neuen Standard<br />
machen.<br />
Die Digitalisierung darf nicht für die verfehlte Sparpolitik<br />
von Union, SPD und Grünen auf Kosten der<br />
Beschäftigten und der Sicherheit auf den Wasserstraßen<br />
missbraucht werden. Deswegen können ich und die<br />
Fraktion Die Linke dem vorliegenden Änderungsentwurf<br />
sowie dem Änderungsantrag nicht zustimmen.<br />
Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />
Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung soll eine<br />
Rechtsgrundlage für die Bundesverwaltung geschaffen<br />
werden, auch sogenannte AIS-Daten der Binnenschiffe<br />
zu nutzen. Dies ist sinnvoll und begrüßen wir. Denn<br />
dadurch wird eine bessere Bewältigung des Verkehrs<br />
möglich, aber auch eine bessere Steuerung oder sogar<br />
Optimierung des Verkehrs auf Binnenwasserstraßen. Die<br />
Erfassung der automatisch gesendeten Daten auch durch<br />
die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, WSV, ist<br />
längst nötig geworden in einer Zeit, in der zunehmend<br />
Es wird ja viel gesprochen von Verwaltungsvereinfachung<br />
und -modernisierung. Wo bleibt in diesem Zusammenhang<br />
die im Koalitionsvertrag angekündigte<br />
Zusammenführung der Schifffahrtsgesetze zu einem<br />
Schifffahrtsgesetzbuch? Die vielen verstreuten Gesetze<br />
und Verordnungen, die oft zu deutlich ins Detail gehen,<br />
lassen die Beteiligten schnell verzweifeln. Ich empfehle<br />
daher: Nehmen Sie von der unvorteilhaften Regelungstiefe<br />
in Gesetzen und Verordnungen Abstand. Regeln Sie<br />
stattdessen die Details auf der Ebene der technischen Vorschriften.<br />
Als Vorbild einer solchen Entwicklung nenne<br />
ich exemplarisch das Vorgehen bei der EU-Maschinenrichtlinie.<br />
Hier wurde das sehr gut und nachvollziehbar<br />
vollzogen. Führen Sie also schleunigst die bestehenden<br />
Regularien in einem Schifffahrtsgesetzbuch zusammen,<br />
und nehmen Sie tiefergehende Regelungen ausschließlich<br />
in Form von Richtlinien vor.<br />
Lassen Sie mich abschließend noch eine Frage stellen:<br />
Wann wird die Bundesregierung an der Umsetzung<br />
der WSV-Reform eigentlich weiterarbeiten? Seit Beginn<br />
der Wahlperiode wurde auf Druck der SPD die Arbeit an<br />
einer sehr wichtigen Reform fast vollständig eingestellt.<br />
Man hat in Bonn eine zusätzliche Behörde geschaffen,<br />
die aber weder richtig in Gang kommt noch Erleichterungen<br />
für die Nutzer mit sich bringt. Das eigentliche<br />
Ziel, durch eine Reform als Verwaltung besser und lösungsorientierter<br />
arbeiten zu können – und dadurch dem<br />
miserablen Zustand der Schleusen entlang der Wasserstraßen<br />
ein Ende zu setzen, wurde nicht erreicht. Bei der<br />
Binnenschifffahrt ist die Reform nicht angekommen.<br />
Sie hat weiterhin mit maroden Schleusen zu kämpfen.<br />
Sie sollten die WSV eigentlich als Dienstleister für die<br />
Wasserstraßennutzer sehen. Stattdessen pflegen Sie die<br />
kaiserlich-wilhelminische Amtsschimmelstruktur weiter.<br />
Das ist schlecht für unser Land und gegen eine ökologisch<br />
sinnvolle Verlagerung der Gütertransporte auf das<br />
Binnenschiff.<br />
Anlage 18<br />
Zu Protokoll gegebene Reden<br />
zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten<br />
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung<br />
der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von<br />
ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung<br />
(D)