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Industrieanzeiger 09/10.2019

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Das Leichtbaurad der TU Chemnitz<br />

reduziert das Gewicht einer Stahlfelge<br />

um mehr als die Hälfte. Auch wenn die<br />

Vielzahl der Komponenten gewagt<br />

erscheint, zeigt der Demonstrator doch,<br />

was Hybridleichtbau zu leisten vermag<br />

und dass hybride Technologien machbar<br />

sind. Bild: TU Chemnitz<br />

Für ein Hochleistungs-Radiallaufrad in<br />

modularer Metall-Faserverbund-Bauweise<br />

(„MFB“) hat das Institut für Leichtbau und<br />

Kunststofftechnik (ILK) der TU Dresden<br />

einen der begehrten AVK-Innovationspreise<br />

erhalten: Platz 3 in der Kategorie Forschung<br />

& Wissenschaft im Jahr 2018. Die Entwicklung<br />

ist im Projekt „Leichtbau-<br />

Radiallaufrad“ (LeRaLa) mit Unterstützung<br />

der „Forschungsvereinigung für Luft- und<br />

Trocknungstechnik e.V.“ (FLT) entstanden.<br />

Das Engagement der FLT zeigt schon, welchem<br />

Zweck die Innovation dient: Mit einem<br />

Gewicht von nur 35 kg ist das Hybridrad<br />

im Betrieb wesentlich niedrigeren Belastungen<br />

ausgesetzt als die 75 kg schwere<br />

Metall-Ausführung und ermöglicht damit<br />

höhere Drehzahlen.<br />

Solche Radiallaufräder sind in Industriegebläsen<br />

bei einem Durchmesser von rund<br />

1 m nicht nur starken mechanischen Belastungen<br />

ausgesetzt, sondern auch hohen thermischen<br />

und medialen Beanspruchungen.<br />

Bei Schleuderversuchen auf einem Rota -<br />

Hohe Kompetenz im hybriden Leichtbau<br />

So manches Hybridbau-Projekt erscheint sehr gewagt<br />

und aufwändig zu sein angesichts der Vielzahl der<br />

verwendeten Komponenten. Doch diese Entwicklungen<br />

belegen auch, dass die Technologie beherrscht<br />

wird. Die Kompetenz ist da und nimmt stetig zu. Ob<br />

ein Konzept umgesetzt wird, hängt letztlich nur davon<br />

ab, wie gut es sich automatisieren<br />

lässt und wie teuer die<br />

verbauten Werkstoffe sind. Wo es<br />

eine hybride Leichtbauweise in<br />

die Serie schafft, etabliert sie sich<br />

dann schnell zum Standard.<br />

Olaf Stauß<br />

Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />

tionsprüfstand hat das Hybridlaufrad eine<br />

maximale Drehzahl von 10.266 min -1 erreicht<br />

– doppelt so hoch wie die eines metallischen<br />

Referenzlaufrads. Als Umfangs -<br />

geschwindigkeit haben die ILK-Wissenschaftler<br />

543 m/s gemessen. Die damit verbundene<br />

höhere Leistungsdichte erlaubt es,<br />

Ventilations- und Lüftungsaufgaben mit<br />

zwei anstatt bisher drei Anlagen zu erfüllen.<br />

In dem hybriden Radaufhängungs-<br />

Systemteil ist ein Stahleinsatz im<br />

Faserverbund-Material eingeschlossen.<br />

Bild: Ford Werke<br />

Vergleichbare Metallradiallaufräder<br />

schaffen nicht einmal die Hälfte dieser<br />

Geschwindigkeit. Sie haben damit Schwierigkeiten,<br />

die Ökodesign-Richtlinie<br />

20<strong>09</strong>/125/EG der EU für energierelevante<br />

Produkte zu erfüllen. Auf diesem Aspekt lag<br />

auch der Schwerpunkt der wissenschaft -<br />

lichen Untersuchungen in Dresden, teilte<br />

ILK-Forscher Martin Pohl dem Industrie -<br />

anzeiger mit. Um die Räder trotz hohen<br />

Belastungen leicht bauen zu können, wählte<br />

das ILK den Werkstoff<br />

Carbon in Verbindung<br />

mit Metallkomponenten.<br />

Deck- und Tragscheibe<br />

sowie die Schaufeln<br />

des modularen Laufrades<br />

sind Einzelteile aus Verbundwerkstoff,<br />

hergestellt aus<br />

Prepregs (Carbonfasergeweben, vor -<br />

imprägniert mit Epoxidharz). Die<br />

Prepregs werden bei der Fertigung in<br />

zuvor berechneter Lagenzahl und mit<br />

einer für die Anwendung geeigneten<br />

Faserorientierung auf einem kostengünstigen<br />

Aluminiumwerkzeug<br />

abgelegt. Es folgt das Verpressen<br />

mit Folien unter Vakuum. Anschließend<br />

härtet ein Autoklav das<br />

Harz bei hohen Temperaturen aus.<br />

Die Einzelteile werden aus den resultierenden,<br />

verfestigten Formteilen herausgeschnitten.<br />

Das ILK nutzt Metall für den Schutz der<br />

Kanten, ebenso wie für den Flansch, um das<br />

Laufrad mit dem Antrieb zu verbinden. Die<br />

Scheiben und Schaufeln werden durch<br />

Kleben verbunden und in Bereichen mit<br />

höchsten mechanischen Belastungen durch<br />

metallische Verbindungselemente zusätzlich<br />

verstärkt.<br />

Die EU-Richtlinie ist eine Herausforderung<br />

für all jene Firmen, die Lüfter und<br />

Ventilatoren für die Prozess- und Anlagentechnik<br />

produzieren. Ein Blick auf Zahlen<br />

lässt erkennen, welche Bedeutung der hybride<br />

Leichtbau für die Branche erlangen<br />

könnte: Unternehmen wie Ziehl-Abbeg,<br />

TLT-Turbo, Voith Turbo und Piller Blowers<br />

& Compressors erzielen zusammen Jahresumsätze<br />

von etwa 4 Mrd. Euro. Leichtere<br />

Radiallaufräder könnten helfen, den<br />

immensen Energieverbrauch in Höhe von<br />

31,9 TWh in Deutschland und 410 TWh in<br />

Europa zu reduzieren.<br />

<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>09</strong>/10.19 35

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