Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22137<br />
Martin Dörmann<br />
(A)<br />
vermitteln wollten. Es geht vielmehr darum, die ökonomische<br />
Lage für die Presseverlage zu verbessern, und<br />
zwar indem Kosten gesenkt und mehr Erlöse erzielt werden.<br />
Die Kostensenkungen betreffen dabei gerade nicht<br />
die Redaktionen, weil wir nicht bei der redaktionellen<br />
Ebene ansetzen.<br />
haltens stehen. Sie erinnern sich: Microsoft musste 2012<br />
die Rekordstrafe von 860 Millionen Euro zahlen. Die EU<br />
hat hier einen klaren Fall von Marktmissbrauch erkannt<br />
und richtig gehandelt. Die EU hat auch schon mehrfach<br />
Google überprüft, und das Bundeskartellamt hat Facebook<br />
nach der Fusion mit WhatsApp im Visier.<br />
(C)<br />
(B)<br />
Worum geht es konkret? Es geht darum, dass wir eine<br />
Bereichsausnahme für Presseverlage machen, damit sie<br />
in zwei Bereichen zusammenarbeiten können: im Vertrieb,<br />
beispielsweise im Abovertrieb, damit sie Portfolios<br />
entwickeln können, die besser angenommen werden, und<br />
in der Anzeigenvermarktung. Ich habe ja gerade dargestellt,<br />
wie drastisch die Einnahmen dort gesunken sind.<br />
Wir wollen es ermöglichen, dass sich Zeitungsverlage<br />
mit gemeinsamen Anzeigenangeboten gegenüber den<br />
übermächtigen Mediaagenturen profilieren können, die<br />
heute den Großteil der Umsätze großer Unternehmen im<br />
Bereich Werbung bündeln und sie auf die einzelnen Bereiche<br />
– Fernsehen, Internet, Zeitungen – verteilen. Es<br />
ist ja ganz klar, dass ein einzelner Zeitungstitel da keine<br />
Verhandlungsmacht hat. Deshalb müssen Verlage stärker<br />
kooperieren können, um gemeinsame Angebote durchzusetzen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Sie müssen jetzt zum Schluss kommen, Herr Dörmann.<br />
Martin Dörmann (SPD):<br />
Ich komme zum Schluss. – Ich appelliere an die Opposition,<br />
weil ich glaube, dass wir beim Thema Pressefreiheit<br />
eine große Einigkeit haben sollten: Helfen Sie<br />
mit, gemeinsam diese wichtige Reform auf den Weg zu<br />
bringen! Lassen Sie uns dafür sorgen, dass mehr Einnahmen<br />
für gute Recherche, für starke Redaktionen zur<br />
Verfügung stehen! Damit stärken wir die Presse und den<br />
unabhängigen Journalismus, und das ist genau das, was<br />
wir in der heutigen Zeit brauchen.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten<br />
der CDU/CSU)<br />
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:<br />
Vielen Dank. – Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt<br />
hat jetzt der Kollege Axel Knoerig für die<br />
CDU/CSU-Fraktion das Wort.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU)<br />
Wir brauchen dringend das sogenannte Kartellrecht<br />
4.0; denn im Vergleich zur klassischen Wirtschaft<br />
ist die Marktmacht digitaler Unternehmen schwieriger zu<br />
bewerten. Ihr Wert liegt vor allem in Nutzerzahlen und<br />
Daten. Umsatz und Gewinn spielen eine untergeordnete<br />
Rolle. Das zeigt das Beispiel Snapchat. Die Foto-App<br />
hat im letzten Jahr über 500 Millionen Dollar Verlust<br />
gemacht. Dennoch hat sie gerade den zweitgrößten<br />
Börsengang der Geschichte hingelegt. Dank 160 Millionen<br />
Nutzern wurde der Marktwert auf 25 Milliarden<br />
Dollar beziffert. Wie Sie wissen, ist die Aktie vor wenigen<br />
Tagen abgestürzt; jetzt liegt ihr Wert sogar unter<br />
dem Ausgabepreis. Das erinnert ein Stück weit an die<br />
New-Economy-Blase, die wir im Jahre 2001 hatten: völlig<br />
überbewertete Gewinnerwartungen und unberechenbare<br />
Kursstürze.<br />
Meine Damen und Herren, wir führen nun neue Prüfkriterien<br />
zur Bewertung digitaler Marktmacht ein. So<br />
wird bei Fusionen künftig auch der Transaktionswert berücksichtigt.<br />
Das heißt: Auch beim Kauf von Firmen mit<br />
geringem Umsatz oder Gewinn prüft das Kartellamt die<br />
Übernahme, und zwar – das hat der Kollege Hansjörg<br />
Durz schon auf den Punkt gebracht – ab einer Summe<br />
von 400 Millionen Euro. Damit sorgen wir für fairere<br />
Wettbewerbsbedingungen in der digitalen Wirtschaft.<br />
Ich möchte jetzt einen Sprung in ein anderes Wirtschaftssegment<br />
machen, in die Milchwirtschaft, weil diese<br />
Novelle auch Änderungen hinsichtlich Anzapfverbot<br />
und Verkauf unter Einstandspreis beinhaltet. Wir gehen<br />
damit gegen unfaire Handelspraktiken und Preisdumping<br />
vor; denn der Lebensmittelhandel nutzt seine Marktmacht<br />
aus, um den Milchbauern Rabatte und ungünstige<br />
Konditionen aufzuzwingen.<br />
Lieber Herr Kollege Held, Sie freuen sich darüber,<br />
dass im Zusammenhang mit der Ministererlaubnis über<br />
16 000 Arbeitnehmer geschützt wurden. Das ist sicherlich<br />
richtig. Ich war selber Arbeitnehmer und teile Ihre<br />
Freude; ich weiß, dass das nicht gering zu schätzen ist.<br />
Ich betone aber, dass wir auch 10 000 Milchviehbetriebe<br />
haben, die wirtschaftlich am Ende sind und Insolvenz angemeldet<br />
haben, und damit Tausende von Arbeitskräften<br />
ihren Job verlieren.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
(D)<br />
Axel Knoerig (CDU/CSU):<br />
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und<br />
Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das<br />
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wird aktuellen<br />
Marktentwicklungen angepasst. Das betrifft insbesondere<br />
– das ist heute schon häufig betont worden – die<br />
digitale Wirtschaft. Hier müssen wir den gesetzlichen<br />
Rahmen laufend an den technischen Fortschritt anpassen.<br />
Immer wieder erleben wir, dass große IT-Unternehmen<br />
und Internetriesen im Verdacht eines Monopolver-<br />
Das muss man herausstellen; denn die Medaille hat zwei<br />
Seiten, und man kann nicht nur die eine Seite betrachten.<br />
Der Rohmilchpreis hat sich mittlerweile erholt. Dazu<br />
haben auch unsere zahlreichen Maßnahmen beigetragen,<br />
zum Beispiel die beiden Agrarpakete. Aber die Landwirte<br />
brauchen langfristige Perspektiven. Nur so können sie<br />
mit Investitionen die Zukunft ihrer Betriebe sichern und<br />
neu ausrichten. Ich sage: Der Milchmarkt muss neu aufgestellt<br />
werden. Wir brauchen bessere Instrumente zur<br />
Marktbeobachtung und sehr wohl auch zur Milchmen-