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Credit Suisse bulletin, 1999/01
Credit Suisse bulletin, 1999/01
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MAGAZIN<br />
57<br />
Temperament, mit dem sie<br />
auf der Bühne ihrem Publikum<br />
einheizt, scheint sie mit dem<br />
Mantel an der Garderobe<br />
abgelegt zu haben. Ergeben<br />
lässt sie das x-te Interview über<br />
sich ergehen.<br />
Sie sei nicht die Frau der<br />
grossen Worte, räumt sie<br />
gleich zu Anfang ein. «Mein<br />
Ausdrucksmittel ist der Tanz».<br />
Doch nach einer Erläuterung<br />
des Flamenco befragt, wird<br />
sie gesprächig: «Flamenco ist<br />
nichts Schöngeistiges, er<br />
kommt vielmehr mitten aus<br />
dem Leben.» Den Ursprung<br />
hat dieser andalusische<br />
Volkstanz nämlich gewissermassen<br />
in der Gosse, bei<br />
den Allerärmsten, die tagtäglich<br />
von der Hand in den<br />
Mund leben. Zu heissen<br />
Rhythmen werden Not und<br />
Entbehrungen in Grund und<br />
Boden getrampelt. Trauer,<br />
Schmerz, aber auch Liebe,<br />
Glück und Lebensfreude –<br />
kurzum: die ganze Palette<br />
menschlicher Empfindungen –<br />
werden fassbar, wenn Nina<br />
Corti tanzt. Flamenco, das sei<br />
Auseinandersetzung mit dem<br />
Leben. «Ich stampfe und<br />
spüre den Boden», erzählt sie,<br />
«nicht wie beim Ballett, wo<br />
man möglichst in der Luft<br />
schwebt und damit den Bezug<br />
zur Erde verliert.»<br />
Die Suche nach Tiefe und<br />
Wahrheit begleitet Nina Corti<br />
schon lang. «Man sieht viel<br />
Schönes erst, wenn man<br />
ehrlich ist und sich nichts mehr<br />
vormacht. Und ich suche<br />
immer und überall nach dem,<br />
was wahr ist.» Dem Leben<br />
auf die Spur kommen wollen –<br />
wer kennt das nicht. Aber<br />
vermutlich wird nur ein paar<br />
Handverlesenen das Glück<br />
beschert, von ihrer Bestimmung<br />
so klar geführt zu werden.<br />
Als Nina Corti nämlich einmal<br />
mit 17 aus Jux einer Freundin<br />
in eine Flamencoschule<br />
folgte, da wusste sie sofort:<br />
Der Flamenco gehört zu ihr.<br />
So einfach war das. «Ich hatte<br />
das Gefühl, diesen Rhythmus<br />
schon lange zu kennen», fährt<br />
sie fort. Und: Wenn man offen<br />
durch die Welt ginge, dann<br />
finde ein jeder sein Schicksal.<br />
Sie tanzt in Jeans zu Jazz<br />
Die Stylistin zupft ein paar<br />
widerspenstige Locken<br />
zurecht, die sich hochgesteckt<br />
nicht recht kringeln wollen.<br />
Noch flugs der Haarspray,<br />
fertig. Jetzt das Make-up.<br />
Genau wie Maske und<br />
Kostüme, die Nina Corti im<br />
übrigen selber schneidert,<br />
sind auch die Tanzschritte und<br />
Körperbewegungen Programm.<br />
«Das meiste ist einstudiert.<br />
Wenn ich eine neue<br />
Choreographie übe, trainiere<br />
ich an die fünf Stunden am<br />
Tag», so Nina Corti, dieweil<br />
sich ihr Teint unter den Händen<br />
des Schminkprofis langsam<br />
zu demjenigen wandelt, das<br />
aller Welt vertraut ist. «Die<br />
traditionellen Schritte müssen<br />
