Flexibilität
Credit Suisse bulletin, 1999/01
Credit Suisse bulletin, 1999/01
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SCHWERPUNKT<br />
7<br />
tives Zeichen ist für die Fitness des Unternehmens.<br />
Und in einzelnen Fällen akzeptierten<br />
Mitarbeiter auch, wenn der Stellenwechsel<br />
zu einer Lohneinbusse führte.<br />
Ein sensibles Thema ist die soziale <strong>Flexibilität</strong>.<br />
Geschäftsleitungsmitglied Peter<br />
Lienhart ist weit davon entfernt, diesen<br />
Aspekt zu unterschätzen oder zu beschönigen:<br />
«Ich selber habe innerhalb des Unternehmens<br />
einige Orts- und Stellenwechsel<br />
hinter mir. Jedesmal hinterliess ich ein Beziehungsnetz.<br />
Man zahlt für die <strong>Flexibilität</strong><br />
einen Preis, es findet eine Verarmung statt.»<br />
So oder so: <strong>Flexibilität</strong> zehrt an der<br />
Substanz. Peter Lienhart will jedoch Sen-<br />
«FLEXIBILISIEREN<br />
IST NICHT GLEICH<br />
ENTLASSEN»<br />
THOMAS KNECHT,<br />
MANAGING DIRECTOR MC KINSEY SCHWEIZ<br />
CHRISTIAN PFISTER Wie schafft man ein flexibles<br />
Unternehmen ?<br />
THOMAS KNECHT Das Topmanagement<br />
braucht eine Vision. Die Einsicht muss die<br />
ganze Firma durchdringen, dass die Veränderungen<br />
zwingend sind. Die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter müssen für den<br />
neuen Kurs motiviert werden, sonst geht<br />
es nicht. Eine erfolgreiche Veränderung<br />
allein macht ein Unternehmen aber noch<br />
nicht flexibel.<br />
ILIT Ä T<br />
Was denn ?<br />
netts Behauptung nicht unerwidert gelten<br />
lassen, dass Unternehmen ihre Angestellten<br />
mir nichts, dir nichts in der Gegend<br />
herumschöben. Vor allem nicht im Falle der<br />
CREDIT SUISSE. «Unsere Bank war sich<br />
jederzeit im klaren: Damit die Mitarbeitenden<br />
Veränderungen bewältigen können,<br />
brauchen sie Stabilität und Sicherheit»,<br />
betont Lienhart. «Und das ist kein Widerspruch<br />
zur <strong>Flexibilität</strong>.»<br />
Diese Meinung teilt Markus Gisler, Chefredaktor<br />
der Wirtschaftszeitung «Cash»:<br />
«Die Unternehmen müssen dafür sorgen,<br />
dass die Mitarbeiter auch in Phasen der Umstrukturierung<br />
das Gefühl haben, es werde<br />
für sie geschaut. Hier machen die Firmen<br />
die grössten Fehler.» Zentral ist dabei<br />
die Art und Weise, wie die Leader in den<br />
Unternehmen ihre Ziele kommunizieren.<br />
«Die Leute haben ein Recht zu verstehen,<br />
was um sie herum abläuft», betont auch<br />
Gudela Grote, Professorin am Institut für<br />
Arbeitspsychologie der ETH Zürich. Und<br />
C.P.<br />
T.K. Voraussetzung ist, dass eine Firma<br />
eine Organisation aufbaut, in der die Marktkräfte<br />
sichtbar werden. Hat ein Unternehmen<br />
viele Leute im Backoffice, aber wenige<br />
im direkten Kundenkontakt, dann<br />
besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter<br />
den Druck und die sich verändernden<br />
Regeln des Marktes nicht mehr unmittelbar<br />
erleben. Diese Kräfte erkennbar zu<br />
machen ist eine Kunst, die nicht sehr<br />
viele Firmen beherrschen.<br />
C.P. Wie halten es Schweizer Unternehmen<br />
mit der Agilität im internationalen Vergleich?<br />
T.K. Die Mentalität der Schweizer ist<br />
nicht die agilste. Was uns aber auszeichnet,<br />
ist ein ausgesprochener Realitätssinn.<br />
Man stellt sich hierzulande der Wahrheit,<br />
auch wenn sie schmerzt. Das hilft, Veränderungen<br />
schnell und zielgerichtet voranzutreiben<br />
– wenn etwa ein Unternehmen in<br />
Schieflage gerät. Vielleicht hat diese Art<br />
mit unserer geopolitischen Lage zu tun.<br />
Umgeben von grösseren Nachbarn, waren<br />
wir immer die Kleineren, die ihre Möglichkeiten<br />
realistisch einzuschätzen hatten.<br />
C.P. Wo finden wir Vorbilder in Sachen flexible<br />
Unternehmen ?<br />
T.K. Es gibt viele kleine Unternehmen,<br />
die sich sehr schnell Trends anzupassen<br />
wissen. Namen zu nennen bringt aber<br />
nichts. Wichtiger ist, was diese auszeichnet:<br />
Sie können laufend Bestehendes in<br />
Frage stellen. Und sie machen alle die<br />
Marktkräfte sichtbar, kapseln ihre Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter nicht vom<br />
Markt ab. Zudem versuchen sie nicht<br />
einfach, die Erfolge von gestern heute zu<br />
repetieren.<br />
C.P. Mc Kinsey steht für eine erfolgreiche,<br />
konsequente Managementkultur. Bedeutet<br />
Flexibilisieren immer Entlassungen ?<br />
T.K. Unsere Arbeit hat mit Schaffen von<br />
Arbeitsplätzen zu tun. Nur ist das weniger<br />
spektakulär, um darüber in den Medien zu<br />
berichten. Klar: Der Abbau von Arbeitsplätzen<br />
kann kurzfristig durchaus eine<br />
Massnahme sein, um eine Firma neu auszurichten.<br />
Aber er ist nicht langfristig ein<br />
Rezept, um erfolgreich zu sein. Gute Unternehmen<br />
schaffen Arbeitsplätze.<br />
C.P. Ist für Sie der Zwang zur ständigen<br />
<strong>Flexibilität</strong> nicht mühsam ?<br />
T.K. Er wäre nur mühsam, wenn er<br />
nicht immer wieder zu Erfolgserlebnissen<br />
führen würde. Sobald ich merke, dass ich<br />
etwas bewirken kann, scheue ich mich<br />
nicht, Veränderungen kompromisslos voranzutreiben.<br />
CREDIT SUISSE BULLETIN 1 |99