Flexibilität

SCHWERPUNKT
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«TEILZEITBESCHÄFTIGTE
SIND ZWAR TEURER, ABER
MOTIVIERTER»
HANS KAPPELER,
LEITER PERSONALDIENST, CREDIT SUISSE
BETTINA JUNKER Herr Kappeler, könnten Sie
sich vorstellen, Teilzeit zu arbeiten ?
HANS KAPPELER Ich habe in meinen
Wanderjahren lange Teilzeitarbeit geleistet.
Und heute finde ich die Idee immer
noch attraktiv. Da ich momentan aber
praktisch nur Fach- und Linienführung
innehabe, müsste man meinen Job neu
definieren.
H.K. In unserem Unternehmen sind alle
Varianten individuell gestaltbarer Arbeitszeit
möglich. Wir haben beispielsweise
gleitende Arbeitszeiten, kennen Jahresarbeitszeit,
stundenweise Einsätze, Arbeit
auf Abruf, längere Urlaube und natürlich
fixe und flexible Teilzeit. Der Anteil von
Teilzeitern liegt sogar bei über 20 Prozent.
Jeder fünfte arbeitet also Teilzeit – das
LITÄT
B.J. Heisst das, dass in oberen Führungsetagen
Teilzeitpensen nicht funktionieren ?
H.K. Das heisst es nicht. Heute gibt’s
kaum mehr Funktionen, wo Teilzeitarbeit
nicht möglich wäre. Aber Topmanager, die
intensive Führungsfunktionen ausüben,
sind zeitlich fremdbestimmt. Ausserdem
lässt sich Entscheidungskompetenz auf
höchster Stufe schlecht aufteilen.
B.J. Haben Sie überhaupt Erfahrung mit Teilzeit
auf Führungsebene ?
H.K. Bei uns ist Teilzeitarbeit von Mitgliedern
der Direktion kein Sonderfall.
Demnächst werden sich sogar zwei Direktionsfrauen
in einem Jobsharing die Stelle
einer Departementspersonalleiterin zu je
60 Prozent teilen. Da bin ich überzeugt,
dass das klappen wird.
B.J. Die Studie des GfS-Forschungsinstituts
zeigt: Die Nachfrage nach flexiblen Arbeitszeitmodellen
ist bei Arbeitnehmern gross.
Was hat die CREDIT SUISSE da zu bieten ?
B.J.
ist viel. Inwiefern profitiert die Firma davon ?
H.K. Wir wissen aus Erfahrung: Wo sich
das Unternehmen flexibel zeigt, wird es
mit hochmotivierten Mitarbeitern belohnt.
Auch wenn ein Angestellter nicht direkt
von der Flexibilität Gebrauch macht, vermittelt
diese doch ein Gefühl von Selbstbestimmung.
Mit der Jahresarbeitszeit lassen
sich Schwankungen im Geschäftsgang
auffangen; die Beschäftigten sind besser
ausgelastet. Und schliesslich ist ein hoher
Teilzeitanteil auch gut fürs Firmenimage.
B.J. Gibt’s für die Firma auch Nachteile ?
H.K. Flexible Arbeitszeiten führen zu
Mehrkosten, vor allem in der Informatikinfrastruktur
und der Personalbetreuung.
Die Akquisitionskosten für Teilzeit- und
Vollzeitbeschäftigte sind gleich hoch. Je
führungsträchtiger eine Funktion ist,
desto schwieriger ist es auch, realistische
Kriterien für die Aufgaben zu definieren.
B.J. Oft wird auch die schlechte Kontrollierbarkeit
von Teilzeitarbeitenden angeführt.
H.K. Wenn sich ein Chef bei mir beklagt,
dass er mit Teilzeitern nicht umgehen
kann, weil sie schlecht organisierbar oder
kontrollierbar seien, ist das eher ein Hinweis
auf das Unvermögen des Chefs.
B.J. Welche Fähigkeiten müssen denn
Vorgesetzte haben, die Teilzeitbeschäftigte
führen ?
H.K. Sie müssen Verantwortung abgeben
können. Dafür braucht’s eine gute
Kenntnis, klare Strukturierung und gerechte
Quantifizierung der Teilzeitaufgaben.
Das allerwichtigste aber ist das
Vertrauen in die Mitarbeiter, gerade weil
weniger Kontrollinstrumente zur Verfügung
stehen.
FL
Eigenverantwortung will gelernt sein.
B.J.
Stellt die Teilzeitarbeit höhere Anforderungen
an Mitarbeiter ?
H.K. Je nach Komplexität der Aufgabe
verlangt Teilzeitarbeit eine bessere Selbstorganisation
und grössere Souplesse im
Zeitmanagement. Wer einen Führungsjob
hat, braucht ausgeprägtere soziale Kompetenzen:
Denn um ein gutes Beziehungsnetz
zu unterhalten, muss ein Teilzeiter
aktiveren Kontakt mit seiner Umgebung
pflegen.
B.J. Wie wird die Arbeitszeit in Zukunft
geregelt sein ?
H.K. Da die Kommunikationsvoraussetzungen
immer besser werden, ist die Präsenzzeit
für hochqualifizierte Leistungen
immer weniger nötig. Ich glaube auch,
dass künftig nicht mehr nur junge Menschen,
sondern auch vermehrt die über
Vierzigjährigen Phasen in ihr Arbeitsleben
einschalten, in denen sie nicht permanent
arbeiten. In den Vordergrund rückt die
hohe Professionalisierung; wo und wann
man sich die aneignet, ist sekundär. Die
lebenslange Verpflichtung gegenüber
einem Arbeitgeber verschwindet.
CREDIT SUISSE BULLETIN 1 |99