unbedingt stimmen. Erst wenn<br />
man den Flamenco in seiner<br />
Ursprünglichkeit begriffen<br />
hat, kann man ihn neu interpretieren.»<br />
Das gewisse Etwas an<br />
Nina Cortis Tanz macht indes<br />
gerade die Improvisation<br />
aus, ihr spontaner Ausdruck<br />
von Gefühlen – jenseits der<br />
gelernten Technik. Doch diese<br />
künstlerische Freiheit ist<br />
nicht nach jedermanns Gusto.<br />
Für die Traditionshüter ist<br />
Nina Cortis Arbeit das dreiste<br />
Werk einer Abtrünnigen.<br />
Dass sie in abgewetzten Jeans<br />
auftritt, ist schon allerhand.<br />
Dass sie sich aber nicht<br />
mit Gitarre und Kastagnetten<br />
begnügen kann und gar<br />
zu zeitgenössischem Jazz<br />
tanzt, geht entschieden<br />
zu weit. Glücklicherweise stört<br />
das keinen der Gäste, die<br />
sich Abend für Abend an Nina<br />
Cortis Tanz kaum sattsehen<br />
können, in der Musik schwelgen<br />
und sich im siebten<br />
Himmel wähnen, wenn die<br />
Umjubelte unter frenetischem<br />
Applaus den Rufen nach<br />
Zugaben nachgibt.<br />
Wunderschön und sehr<br />
spanisch sieht sie jetzt aus –<br />
bereit für die Fotoaufnahmen.<br />
Die Stylistin hat ihre Schuldigkeit<br />
getan und versorgt<br />
die letzten ihrer tausend Farbtöpfchen.<br />
Verflogen ist das<br />
Alltagsgesicht, verschwunden<br />
die Unscheinbarkeit einer<br />
Durchschnittsfrau, die am<br />
liebsten in ihrem Garten<br />
im Zürcher Säuliamt Unkraut<br />
jätet. Bevor sie sich nach<br />
den Anweisungen der Fotografin<br />
in Szene setzt, fügt sie<br />
noch bei: «Es ist mir ein<br />
Bedürfnis, viel Gefühl rüberzubringen.<br />
Nach der Vorstellung<br />
sollen die Leute<br />
sagen: ‹Ach, war das schön!<br />
Davon kann ich noch eine<br />
Weile zehren.›»<br />
Im März treten Nina Corti und ihr Ensemble mit dem neuen<br />
Programm «Primavera» in der Schweiz auf. Die CREDIT SUISSE<br />
veranstaltet die Tournee.<br />
TOURNEEPLAN:<br />
14.3. Luzern . . . . . . . . . . Kultur- und Kongresszentrum<br />
15.3. Biel . . . . . . . . . . . Kongresshaus<br />
16.3. Olten . . . . . . . . . . Stadttheater<br />
17.3. Baden . . . . . . . . . Kurtheater<br />
18.3. Rapperswil/Jona. . Gasthof Kreuz<br />
19.3. Fribourg . . . . . . . . Aula Magna, Université<br />
20.3. Vevey . . . . . . . . . . Théâtre de Vevey<br />
21.3. Sion . . . . . . . . . . . Salle de la Matze<br />
22.3. Bern . . . . . . . . . . . Kursaal<br />
23.3. St.Gallen . . . . . . . Tonhalle<br />
24.3. Chur. . . . . . . . . . . Stadttheater<br />
25.3. Zürich . . . . . . . . . Theater Stadthof 11<br />
26.3. Zürich . . . . . . . . . Theater Stadthof 11<br />
27.3. Locarno . . . . . . . . Teatro di Locarno<br />
28.3. Lugano. . . . . . . . . Palazzo dei Congressi<br />
29.3. Grenchen. . . . . . . Parktheater<br />
30.3. Basel . . . . . . . . . . Musical-Theater<br />
31.3. Zug . . . . . . . . . . . Theater Casino<br />
Ticketphone:<br />
(01) 269 81 81 oder alle Vorverkaufsstellen<br />
Infos und Links zu Nina Corti: BULLETIN |<br />
ONLINE: www.credit-suisse.ch/bulletin