Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt<br />
(A)<br />
(B)<br />
über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />
vor Erlass neuer Berufsreglementierungen<br />
KOM(2016) 822 endg.; Ratsdok. 5281/17<br />
– zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates<br />
über den rechtlichen und operativen<br />
Rahmen für die durch die Verordnung ...<br />
[ESC Regulation] eingeführte Elektronische<br />
Europäische Dienstleistungskarte<br />
KOM(2016) 823 endg.; Ratsdok. 5283/17<br />
– zu dem Vorschlag für eine Verordnung des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates<br />
zur Einführung einer Elektronischen Europäischen<br />
Dienstleistungskarte und entsprechender<br />
Verwaltungserleichterungen<br />
KOM(2016) 824 endg.; Ratsdok. 5284/17<br />
hier: Stellungnahme gemäß Protokoll Nr. 2<br />
zum Vertrag von Lissabon (Grundsätze<br />
der Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung)<br />
Drucksachen 18/11229 A.8 bis A.11, 18/11442<br />
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für<br />
die Aussprache 25 Minuten vorgesehen. – Auch dazu<br />
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.<br />
Wir müssen die Reihenfolge der Redner etwas umstellen,<br />
da noch nicht alle eingetroffen sind. Die Kollegin<br />
Lena Strothmann von der CDU/CSU-Fraktion darf die<br />
Debatte eröffnen. – Bitte schön.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Berufe, davon 41 im Handwerk. Im europäischen Durchschnitt<br />
sind es mit circa 200 deutlich mehr.<br />
Das Dienstleistungspaket soll jetzt eine höhere Durchlässigkeit<br />
und mehr Wettbewerb schaffen. Diese Maßnahmen<br />
schießen jedoch eindeutig über das Ziel hinaus.<br />
Inhalt des Dienstleistungspakets sind vier Einzelmaßnahmen,<br />
von denen drei als Richtlinie rechtlich verbindlich<br />
sein sollen: die elektronische Dienstleistungskarte,<br />
das Notifizierungsverfahren und die Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />
von Berufsreglementierungen. Zudem gibt<br />
es noch eine Verordnung zur Dienstleistungskarte und<br />
eine Empfehlung zur Berufsreglementierung.<br />
Die Hoffnung, dass das gesamte Dienstleistungspaket<br />
empfehlenden Charakter haben wird, hat sich leider<br />
zerschlagen. Die aktuellen Vorschläge zielen darauf ab,<br />
unsere vergleichsweise hohen Anforderungen und Qualitätsstandards<br />
für Berufszugänge aufzuweichen.<br />
Das Dienstleistungspaket ist ein weiterer Schritt in<br />
Richtung Deregulierung. Das, meine Damen und Herren,<br />
ist nicht gut für Deutschland.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Betroffen sind vor allem Unternehmensdienstleistungen<br />
und freie Berufe wie Architekten, Ingenieure,<br />
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie der gesamte<br />
Bausektor. Aber auch das Handwerk mit den Ein- und<br />
Ausbaugewerken und den Gebäudereinigern ist betroffen,<br />
und damit auch der deutsche Meister. Er steht bei<br />
uns noch immer für Qualität und Ausbildung. Hier legt<br />
die Kommission die Axt an den deutschen Meister. Auch<br />
das dürfen wir nicht zulassen.<br />
(C)<br />
(D)<br />
Lena Strothmann (CDU/CSU):<br />
Danke schön. – Frau Präsidentin! Meine Damen und<br />
Herren! Die Europäische Kommission hat im Zuge ihrer<br />
Binnenmarktstrategie am 10. Januar dieses Jahres<br />
ihr Dienstleistungspaket vorgelegt. Ziel dieser Binnenmarktstrategie<br />
ist unter anderem, das Potenzial des<br />
europäischen Binnenmarktes freizusetzen, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu steigern und Hemmnisse im Dienstleistungsverkehr<br />
abzubauen.<br />
Eine vorbereitende Maßnahme war zum Beispiel die<br />
Transparenzinitiative der Europäischen Kommission, die<br />
zwei Jahre lang die reglementierten Berufe auf den Prüfstand<br />
gestellt hat.<br />
In ihren länderspezifischen Empfehlungen aus dem<br />
Jahr 2011 hat die Kommission die reglementierten Berufe<br />
und den deutschen Meister erstmals als Binnenmarktschranke<br />
bezeichnet und die Aufweichung der<br />
Berufsreglementierungen gefordert. 5 600 reglementierte<br />
Berufe, das ist eindeutig zu viel, so die Aussage der<br />
zuständigen EU-Kommissarin Bienkowska. Aus ihrer<br />
Sicht gibt es noch immer zu viele Hürden bei der grenzüberschreitenden<br />
Dienstleistungserbringung. Ursache<br />
ist laut Kommission vor allen Dingen die Gesetzgebung<br />
der Mitgliedstaaten.<br />
Circa 50 Millionen Menschen – 22 Prozent aller Erwerbstätigen<br />
in Europa – arbeiten in reglementierten<br />
Berufen. Deutschland hat lediglich 149 reglementierte<br />
Das Handeln der Kommission ist nicht nachvollziehbar.<br />
Auf der einen Seite bewertet sie unser duales Ausbildungssystem<br />
als Best Practice gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit<br />
vor allen Dingen in Südeuropa. Auf der<br />
anderen Seite stuft die Kommission den Meisterbrief als<br />
Hemmnis für den Berufszugang im Binnenmarkt ein.<br />
Auch wenn die Kommission dabei immer wieder betont,<br />
den deutschen Meister nicht abschaffen zu wollen, laufen<br />
die jetzt vorgelegten Richtlinienvorschläge darauf<br />
hinaus.<br />
Meine Damen und Herren, mit ihren Richtlinienvorschlägen<br />
wie dem geplanten Notifizierungsverfahren<br />
verletzt die Kommission die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit<br />
sowie der Subsidiarität nach dem Vertrag von<br />
Lissabon. Auch im Blick auf die Berufsreglementierung<br />
überschreitet sie ihre Kompetenzen.<br />
Für die Reglementierung der freien sowie der Handwerksberufe<br />
sind die Mitgliedstaaten zuständig. Auch<br />
hier verletzt der Kommissionsvorschlag die Grundsätze<br />
der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität, sodass wir<br />
eine Subsidiaritätsrüge gegen das Dienstleistungspaket<br />
erheben. Dies tun ebenfalls der Bundesrat und auch das<br />
französische Parlament. Der Deutsche <strong>Bundestag</strong> hat von<br />
dem Instrument der Subsidiaritätsrüge seit dem Vertrag<br />
von Lissabon nur selten Gebrauch gemacht. Deshalb ist<br />
es, meine Damen und Herren, an der Zeit, dass wir als<br />
nationales Parlament unser Kontrollrecht nutzen und die<br />
Verstöße gegen die Subsidiarität rügen.