Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 18. Wahlperiode – 221. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. März 2017<br />
(A)<br />
(B)<br />
In der Landwirtschaft, der Gastronomie und der<br />
Bauindustrie werden seit Jahren zusätzliche saisonale Arbeitskräfte<br />
gebraucht. Es ist daher richtig, Drittstaatlern<br />
die Einreise für Kurzaufenthalte bis zu 90 Tagen oder<br />
längere Aufenthalte bis zu sechs Monaten zu ermöglichen,<br />
um in Deutschland vorübergehend zu arbeiten. Saisonarbeiter<br />
müssen dafür einen gültigen Arbeitsvertrag<br />
und eine bezahlbare Unterkunft nachweisen. Zu begrüßen<br />
ist auch, dass in § 41 Aufenthaltsrecht eine Möglichkeit<br />
zum Widerruf der Arbeitserlaubnis verankert wurde,<br />
um unsere heimischen Arbeitnehmer vor Lohndumping<br />
zu schützen. Eine noch weiter gehende Verbesserung der<br />
Schutzstandards für Saisonarbeitnehmer vor Missbrauch<br />
und Ausbeutung wäre sicherlich zu begrüßen. Allerdings<br />
ist das vorliegende Gesetz dafür nicht der richtige Ansatzpunkt.<br />
Wichtig ist auch, die Anreize für illegale Migration<br />
und das Überziehen der Aufenthaltsgestattung zu minimieren.<br />
In diesem Zusammenhang wird erneut deutlich,<br />
wie wichtig die zügige Einführung des geplanten zentralen<br />
Einreise-Ausreise-Registers der EU ist. Dieses Register<br />
ist für die europaweite Identifikation sogenannter<br />
Visa-Overstayer von großer Bedeutung.<br />
Natürlich ist Migration für unsere Volkwirtschaft, für<br />
die internationale Forschung und Lehre und die Unternehmen<br />
in Europa von großer Bedeutung. Zudem haben<br />
die letzten Jahre in vielfacher Hinsicht gezeigt, wie<br />
wichtig eine verbindliche Ordnung und eine verlässliche<br />
staatliche Kontrolle bei der Einwanderung sind.<br />
Migration und Einwanderungskontrolle schließen sich<br />
nicht gegenseitig aus, sondern müssen als zwei Seiten<br />
der gleichen Medaille begriffen werden. Wer Migration<br />
nicht kontrolliert, riskiert, dass irgendwann Mauern gebaut<br />
werden. Um das zu vermeiden, braucht es vorausschauende,<br />
verbindliche und allgemein nachvollziehbare<br />
Regeln.<br />
Auch ich würde es begrüßen, wenn Deutschland ein<br />
einfaches Einwanderungsgesetz erhalten würde, wie es<br />
manche fordern. Diese Forderungen ignorieren jedoch<br />
die Tatsache, dass wir als EU-Mitglied unser Aufenthaltsrecht<br />
immer im europäischen Kontext denken und regeln<br />
müssen. Dadurch wird das Ausländerrecht in Deutschland<br />
automatisch komplizierter als zum Beispiel in Kanada.<br />
Allerdings verkomplizieren wir mit der heutigen<br />
Novellierung das deutsche Aufenthaltsrecht und unsere<br />
Einwanderungsregeln zusätzlich. Es muss eine Aufgabe<br />
aller EU-Staaten sein, für Einwanderungsregeln zu sorgen,<br />
die weltweit nachvollzogen und respektiert werden.<br />
Unter dem Strich verfügt Deutschland bereits über<br />
ein sehr liberales Einwanderungsrecht. Mit der heutigen<br />
Umsetzung der drei Richtlinien zur Arbeitsmigration<br />
stellen wir das erneut unter Beweis. Dazu bitte ich Sie<br />
um Ihre Zustimmung.<br />
Nina Warken (CDU/CSU): Laut dem kürzlich veröffentlichten<br />
Migrationsbericht der Bundesregierung ist<br />
der deutsche Arbeitsmarkt so beliebt wie nie. Fast 1 Million<br />
Unionsbürger sind allein 2015 nach Deutschland gekommen,<br />
um bei uns zu arbeiten oder um ein Studium<br />
oder eine Ausbildung aufzunehmen. Auch die Zahlen der<br />
Hochqualifizierten aus Drittstaaten sind erneut gestiegen.<br />
