Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
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nen. Oder die bisweilen auch hohen Tagessätze schmerzen<br />
deshalb nicht, weil der Täter schlicht vermögend ist.<br />
Der Anspruch des Strafrechts und unseres Rechtsstaates<br />
ist es aber, auch diesen Tätern beizukommen. Vor<br />
dem Gesetz sind schließlich alle Menschen gleich, und so<br />
sollte ein Strafurteil auch für jeden Straftäter eine spürbare<br />
Konsequenz haben. Um das zu erreichen, wollen wir<br />
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den Katalog der<br />
Strafen um das Fahrverbot erweitern. Wir wollen, dass<br />
das Fahrverbot nicht nur dann verhängt werden kann,<br />
wenn die Straftat einen Straßenverkehrsbezug aufweist,<br />
sondern grundsätzlich bei allen Straftaten. Dabei soll der<br />
Charakter des Fahrverbots als Nebenstrafe beibehalten<br />
werden. Wir versprechen uns davon, den einen oder anderen<br />
Täter damit stärker beeindrucken zu können als mit<br />
einer anderen Strafe. Warum? Weil Autos und Autofahren<br />
in unserer Gesellschaft einen Stellenwert haben wie<br />
sonst kaum anderswo auf der Welt. Ein Auto bedeutet<br />
Freiheit und Mobilität und für manch einen ist es hierzulande<br />
auch ein geliebtes Statussymbol.<br />
Sicher treffen wir hier einen empfindlichen Nerv. Das<br />
zeigt uns jedenfalls die aktuelle Erregung der Öffentlichkeit,<br />
und das zeigen uns auch die zahlreichen Gerichtsverfahren,<br />
in denen regelrecht leidenschaftlich darum gerungen<br />
wird, den Führerschein nicht abgeben zu müssen.<br />
Und genau das ist von uns gewollt; denn nur so können<br />
wir abschrecken und nur so können wir Wiederholungstaten<br />
vermeiden.<br />
Aus denselben Gründen wollen wir auch im Jugendstrafrecht<br />
die Sanktionsmöglichkeiten öffnen und um das<br />
Fahrverbot bei allen Straftaten erweitern. Dies halten wir<br />
erzieherisch für richtig, wenn mit einer anderen Strafe<br />
einem jungen Straftäter das Unrecht seines Verhaltens<br />
nicht deutlich genug vor Augen zu führen ist.<br />
Um den vielen Kritikern aus Jugendverbänden den<br />
Wind aus den Segeln zu nehmen, will ich an dieser Stelle<br />
an den sogenannten Warnschussarrest erinnern, der zum<br />
Ende der letzten Wahlperiode ins Jugendgerichtsgesetz<br />
eingeführt wurde. Da war der Aufschrei zunächst auch<br />
groß, und keiner wollte ihn haben. Inzwischen hat er den<br />
Praxistest jedoch mit Bravour bestanden und es wird von<br />
den Jugendgerichten vielfach auf ihn zurückgegriffen.<br />
Für nicht weniger sinnvoll als das Fahrverbot als Strafe<br />
erachte ich die in diesem Gesetzentwurf geplanten<br />
Neuregelungen zur Blutentnahme, die uns im Wesentlichen<br />
dorthin zurückführen, wo wir schon einmal waren.<br />
Es geht insbesondere um die Fälle, in denen Polizeibeamte<br />
vermeintlich alkoholisierte Autofahrer aus dem<br />
Verkehr ziehen. Um in diesen Fällen später das Fahren<br />
unter Alkoholeinfluss nachweisen zu können, braucht<br />
es eine Blutentnahme. Diese muss wiederum von einem<br />
Richter angeordnet werden, denn sie steht unter dem sogenannten<br />
Richtervorbehalt.<br />
Vor 2007 haben Polizisten diese Eingriffe trotz des<br />
Richtervorbehalts regelmäßig selbst angeordnet. Begründet<br />
wurde das mit der besonderen Eilbedürftigkeit,<br />
da der Alkohol vom Körper recht schnell abgebaut wird<br />
