Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017 22299<br />
(A)<br />
jedes der 27 Mitgliedsländer das gleiche System neu einführen<br />
muss.<br />
Seit 1. Juli 2016 können auch Behörden aus den anderen<br />
EU Mitgliedstaaten auf Daten elektronisch zugreifen.<br />
Sogenannte Vertrauensdienste werden als „Zwischeninstanz“<br />
beauftragt, damit es nicht zu Datenmissbrauch<br />
kommt. Bei den Vertrauensdiensten wurden neue, vereinfachte<br />
Werkzeuge definiert und die Voraussetzungen<br />
für ein europaweit vereinheitlichtes Sicherheitsniveau<br />
geschaffen. Zukünftig können elektronische Transaktionen<br />
EU-weit effizient und rechtsverbindlich durchgeführt<br />
werden.<br />
nommen ist sie ein Ladenhüter. Die Gründe dafür mögen<br />
vielfältig sein. Sicherlich bestehen bei den Bürgerinnen<br />
und Bürgern mitunter Bedenken ob des faktischen und<br />
des rechtlichen Datenschutzes. Diese Bedenken sind<br />
ernst zu nehmen und zu respektieren.<br />
Schon der Koalitionsvertrag stellt zutreffend fest,<br />
dass die Voraussetzung für die Akzeptanz elektronischer<br />
Behördendienste Datenschutz und Sicherheit der Kommunikation<br />
sind, wenn es um entspreche Angebote zwischen<br />
Bürger und Staat geht. Gerade deshalb wird im<br />
Koalitionsvertrag die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als<br />
unerlässlich gesehen.<br />
Wir bekennen uns nach wie vor zu diesem Ansatz und<br />
wollen fortwährend dafür sorgen, dass ein Mehr an digitalen<br />
Verwaltungsdienstleistungen und Nutzung dieser<br />
Möglichkeiten nicht zu einem Weniger an Datenschutz<br />
und letztlich persönlicher Sicherheit für die Bürgerinnen<br />
und Bürger führt.<br />
Andererseits stehen wir als Gesetzgeber vor der Aufgabe,<br />
der Digitalisierung speziell in der Verwaltung<br />
Rechnung zu tragen und sie fit für die Zukunft zu machen,<br />
aber auch im Sinne einer verantwortlichen Wirtschaftspolitik<br />
Unternehmen die Möglichkeit zu geben,<br />
die Vorteile der eID-Funktion in ihre Geschäftsabläufe<br />
zu implementieren und diese somit zu optimieren – nicht<br />
zuletzt auch im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher.<br />
Im Strudel dieses vermeintlichen Dualismus aus Förderung<br />
der eID-Funktion und Sicherstellung des Datenschutzes<br />
und der Datensicherheit bewegt sich dieser Gesetzentwurf.<br />
Die eingangs angesprochene sehr geringe Nutzung<br />
der eID-Funktion durch die Bürgerinnen und Bürger geht<br />
letztlich auch auf den Umstand zurück, dass sie in vielen<br />
Personalausweisen und Aufenthaltstiteln gar nicht<br />
erst bei Aushändigung eingeschaltet ist. Die bisherige<br />
Rechtslage sieht vor, dass eine Bürgerin oder ein Bürger<br />
bei der Beantragung eines solchen Dokuments aktiv<br />
gefragt wird, ob sie oder er diese Funktion einschalten<br />
lassen und damit grundsätzlich nutzbar machen möchte.<br />
Viele entscheiden sich dagegen. Somit ist ihnen die Möglichkeit,<br />
diese Funktion zu nutzen, direkt zu Beginn genommen.<br />
Hier möchten wir ansetzen und diesen Verfahrensablauf<br />
durch rechtliche Änderungen modifizieren.<br />
Fortan soll die eID-Funktion zunächst standardmäßig<br />
eingeschaltet sein. Die Bürgerinnen und Bürger sollen<br />
bei Beantragung ihres Ausweisdokumentes ausführlich<br />
und präzise über die Rahmenbedingungen und die Vorteile<br />
