Flexibilität
Credit Suisse bulletin, 1999/01
Credit Suisse bulletin, 1999/01
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ECONOMIC RESEARCH<br />
32<br />
und eine Liberalisierung der Zulassungsbestimmungen<br />
für die Börsen unterstützen<br />
dies. So ist heute die «remote membership»<br />
möglich: Man kann am Handel einer<br />
Börse teilnehmen, ohne im entsprechenden<br />
Land physisch präsent zu sein.<br />
Allianzen wie Eurex zwischen Frankfurt<br />
und Zürich sind grundsätzlich offen. Und<br />
dereinst könnte gar ein pan-europäischer<br />
elektronischer Handelsplatz entstehen.<br />
Entsprechende Gespräche sind angelaufen,<br />
brauchen jedoch Zeit. Gehandelt wird auch<br />
künftig dort, wo die beste Liquidität vorhanden<br />
und die Rechnungslegung fortschrittlich<br />
ist, die niedrigsten Gebühren zu zahlen<br />
sind und die regulatorischen und steuerlichen<br />
Rahmenbedingungen stimmen.<br />
Zudem schauen sich Anleger verstärkt<br />
nach Papieren mit einer attraktiven Verzinsung<br />
um. Mit der EWU sind nämlich<br />
Renditenunterschiede bei Staatsanleihen<br />
von bis zu 700 Basispunkten passé. Entscheidend<br />
sind nicht mehr Inflationsunterschiede<br />
und Währungsrisiken, sondern vor<br />
allem die Schuldnerbonität. Der Benchmark<br />
für erstklassige Obligationen der<br />
öffentlichen Hand ist Deutschland – allenfalls<br />
zusammen mit Frankreich. Höhere<br />
Renditen erzielt nur, wer bereit ist, ein<br />
grösseres Risiko in Kauf zu nehmen.<br />
In den USA besteht ein stark entwickelter<br />
Markt für Anleihen von weniger<br />
bekannten Schuldnern. Das Segment der<br />
High Yield Bonds umfasst dort mittlerweile<br />
600 Milliarden Dollar. Haben in den<br />
USA lediglich ein Drittel aller Anleihen die<br />
Bonität Aa3 oder besser, so sind es in<br />
Europa vier Fünftel. Diesseits des Atlantiks<br />
besteht also ein erhebliches Potential,<br />
das in den nächsten Jahren ausgeschöpft<br />
wird. Die Investoren müssen sich allerdings<br />
bewusst sein, dass sich solche Papiere<br />
zwar als Beimischung zum Depot eignen,<br />
gleichzeitig aber etwas stärkere Nerven<br />
fordern. Die letztjährigen Turbulenzen an<br />
den Finanzmärkten bestätigen dies.<br />
Für die Banken heisst das: Ein wachsender<br />
Teil ihrer Kunden beschafft sich<br />
Kapital direkt am Markt statt über traditionelle<br />
Bankkredite. Die Finanzinstitute fördern<br />
aber auch aktiv die Verlagerung vom<br />
Zinsdifferenzgeschäft zu Transaktionen auf<br />
Kommissionsbasis. Sie treiben durch eine<br />
Verbriefung an den Kapitalmärkten voran,<br />
dass Kredite ausgelagert werden. Auch<br />
diesbezüglich besteht in Europa im Vergleich<br />
zu den USA ein erheblicher Nachholbedarf.<br />
Für die Banken werden so<br />
eigene Mittel frei, die sie für andere Geschäfte<br />
einsetzen können.<br />
MERKMALE DES EU-BANKENSEKTORS IM INTERNATIONALEN VERGLEICH:<br />
• In der EU ist der Konzentrationsgrad überdurchschnittlich hoch. In einer Reihe<br />
von Staaten entfällt die Hälfte des Bilanzsummentotals auf die jeweils fünf<br />
grössten Banken. Das ist vergleichbar mit der Schweiz, aber deutlich mehr als<br />
in Japan und in den USA.<br />
• Die EU verfügt – zusammen mit der Schweiz – nach wie vor über eine sehr<br />
hohe Bankendichte. Während sich in Europa rund 2000 Einwohner eine Filiale<br />
teilen müssen, sind es in den USA 3700 und in Japan gar 5000.<br />
• Der erwirtschaftete Bruttoertrag in den USA pro Mitarbeiter ist mit knapp<br />
200000 Franken im Durchschnitt aller Banken deutlich niedriger als in Japan und<br />
in der Schweiz mit etwa 350 000 Franken.<br />
• Die Ertragskraft reicht bei weitem nicht an jene der USA heran. Dort betrug der<br />
Return on Equity (RoE) in den letzten fünf Jahren gut 20 Prozent, verglichen mit<br />
knapp 10 Prozent in der EU, 7 Prozent in der Schweiz und lediglich 1 Prozent in<br />
Japan.<br />
BÖRSENPLÄTZE DER EU:<br />
MARKTANTEILE IN %<br />
OBLIGATIONEN<br />
Niederlande<br />
Grossbritannien<br />
Frankreich<br />
Italien<br />
AKTIEN<br />
Italien<br />
Niederlande<br />
Frankreich<br />
Deutschland<br />
Spanien<br />
Frankreich<br />
Dänemark<br />
Deutschland<br />
Italien<br />
Österreich<br />
Belgien<br />
Grossbritannien<br />
Niederlande<br />
Irland<br />
Dänemark<br />
Belgien<br />
Schweden<br />
andere Länder<br />
Deutschland<br />
Spanien<br />
Schweden<br />
Belgien<br />
andere Länder<br />
Grossbritannien<br />
KAPITALANLAGEN VON<br />
PRIVATPERSONEN IN DER<br />
EU: AUSLANDANTEILE IN %<br />
% 0 5 10 15 20 25 30<br />
Der einheitliche Währungsraum erleichtert<br />
den Anlegern den Blick über die Grenzen.<br />
Da das Wechselkursrisiko innerhalb<br />
von Euroland weggefallen ist, haben sie<br />
einen Anreiz, vermehrt ausländische Wertpapiere<br />
zu kaufen. Gemäss der Grafik verfügen<br />
bislang einzig die Iren mit gut einem<br />
Viertel über einen markanten Anteil an<br />
Investitionen im Ausland. Ihnen stehen die<br />
Privatpersonen in Spanien und Frankreich<br />
CREDIT SUISSE BULLETIN 1 |99