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Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22337<br />

(A)<br />

(B)<br />

können Verbraucher realistisch vergleichen und sich für<br />

das qualitativ beste Angebot entscheiden. Um wirksam<br />

zu sein, muss der Verbraucherbauvertrag in Textform<br />

geschlossen werden. Damit sie die Entscheidung gründlich<br />

überdenken können, bekommen Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Durch<br />

die Begrenzung der Höhe von Abschlagszahlungen wird<br />

eine finanzielle Überforderung der Häuslebauer verhindert.<br />

Fast immer ergeben sich während der Bauausführung<br />

gegenüber den Planungen Änderungswünsche, egal ob<br />

es sich um ein privates Eigenheim oder ein Industriegebäude<br />

handelt. Bislang wird oft darüber gestritten, ob die<br />

Änderungen erforderlich sind und wer diese zu bezahlen<br />

hat. Schließlich dauert es zu lange, bis gerichtlich darüber<br />

entschieden ist. Streitigkeiten während der Bauausführung<br />

führen häufig zu Baustillständen. Das hat negative<br />

Folgen für Zeitplanung und Baukosten.<br />

Künftig wird die einvernehmliche und zügige Lösung<br />

von solchen Konflikten erleichtert. Es wird eine<br />

30-tägige Frist für die Reaktion des Bestellers auf ein<br />

entsprechendes Nachtragsangebot des Unternehmers<br />

vorgesehen. Äußert er sich nicht, soll die Einigung als<br />

gescheitert gelten.<br />

Das ursprünglich im Entwurf vorgesehene zusätzliche<br />

Einigungsverfahren mit Sachverständigenbeteiligung<br />

vor der möglichen Inanspruchnahme einstweiligen<br />

Rechtschutzes haben wir im Sinne der angestrebten Beschleunigung<br />

aus dem Gesetzentwurf gestrichen.<br />

Für den Fall, dass sich Besteller und Unternehmer<br />

nicht einigen, haben wir das grundsätzlich aus der VOB/B<br />

bekannte einseitige Anordnungsrecht des Bauherrn in<br />

das BGB-Bauvertragsrecht übernommen. Klarheit über<br />

die konkrete Anordnung wird dadurch erreicht, dass sie<br />

in Textform erfolgen muss. Natürlich ist klar, dass ein<br />

solches Anordnungsrecht einen tiefen Eingriff in die Vertragsfreiheit<br />

darstellt. Dieser ist aber gerechtfertigt; denn<br />

auch der Bauunternehmer bekommt ein scharfes Schwert<br />

an die Hand:<br />

Nach dem neuen Bauvertragsrecht führt eine solche<br />

Anordnung des Bestellers unmittelbar zu einer Preisanpassung<br />

zugunsten des Bauunternehmers. Dieser kann<br />

80 Prozent der geforderten Mehrvergütung verlangen.<br />

Damit wird seine Liquidität sichergestellt und das Insolvenzrisiko<br />

verringert.<br />

Zur Vermeidung des Missbrauchs dieser 80-Prozent-Regelung<br />

wird zum Schutz des Bestellers eine Verzinsungspflicht<br />

des Bauunternehmers eingeführt.<br />

Eine schnelle Rechtsdurchsetzung wird dadurch erreicht,<br />

dass Streitfälle aufgrund der Zuständigkeitskonzentration<br />

beim Landgericht durch mit der Materie<br />

besonders gut vertraute Richter schnell und effizient gerichtlich<br />

entschieden werden können.<br />

Spezialkammern sind deshalb sinnvoll, weil es sich<br />

um ein komplexes und schwieriges Rechtsgebiet handelt,<br />

dessen Behandlung besondere Einarbeitung, Kenntnisse<br />

und Erfahrungen erfordert. Schon der 70. Deutsche Juristentag<br />

hatte sich 2014 dafür ausgesprochen, bei den<br />

Landgerichten Spezialkammern unter anderem für Bausachen<br />