2015 kamen rund 29 000 Fachkräfte aus Drittstaaten, fast<br />
doppelt so viele wie noch vor sechs Jahren. Mit 7 Prozent<br />
Zuwachs wird Deutschland auch für Studierende und<br />
Wissenschaftler immer attraktiver. Nicht ohne Grund hat<br />
die OECD unser Zuwanderungsrecht für Fachkräfte als<br />
eines der liberalsten weltweit ausgezeichnet.<br />
Dennoch liegt Deutschland im internationalen Wettbewerb<br />
um hochqualifizierte Fachkräfte, die unsere Wirtschaft<br />
dringend braucht, noch nicht so weit vorne, wie es<br />
eigentlich sein könnte.<br />
Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der drei EU-Richtlinien<br />
zur Arbeitsmigration von Drittstaaten, den wir<br />
heute beschließen wollen, schafft hierbei Abhilfe:<br />
Erstens sorgen wir mit der Umsetzung der sogenannten<br />
REST-Richtlinie dafür, dass Wissenschaftler und<br />
Studenten aus Drittstaaten deutlich einfacher bei uns forschen<br />
und studieren können. Für sie reicht künftig ein<br />
gültiger Aufenthaltstitel in einem EU-Mitgliedsland aus,<br />
und es muss in Deutschland für einen vorübergehenden<br />
Aufenthalt nicht auch noch ein solcher beantragt werden.<br />
Wenn also zum Beispiel der argentinische Krebsforscher,<br />
der bereits ein Visum für Spanien hat, auch unkompliziert<br />
in Deutschland forschen kann oder der Informatikstudent<br />
aus Kamerun, der in Warschau studiert, für ein Semester<br />
auch zu uns kommen kann, sorgen wir nicht nur für mehr<br />
Mobilität und wissenschaftlichen Austausch, sondern<br />
wir stärken und fördern damit den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland.<br />
Zweitens wird es mit der Umsetzung der ICT-Richtlinie<br />
für Arbeitnehmer aus Drittstaaten deutlich einfacher,<br />
an mehreren Standorten ihres Unternehmens in Europa<br />
zu arbeiten. Führungskräfte, Spezialisten und Trainees,<br />
also genau die Arbeitnehmer, die wir hierzulande dringend<br />
brauchen, benötigen für Aufenthalte bis zu drei<br />
Monaten keinen zusätzlichen deutschen Aufenthaltstitel<br />
mehr. Auch für längere Entsendungen wurde das Verfahren<br />
deutlich vereinfacht, sodass die klügsten Köpfe leichter<br />
zu uns kommen können.<br />
Drittens wird mit dem Gesetzentwurf die Saisonarbeitnehmerrichtlinie<br />
umgesetzt und werden damit die<br />
Voraussetzungen festgelegt, unter denen Drittstaatsangehörige<br />
als Saisonarbeiter beschäftigt werden können. Ich<br />
möchte aufgrund der Kritik der Opposition nochmal ganz<br />
deutlich betonen, dass es sich hierbei um absolut faire<br />
und transparente Regeln handelt: Sowohl Kurzaufenthalte<br />
bis zu 90 Tagen als auch längere Aufenthalte bis zu<br />
sechs Monaten sind möglich. Dafür müssen ein gültiger<br />
Arbeitsvertrag und eine bezahlbare Unterkunft nachgewiesen<br />
werden. Gleichzeitig wurden die Rechte der Saisonarbeiter<br />
gestärkt, um eine Ausbeutung zu verhindern.<br />
Die Kritik der Opposition an diesen Regelungen für<br />
Saisonarbeiter verkennt völlig, dass die Mobilität, die<br />
dadurch entsteht, nicht nur unseren Unternehmen in der<br />
Landwirtschaft, der Gastronomie oder der Baubranche<br />
hilft. Sie ist auch im Sinne der Arbeitnehmer. Mobilität<br />
bedeutet, für kurze Zeit und auch in wiederkehrenden<br />
Abständen in verschiedenen Ländern arbeiten zu können,<br />
ohne dass man seinen dauerhaften Wohnsitz dorthin verlegen<br />
muss. Das gehört zu einer modernen Gesellschaft<br />
(C)<br />
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