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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22259<br />

Dr. Heribert Hirte<br />

(A)<br />

gen hat oder ob man keines herangezogen hat. Wir haben<br />

nicht vorgesehen, dass ein bestimmtes Rahmenwerk herangezogen<br />

werden muss; denn das ist aus verfassungsrechtlichen<br />

Gründen bedenklich.<br />

Ein letzter Punkt. Wir setzen das Gesetz rückwirkend<br />

zu Beginn dieses Geschäftsjahres in Kraft, weil wir es<br />

nicht geschafft haben, es rechtzeitig vor der Jahreswende<br />

zu verabschieden. Das liegt mit Sicherheit daran, dass wir<br />

als Unionsfraktion gesagt haben – Herr Kelber, ich stelle<br />

das gerne klar –, Gesetze, die die Wirtschaft belasten,<br />

wollen wir nicht vorziehen, wenn andere Gesetze, die<br />

Begünstigungen für die Wirtschaft vorsehen, verzögert<br />

werden. Das war das Insolvenzanfechtungsgesetz. Wir<br />

bekommen es rückwirkend umgesetzt. Das ist rechtlich<br />

kein Problem, auch aus verfassungsrechtlichen Gründen<br />

nicht. Deshalb glaube ich, wir haben einen guten Kompromiss,<br />

und dafür bitte ich um Ihre Zustimmung.<br />

Vielen Dank und gute Nacht.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)<br />

Vizepräsidentin Claudia Roth:<br />

Noch nicht. Vielen herzlichen Dank. Sie hören jetzt<br />

sicher noch den drei nächsten Rednern zu.<br />

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Aber natürlich!)<br />

– Vielen Dank, Herr Dr. Hirte. – Nächste Rednerin:<br />

Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen.<br />

und sie bauen es tatsächlich in ihr Management ein.<br />

Zweitens haben Sie es bei dem, was Sie dann irgendwie<br />

aufgrund der europäischen Richtlinie regeln mussten<br />

– sonst hätten Sie es ja gar nicht angepackt –, verpasst,<br />

eine Regelung zu schaffen, die zu aussagekräftigen<br />

und vergleichbaren Ergebnissen führt. Sie haben blinde<br />

Flecken in diesem Gesetz. Ich verstehe gar nicht, warum<br />

man die Unternehmen nicht dazu verpflichten sollte –<br />

man kann das im Rahmen der Richtlinie –, dass sie über<br />

die Risiken für Mensch und Umwelt berichten, die sich<br />

aus ihrer unternehmerischen Tätigkeit ergeben. Dann<br />

würden sie auch berichten, wie sie diese minimieren wollen<br />

– das interessiert uns doch.<br />

Aber am Ende ist es so: Bei Ihnen gilt die Berichtspflicht<br />

nur, wenn dadurch Gewinneinbußen für Unternehmen<br />

drohen; das soll das Unternehmen selber beurteilen.<br />

Für wie blöd halten Sie uns, wenn Sie meinen, wir glaubten,<br />

dass ein Unternehmen schreibt: Wir verhalten uns<br />

beim Färbeprozess so, dass wir das ganze Färbewasser<br />

in den nächsten Fluss gießen; das wird uns wirtschaftlich<br />

schaden, und deshalb müssen wir darüber berichten. – So<br />

macht die Geschichte meines Erachtens überhaupt keinen<br />

Sinn. Die Unternehmen können jetzt faktisch selber<br />

festlegen, über was sie berichten und über was sie lieber<br />

nicht berichten. Meine Damen und Herren, ich sage es<br />

noch mal: Die NGOs, die Gewerkschaften merken es am<br />

Ende doch – warum dann nicht systematisch machen?<br />

Warum nutzen Sie nicht die Chancen, die in der europäischen<br />

Richtlinie liegen?<br />

(C)<br />

(B)<br />

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und zahlreiche Zuschauerinnen<br />

und Zuschauer! Ich finde – das sage ich<br />

an die Koalition gerichtet –, Sie haben eine Chance verpasst.<br />

Sie haben erstens die Chance verpasst, deutschen<br />

Unternehmen zu helfen, verstärkt auf den Weg der Nachhaltigkeit<br />

zu gehen. Es geht doch nicht um Anfeindung<br />

oder Bürokratie. Gucken Sie sich einmal die großen<br />

Unternehmen an, die international tätig sind. Sie wissen<br />

doch, woher ihre Produkte kommen, wie, unter welchen<br />

Bedingungen und Kriterien, sie hergestellt worden sind,<br />

und haben zur Zusammenstellung dieser Informationen<br />

die entsprechende Technik.<br />

Herr Professor Hirte, Sie sagen, Sie hätten auch ein<br />

unbändiges und unstillbares Informationsbedürfnis, aber<br />

das alles würde nicht in diesen Bericht hineingehören.<br />

Sie schreiben es nicht hinein. Aber das ist für die Kunden<br />

am Ende uninteressant; denn im digitalen Zeitalter tauschen<br />

wir die Daten aus. Wir wissen, wer in Bangladesch<br />

zu welchen Bedingungen produziert.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/<br />

CSU])<br />

– Nein. – Man findet das am Ende alles heraus. Dann<br />

müssten Sie doch eigentlich an der Stelle denken, dass<br />

man es lieber systematisch aufschreiben lassen sollte;<br />

denn es ist dann wenigstens ein Wettbewerbsvorteil für<br />

die Unternehmen,<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/<br />

CSU])<br />

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />

Was haben Sie bei anderen konkreten Punkten gemacht?<br />

Zum Anwendungsbereich – wer ist berichtspflichtig?<br />

– wurde schon gesagt: nur kapitalmarktorientierte<br />

Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern. In<br />

der Antwort auf eine Frage des Kollegen Gerhard Schick<br />

kam damals heraus:<br />

Nach einer vorläufigen Schätzung des Bundesanzeigers<br />

… dürften … ca. 300 Unternehmen berichtspflichtig<br />

sein.<br />

Wer ist draußen? So unbedeutende Unternehmen wie<br />

zum Beispiel die Deutsche Bank. Sonst ist die Deutsche<br />

Bank überall dabei, nur hier soll sie nicht über Nachhaltigkeit<br />

usw. berichten. Aldi ist nicht dabei, obwohl sie<br />

große, internationale Auftraggeber in vielen Bereichen<br />

sind, auch in Entwicklungsländern, mit langen Produktions-<br />

und Lieferketten. Warum sollen sie eigentlich nicht<br />

berichten, meine Damen und Herren? dm, Ferrero und<br />

viele andere müssen auch nicht berichten. Daran sieht<br />

man doch, wie eng Ihre Umsetzung der CSR-Richtlinie<br />

ist, meine Damen und Herren. Wir meinen, es muss nicht<br />

nur um börsennotierte Unternehmen gehen, sondern auch<br />

um Unternehmen gehen, die wegen ihrer Größe von öffentlichem<br />

Interesse sind.<br />

Sie sind gerade auf die Standardisierung eingegangen.<br />

Sie machen nicht einmal die Vorgabe, dass man den<br />

Bericht anhand standardisierter Rahmenwerke erstellen<br />

muss, also zum Beispiel anhand der Standards der Global<br />

(D)

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