Flexibilität
Credit Suisse bulletin, 1999/01
Credit Suisse bulletin, 1999/01
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KRISE HIN ODER HER –<br />
DER LEDERBALL IST UND<br />
BLEIBT DAS LIEBSTE<br />
SPIELZEUG DES<br />
WELSCHEN GC-KICKERS.<br />
TRAINER, TRÄNEN<br />
UND TROPHÄEN<br />
HOCHGEJUBELT UND FALLENGELASSEN –<br />
JOHANN VOGEL HAT SCHON VIEL ERLEBT.<br />
den bekam ich dann mit Rolf<br />
Fringer. Ein 30jähriger Spieler<br />
kann mit seiner Erfahrung<br />
Krisen sicher besser und<br />
schneller bewältigen als ein<br />
junger. Ich jedenfalls habe<br />
einfach meine Zeit gebraucht.<br />
BETTINA JUNKER Einst wurden Sie<br />
als Wunderkind des Schweizer<br />
Fussballs gehandelt. Dann<br />
plötzlich folgte der Euphorie<br />
die Ernüchterung. Was ist<br />
passiert ?<br />
JOHANN VOGEL Der Leistungsdruck<br />
nach meinem<br />
EM-Hoch 1996 war enorm.<br />
Zudem ist es halt immer<br />
schwieriger, einen Erfolg, den<br />
man bereits erzielt hat, zu<br />
bestätigen. Das ist eine Frage<br />
der Motivation: Man strengt<br />
sich eher für etwas an, das<br />
man sich lange herbeigesehnt<br />
hat, als für bereits Erreichtes.<br />
Nach meinem Erfolg konnte<br />
ich die Erwartungen nicht<br />
mehr erfüllen und wurde dafür<br />
INTERVIEW: BETTINA JUNKER, REDAKTION BULLETIN<br />
von den Medien von dem<br />
Sockel runtergestossen, auf<br />
den sie mich zuvor gehievt<br />
hatten.<br />
B.J. Wie haben Sie das emotionale<br />
Wechselbad verkraftet ?<br />
J.V. Nach der EM fiel ich in<br />
ein Tief. Ich bin sehr sensibel,<br />
und die ganze Kritik ging nicht<br />
spurlos an mir vorbei. Mit<br />
der Zeit habe ich die Berichterstattung<br />
über mich in den<br />
Zeitungen gar nicht mehr gelesen.<br />
Die Freude am Fussball<br />
ist mir fast vergangen; ich<br />
kam jeweils morgens ziemlich<br />
lustlos ins Training. Als ich<br />
ganz oben war, hatte ich jede<br />
Menge Kollegen und Freunde;<br />
als die Erfolge ausblieben,<br />
verschwanden die meisten.<br />
Da weisst du plötzlich, wer<br />
wirklich auf deiner Seite steht<br />
und wer nicht. Es gibt so viele<br />
Leute im Fussballbusiness,<br />
denen es nicht primär um den<br />
Menschen geht.<br />
B.J. Wer hat Sie wieder aufgerichtet<br />
?<br />
J.V. Ein Trainerwechsel war<br />
nötig, damit ich wieder auf<br />
Erfolgskurs kam. Ich wurde<br />
während meiner 18monatigen<br />
Krise zuwenig betreut und<br />
unterstützt. Ich hätte einen<br />
Trainer gebraucht, der mir Verantwortung<br />
überträgt und<br />
voll auf mich setzt. Und genau<br />
B.J. Was ist denn das für eine<br />
Beziehung zum Trainer ?<br />
J.V. Der Trainer kann nicht<br />
ein Kollege sein – er ist der<br />
Chef. Ich setze diese Grenze<br />
und konzentriere mich auf<br />
den beruflichen Kontakt mit<br />
ihm; eine Privatbeziehung<br />
gibt es nicht. Man sieht sich<br />
jeden Tag, aber immer nur bei<br />
der Arbeit auf dem Fussballplatz.<br />
Klar, da reden wir viel<br />
miteinander, denn schliesslich<br />
gibt’s keine Organisation ohne<br />
Kommunikation.<br />
B.J. Wie steht’s um Sie heute ?<br />
J.V. Im Augenblick geht’s<br />
mir gut. Im letzten Jahr war<br />
ich viel unterwegs. Ich habe<br />
bereits im Januar mit dem<br />
Training angefangen, dann<br />
kam die Sport-RS dazwischen.<br />
CREDIT SUISSE BULLETIN 1 |99