und sich in einem späteren Gerichtsverfahren dann Nachweisprobleme<br />
ergeben können.<br />
Vor zehn Jahren hat das Bundesverfassungsgericht<br />
schließlich klargestellt, dass der Richtervorbehalt leerliefe,<br />
wenn man diese Praxis weiterverfolge. Damit hat<br />
er den Richtervorbehalt gestärkt. Weitere Urteile haben<br />
jedoch Folgefragen aufgeworfen und dadurch zu allerlei<br />
uneinheitlicher Rechtsprechung von Oberlandesgerichten<br />
geführt.<br />
Mit den geplanten Neuregelungen, werden wir nun<br />
wieder Klarheit schaffen:<br />
Wir wollen gesetzlich festschreiben, dass es in solchen<br />
Fällen wie denen von Trunkenheit am Steuer keine richterliche<br />
Anordnung braucht. Stattdessen soll es reichen,<br />
wenn die Staatsanwaltschaft oder die Polizei die Blutentnahme<br />
anordnet. Dies ist nur recht und billig; schließlich<br />
wird der Täter dadurch weder schutzlos gestellt, noch ist<br />
der Richtervorbehalt aus verfassungsrechtlichen Gründen<br />
zwingend geboten. Diese Änderung steht letztlich im<br />
Zeichen der Sicherstellung einer effektiven Strafverfolgung<br />
und wird die ohnehin schon stark belastete Justiz<br />
entlasten – gerade bei einem Massendelikt wie dem der<br />
Trunkenheitsfahrt. Es ist eine mehr als gute Regelung<br />
also.<br />
Neben der Einführung des Fahrverbots als Strafe und<br />
der Änderung der Anordnungskompetenz bei der Blutentnahme<br />
enthält der vorliegende Entwurf außerdem<br />
noch weitere Neuregelungen, die wichtige Anliegen<br />
sind und die ich nicht unterschlagen will. Dazu gehören<br />
insbesondere die verschärfte Strafbarkeit organisierter<br />
Formen von Schwarzarbeit oder auch die Erleichterung<br />
der Strafzurückstellung bei betäubungsmittelabhängigen<br />
Mehrfachtätern.<br />
Alles in allem also ein runder Gesetzentwurf.<br />
Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Mit dem Gesetzentwurf<br />
zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes<br />
und der Strafprozessordnung wurde ein<br />
Bündel einzelner Reformvorhaben vorgelegt, welches<br />
Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz der Strafverfolgung<br />
enthalten soll.<br />
Dabei möchte ich mich auf zwei Punkte beschränken.<br />
Zum einen auf das Fahrverbot als Nebenstrafe und zum<br />
anderen auf die Abschaffung des Richtervorbehalts in<br />
§ 81a Absatz 2 StPO.<br />
Nach derzeitiger Rechtslage wird ein Fahrverbot als<br />
Nebenstrafe ausschließlich für Straftaten vorgesehen,<br />
die bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines<br />
Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines<br />
Kraftfahrzeugführers begangen wurden. Sie ist damit<br />
eine Reaktion auf schuldhaft begangene Verkehrsverstöße,<br />
die als „Denkzettelmaßnahme“ den Täter vor einem<br />
Rückfall warnen und ihm das Gefühl geben soll, was es<br />
bedeutet, vorübergehend ohne Führerschein zu sein.<br />
Es wird vorgesehen, den Katalog der strafrechtlichen<br />
Sanktionen um die Möglichkeit der Verhängung eines<br />
Fahrverbots durch Einführung eines deliktsunabhängigen<br />
Fahrverbots als Nebenstrafe zu ergänzen. Damit soll<br />
eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen werden, um in<br />
geeigneter Weise auf Straftäter einzuwirken. Es sollen<br />
Straftäter erreicht werden, bei denen die herkömmlichen<br />
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