Industrieanzeiger 09/10.2019
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Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Steffen Hachtel,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter,<br />
F. & G. Hachtel<br />
Dr. Simina Fulga-Beising,<br />
Senior Scientist,<br />
Abteilung Bild- und Signal -<br />
verarbeitung, Fraunhofer IPA<br />
Foto: Fraunhofer IPA<br />
Foto: Hachtel<br />
Was sind für Sie die größten Herausforderungen in der Qualitätssicherung?<br />
Auch bei der additiven Fertigung steht die vollständig gegebene<br />
Funktion als Anforderung an die Qualität über allem. Für<br />
Kunststoffbauteile sind die mechanisch-thermische Festigkeit<br />
und eine ausreichende Formtreue entscheidend. Die aktuell<br />
verfügbaren Analysemethoden erlauben ein genaues Erfassen<br />
des Qualitätsniveaus der Bauteile aus beiden Fertigungsverfahren,<br />
dem Spritzgießen und der additiven Fertigung. Mit Hilfe<br />
der industriellen Computertomographie können qualifizierte<br />
Bewertungen der Formtreue und der Gefügestruktur durchgeführt<br />
werden. Eine Optimierung des Qualitätsniveaus von additiv<br />
gefertigten Bauteilen hingegen ist deutlich schwieriger.<br />
Während bei der konventionellen Fertigungstechnik die meist<br />
iterativen Optimierungsschritte auf die Serie umgelegt werden,<br />
führt dies durch die Losgrößen der additiv gefertigten Bauteile<br />
zu Steigerungen von Kosten und Durchlaufzeiten. Ein weiteres<br />
Hindernis ist die teils fehlende Reproduzierbarkeit der Bauverfahren.<br />
Die Hauptaufgabe besteht darin, stabile Fertigungsprozesse<br />
zu bekommen und die Haupteinflussgrößen der Bauparameter<br />
auf die Qualität zu ermitteln. Nur dann ist es möglich<br />
Optimierungen gezielt durchzuführen. Dabei müssen diese<br />
Einflussgrößen jeweils geometrieübergreifend für einzelne Prozesse<br />
und Anlagen spezifisch erarbeitet werden.<br />
Welche Faktoren beeinflussen die Qualität<br />
additiv gefertigter Bauteile am stärksten?<br />
Eine eindeutige Bewertung der qualitätsbeeinflussenden<br />
Faktoren ist nur dann sinnvoll, wenn es verfahren-,<br />
prozess- und produktklassenspezifisch erfolgt. Dieser<br />
Bewertungsprozess kann in folgenden Schritten realisiert<br />
werden:<br />
• Identifikation, Risikobewertung und Auswahl wirtschaftlich<br />
relevanter qualitätsbeeinflussender Faktoren<br />
• Identifikation und Erfassung geeigneter Messgrößen<br />
inklusive messdatenbasierte Kennwertebildung<br />
• statistische Versuchsplanung und -auswertung zur<br />
Bestimmung der Korrelation der qualitätsbeeinflussenden<br />
Parameter zu den Bauteileigenschaften<br />
Unabhängig von den additiven Verfahren gibt es unzählige<br />
Faktoren, die gleichzeitig einen direkten Einfluss auf<br />
die Qualität der gefertigten Bauteile haben. Diese Faktoren<br />
können in die folgenden vier Kategorien eingeordnet<br />
werden: Daten (zum Beispiel Datenqualität), Equipment<br />
(zum Beispiel Kalibrierung), Material (zum Beispiel<br />
Fließfähigkeit), Produktion (zum Beispiel Prozessparameter).<br />
Ändert sich ein Faktor dieser Kategorien,<br />
stellt sich die Schlüsselfrage, wie alle anderen Qualitätseinflussfaktoren<br />
angepasst werden müssen, um eine<br />
wiederholbare Qualität erreichen zu können. Diese Frage<br />
kennt bis heute keine technische oder wissenschaftliche<br />
Antwort.<br />
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