Flexibilität
Credit Suisse bulletin, 1999/01
Credit Suisse bulletin, 1999/01
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SCHWERPUNKT<br />
26<br />
«LOYALITÄT BEGINNT<br />
BEI DEN MITARBEITERN»<br />
DR. BERNHARD KUNZ, CREDIT SUISSE,<br />
LEITER MARKETING RESEARCH & DEVELOPMENT<br />
ANDREAS THOMANN Die Zeiten sind vorbei, als<br />
die Kunden ein Leben lang ihrer Bank die<br />
Treue hielten. Gerade im Retail Banking<br />
sind die Nachfrager viel flexibler geworden.<br />
Was unternimmt die CREDIT SUISSE, um ihre<br />
ÄT<br />
Kundschaft bei der Stange zu halten?<br />
BERNHARD KUNZ Einiges. Vor vier Jahren<br />
ist die CREDIT SUISSE über die Bücher gegangen<br />
und hat eine ganzheitliche Strategie<br />
definiert, das Loyalty Based Management.<br />
A.T. Dies klingt wie ein weiterer Ansatz aus<br />
der schnellebigen Management-Literatur.<br />
B.K. Ist es aber nicht. Vielmehr handelt<br />
es sich um ein Konzept, mit dem wir die<br />
Loyalität von Kunden und Mitarbeitern<br />
nachhaltig fördern wollen.<br />
A.T. Auch von Mitarbeitern?<br />
B.K. Richtig. Der Grund ist so banal,<br />
dass er häufig kaum beachtet wird: Nur<br />
loyale, zufriedene Mitarbeiter schaffen für<br />
ein Unternehmen die Basis für loyale, zufriedene<br />
Kunden.<br />
A.T. Wie das?<br />
B.K. Zunächst einmal überträgt sich die<br />
Zufriedenheit eines Mitarbeiters an der<br />
Front unmittelbar auf den Kunden. Weiter<br />
gilt, dass Mitarbeiter, die sich bei ihrer<br />
Arbeit wohl fühlen, in der Regel einem<br />
Unternehmen auch länger treu bleiben.<br />
Solche Mitarbeiter kennen die internen<br />
Abläufe besser und tragen ihrerseits zu<br />
einer höheren Servicequalität bei.<br />
A.T. Wieweit hat die CREDIT SUISSE diese<br />
Erkenntnisse bereits umgesetzt?<br />
B.K. Auf Mitarbeiterseite haben wir<br />
schon 1992 begonnen, in Umfragen deren<br />
Zufriedenheit gezielt zu erforschen und die<br />
gewonnenen Daten genau wie die anderen<br />
betrieblichen Erfolgszahlen auszuwerten.<br />
A.T. Und auf der Kundenseite?<br />
B.K. Hier haben wir uns daran gemacht,<br />
unsere Kunden besser kennenzulernen.<br />
Dank modernster Informatik ist dies heute<br />
wesentlich einfacher geworden. Unsere<br />
Kundendaten waren bisher in einer Menge<br />
von dezentralen Archiven gespeichert. Der<br />
erste Schritt bestand also darin, diese verstreuten<br />
Daten in einem zentralen Pool<br />
zusammenzufassen, einem sogenannten<br />
Data Warehouse. Mittlerweile sind es<br />
einige hundert Gigabytes an Informationen,<br />
die hier lagern.<br />
A.T. Welchen Nutzen hat dieser riesige Datenspeicher<br />
für die Bank?<br />
B.K. Unmittelbar keinen. Die Kunst besteht<br />
nun darin, aus diesem Pool diejenigen<br />
Informationen herauszufiltern, die wir dann<br />
beispielsweise für loyalitätsfördernde Marketingaktivitäten<br />
einsetzen können. Dies<br />
kann durch einfache Selektionsregeln geschehen<br />
oder aber mittels Data Mining;<br />
das sind statistische Verfahren und solche<br />
der künstlichen Intelligenz, beispielsweise<br />
neuronale Netze. Die Möglichkeiten sind<br />
ausserordentlich vielfältig.<br />
A.T. Können Sie ein Beispiel nennen?<br />
B.K. Man kann etwa ein Kundenprofil für<br />
alle Hypothekarkreditbenutzer erstellen.<br />
Anschliessend eruiert man diejenigen<br />
Kunden, die ein ähnliches Profil, aber keine<br />
Hypothek haben, um ihnen per Mailing<br />
oder Telefon die Vorzüge unseres Hypothekarangebots<br />
zu erläutern.<br />
F<br />
Inwiefern fördert eine solche Aktion die<br />
A.T.<br />
Loyalität der Kunden?<br />
B.K. Da die Wahrscheinlichkeit hoch ist,<br />
dass die ausgewählte Zielgruppe effektiv<br />
am Produkt interessiert ist, werden die<br />
Kunden positiv reagieren. Sie sehen, dass<br />
die Bank ihre Bedürfnisse richtig einschätzt.<br />
Umgekehrt verärgern wir bei einem fokussierten<br />
Marketing nicht alle andern, die<br />
mit einer Hypothek gar nichts anfangen<br />
können. Ziel dieses Loyalty Based Marketing<br />
ist es, dass jede Kundenberaterin und<br />
jeder Kundenberater bereits per Mausclick<br />
weiss, welchem Kunden sie oder er was<br />
und in welcher Form anbieten sollte.<br />
A.T. Befürchten Sie nicht, dass sich die<br />
Kunden der CREDIT SUISSE durchleuchtet<br />
vorkommen könnten?<br />
B.K. Tatsächlich besteht ein Konflikt<br />
zwischen den Bedürfnissen des modernen<br />
Marketing und dem Persönlichkeitsschutz<br />
der Kunden. Um uns abzusichern,<br />
haben wir schon früh ein Datenschutzteam<br />
eingesetzt, welches unser Projekt<br />
begleitet.<br />
CREDIT SUISSE BULLETIN 1 |99