einzurichten.<br />

Die Detailprivilegierung der Vorschriften der VOB/B<br />

zum Anordnungsrecht und zur Vergütungsanpassung wurde<br />

aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Diese Regelung<br />

hätte sonst dazu geführt, dass in der Praxis regelmäßig<br />

die AGB-rechtlich privilegierten VOB/B-Bestimmungen<br />

vereinbart und so die zugunsten des Unternehmers einzuführende<br />

80-Prozent-Abschlagszahlung auf Basis seines<br />

Angebots umgangen worden wären. Wir hätten damit unser<br />

eigenes gesetzliches Leitbild demontiert.<br />

Mit dem Erfordernis einer Schlussrechnung wird eine<br />

zusätzliche Fälligkeitsvoraussetzung eingeführt. Das<br />

hat folgenden Grund: Ein Bauvertrag ist typischerweise<br />

komplex und besteht regelmäßig aus vielen Einzelleistungen.<br />

Damit besteht generell ein Bedürfnis des Bestellers,<br />

die geltend gemachte Rechnungssumme anhand<br />

einer Aufschlüsselung der erbrachten Einzelleistungen<br />

überprüfen zu können.<br />

Die Reform des Bauvertragsrechts wird insgesamt zu<br />

einem sachgerechten Interessenausgleich und zu mehr<br />

Rechtssicherheit führen. Das ist nicht nur gut für die Verbraucherinnen<br />

und Verbraucher, sondern ist auch und gerade<br />

im Interesse der Bauwirtschaft und der Architekten.<br />

Zum zweiten Teil des Gesetzes: Wie im Koalitionsvertrag<br />

vereinbart, beenden wir zum 1. Januar 2018 die<br />

Haftungsfalle für Handwerker. Sie werden im Kaufrecht<br />

erstmals einen gesetzlichen Anspruch gegen den Verkäufer<br />

auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten erhalten, wenn<br />

er ihnen mangelhaftes Material geliefert hat. Handwerker<br />

sind gegenüber ihren Kunden aufgrund des geschlossenen<br />

Werkvertrags zum Ausbau des fehlerhaften und zum<br />

Einbau des mangelfreien Baumaterials verpflichtet. Bislang<br />

mussten sie die Kosten des Aus- und Wiedereinbaus<br />

selbst tragen. Das ändern wir mit der Neuregelung, und<br />

wir verbessern damit die Rechte der Handwerker signifikant<br />

und nachhaltig.<br />

Für die Kosten des zusätzlichen erforderlichen Ausund<br />

Wiedereinbaus werden zunächst die Verkäufer haften,<br />

die gegebenenfalls wiederum bei ihren Lieferanten<br />

Regress nehmen können, sodass letztlich derjenige die<br />

Kosten zu tragen hat, der dafür verantwortlich ist.<br />

Im Interesse des Handwerks haben wir den Anwendungsbereich<br />

des Nacherfüllungsanspruchs konkretisiert,<br />

um den Einbaufällen vergleichbare Sachverhalte<br />

abzudecken. Wir haben dabei primär die Maler und Lackierer<br />

vor Augen, die mangelhafte Farben oder Lacke<br />

nicht im Wortsinne eingebaut, sondern angebracht haben<br />

und diese abschleifen und erneut anbringen müssen.<br />

Auch sie sollen die dafür erforderlichen Kosten vom Verkäufer<br />

erstattet bekommen.<br />

Um Folgeprobleme zu vermeiden, die sich aufgrund<br />

unterschiedlicher Verträge in der Leistungskette ergäben,<br />

wird das streitanfällige sogenannte Selbstvornahmerecht<br />

des Verkäufers zugunsten eines reinen Aufwendungsersatzanspruchs<br />

gestrichen.<br />

Es gab Befürchtungen, dass die neuen gesetzlichen<br />

Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />

ausgehebelt werden könnten. Selbst unser Koalitions-<br />

(C)<br />

(D)

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