der eID-Funktion aufgeklärt werden. Wir erhoffen<br />
uns davon, dass dadurch Vorurteile und die mitunter ablehnende<br />
Haltung gegenüber der eID-Funktion abgebaut<br />
werden und ihre Nutzung insgesamt gefördert wird.<br />
Allerdings ist der freie Wille der Bürgerinnen und<br />
Bürger auch hier maßgeblich. So können sie letztlich<br />
selbst entscheiden, ob sie ausführlich informiert werden<br />
möchten, beispielsweise per Informationsbroschüre oder<br />
per E-Mail, oder eben auch nicht. Wenn sie eine eingeschaltete<br />
eID-Funktion nicht wünschen, haben sie auch<br />
fortan die Möglichkeit, diese deaktivieren zu lassen. Diese<br />
sogenannte Opt-out Lösung haben wir als Sozialde-<br />
(C)<br />
Öffentlich einsehbare Vertrauenslisten und das<br />
EU-Vertrauenssiegel stellen sicher, dass der Dienstleister<br />
rechtskonforme Vertrauensdienste anbietet. Das ist ein<br />
Meilenstein auf dem Weg zu Wirtschaftswachstum und<br />
globalem Handel, von dem Wirtschaft und Bürger profitieren<br />
werden.<br />
(B)<br />
Schon der 1993 in Kraft getretene „analoge“ Europäische<br />
Binnenmarkt hatte große Wachstumsimpulse<br />
ausgelöst und für mehr Beschäftigung gesorgt. Allein<br />
in Deutschland stieg durch das wirtschaftliche Zusammenwachsen<br />
Europas das Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum<br />
1992 bis 2012 um durchschnittlich 37 Milliarden<br />
Euro pro Jahr. Mit Einführung des digitalen Systems<br />
werden Handel und Austausch im Netz im wahrsten Sinne<br />
grenzenlos. Knapp 60 Prozent der deutschen Ausfuhren<br />
gehen in EU-Länder. Deshalb hat Deutschland ein<br />
ureigenes Interesse an einer Weiterentwicklung des Binnenmarkts<br />
und baut mit am digitalen Weg.<br />
Ich werbe ausdrücklich für dieses Gesetz; denn es<br />
bringt wesentliche Verbesserungen für die Bürgerinnen<br />
und Bürger im europäischen Raum. Es schafft ein hohes<br />
Maß an Sicherheit für Nutzerinnen und Nutzer im digitalen<br />
Handel, und es ist hoffentlich auch ein Instrument,<br />
mit dem der Datenmissbrauch eingedämmt werden kann.<br />
Mahmut Özdemir (Duisburg) (SPD): Im Jahre 2010<br />
wurden ein Personalausweis und ein elektronischer Aufenthaltstitel<br />
eingeführt, die über eine Funktion zum elektronischen<br />
Identitätsnachweis, genannt eID-Funktion,<br />
verfügen. Mithilfe dieser Funktion besteht nunmehr die<br />
Möglichkeit, sich gegenüber Behörden und Unternehmen<br />
im Internet zuverlässig und vertrauenswürdig auszuweisen.<br />
Erreicht wird dies über eine 2‐Faktor-Authentisierung.<br />
Beide Seiten, also die Ausweisinhaberinnen<br />
und Ausweisinhaber einerseits und die Behörden und<br />
Unternehmen andererseits, identifizieren einander: Der<br />
Staat stellt hier also eine sichere und verlässliche Infrastruktur<br />
zur gegenseitigen Identifizierung im Internet zur<br />
Verfügung. So ist beispielsweise die Beantragung eines<br />
Führungszeugnisses mit der eID-Funktion erheblich einfacher<br />
geworden.<br />
Das hört sich zunächst alles sehr vorteilig an, bedenkt<br />
man insbesondere, dass mit der Nutzung dieser Funktion<br />
der eine oder andere Behördengang und damit auch<br />
in der Regel ein nicht unerheblicher Zeitaufwand eingespart<br />
wird. Dennoch müssen wir feststellen, dass die<br />
Bürgerinnen und Bürger bis jetzt die eID-Funktion ihres<br />
Personalausweises wenig bis gar nicht nutzen. Genau ge-<br />
(D)