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Industrieanzeiger 09/10.2019

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technik & wissen<br />

externer Spezialisten erfordert – neben den<br />

technologischen Investitionen ein weiterer<br />

Kostenpunkt.<br />

Lohnt der Aufwand? Das wird derzeit<br />

diskutiert. Laut einer Studie der Unternehmensberatung<br />

BearingPoint aus dem Jahr<br />

2018 kennt zwar ein Großteil der Verantwortlichen<br />

die Vorteile vorausschauender<br />

Wartung – aber erst ein Viertel der Befragten<br />

haben konkrete PM-Projekte umgesetzt.<br />

Und davon wiederum beschränken sich<br />

viele auf „Condition Monitoring“, also die<br />

bloße Beobachtung des Betriebs einer Maschine<br />

ohne weitere Datennutzung. Die<br />

”<br />

Die Sensoren sind da.<br />

Was häufig fehlt, ist die<br />

Datenaufbereitung. Bild:<br />

nordroden/Fotolia<br />

Gründe für die Zurückhaltung liegen in den<br />

Kosten, in technologischen Hürden, Sicherheitsbedenken<br />

sowie in der Skepsis, dass<br />

sich die Investitionen tatsächlich auszahlen.<br />

Denn eine der größten Fehlerquellen kann<br />

auch noch so umfangreiche Sensorik und<br />

Analytik nicht ausschalten: den Menschen.<br />

Fehlbedienungen, Nachlässigkeiten und<br />

Manipulationen entziehen sich der Überwachung<br />

durch Predictive Maintenance.<br />

Deshalb schränkt Thomas Rohrbach, Geschäftsführer<br />

der Staufen Digital Neonex<br />

GmbH, ein: „Die überwiegende Mehrheit<br />

der Maschinenausfälle lässt sich auf Faktoren<br />

zurückführen, die Predictive Maintenance<br />

nicht lösen kann, allen voran Bedienungsfehler.<br />

Einen echten Mehrwert kann<br />

vorausschauende Wartung erzielen, wenn<br />

sie mit anderen Leistungen gekoppelt wird,<br />

etwa einer intelligenten Überwachung der<br />

Prozessdaten zur Optimierung von Verfahren<br />

und Material oder digitalen Assistenzsystemen,<br />

die Fehler durch den Menschen<br />

verhindern.“<br />

Der Weg zu Wartung 4.0<br />

Der erste Schritt besteht in der Erfassung,<br />

gegebenenfalls Digitalisierung und Speicherung<br />

aller relevanten Daten. Das ist bei modernen<br />

Anlagen im Industrie 4.0-Umfeld<br />

kein Problem: In vielen Maschinen sind entsprechende<br />

Sensoren bereits integriert. Dazu<br />

müssen weitere Parameter wie Klima und<br />

Bedienerdetails kommen. Im nächsten<br />

Schritt wird aus dem großen Datenberg<br />

Smart Data. Zahlreiche IT-Spezialisten bieten<br />

inzwischen Lösungen an, die relevante<br />

Korrelationen und Abhängigkeiten finden<br />

und interpretieren. Es folgt die wichtigste<br />

Phase: die Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeiten<br />

für Anlagen, Maschinen<br />

und Werkzeuge. Danach müssen die<br />

Ergebnisse in die Praxis umgesetzt werden:<br />

in Form veränderter Wartungspläne.<br />

Der Mensch lässt sich täuschen –<br />

meist durch Optimismus.“<br />

Daniel Kahneman,<br />

Nobelpreisträger für Behavioural Economics<br />

Predictive-basierende Konzepte werden sich<br />

im Umfeld von Industrie 4.0 durchsetzen,<br />

da ist sich Daniel Kahneman, Nobelpreisträger<br />

für Behavioural Economics, sicher:<br />

„Der Mensch ist nicht in der Lage, statistisch-quantitative<br />

Entscheidungen permanent<br />

gut genug zu treffen und lässt sich häufig<br />

täuschen – meist durch Optimismus.“ Es<br />

ist aber nicht diese Unzulänglichkeit, sondern<br />

die überzeugenden Vorteile, die über<br />

kurz oder lang Algorithmen in die Serviceplanung<br />

heben werden. Denn mit Predictive<br />

Maintenance werden nicht nur Wartungsarbeiten<br />

planbar und können teure Ausfallzeiten<br />

der Maschinen verhindert werden –<br />

Unternehmen können darüber auch produktionskritische<br />

Anlagenkomponenten<br />

und problematische Umgebungsparameter<br />

(beispielsweise der Einfluss von Außentemperatur<br />

und Luftfeuchtigkeit) identifizieren.<br />

Auch die Einsatzplanung von Servicekräften<br />

wird einfacher und wirtschaftlicher. Die<br />

Kosten für das Ersatzteilmanagement<br />

sinken, da alle zukünftig benötigten Ersatzteile<br />

im Voraus bekannt sind und entsprechend<br />

bestellt beziehungsweise gelagert werden<br />

können. Und nicht zuletzt kann die<br />

langfristige Analyse zu einer verbesserten<br />

Maschinenauslastung beitragen. Klaus-<br />

Peter Gushurst, Leiter des Bereichs Industries<br />

und Innovation bei PwC, fasst die Vorteile<br />

aus seiner Sicht zusammen: „Industrial<br />

Champions verzeichnen mit vorausschauender<br />

Instandhaltung bei den Wertschöpfungstreibern<br />

– also Betriebs- und Lebenszeiten<br />

ihrer Maschinen und Anlagen, Kostenreduktionen<br />

sowie reduzierten Unfall- und<br />

Gesundheitsrisiken – Verbesserungen von<br />

mehr als 25 Prozent.“ •<br />

Michael Grupp<br />

Freier Redakteur in Stuttgart<br />

80 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>09</strong>/10.19

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