Industrieanzeiger 09/10.2019
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Qualitätssicherung in der additiven Fertigung<br />
Foto: inspire/ETH Zürich<br />
Dr. Manfred Schmid,<br />
Leiter R&D SLS,<br />
Innovation Center for Additive<br />
Manufacturing Switzerland,<br />
Inspire/ETH Zürich<br />
Foto: Fraunhofer IPA<br />
Patrick Springer,<br />
Gruppenleiter<br />
Abteilung Additive Fertigung,<br />
Fraunhofer IPA<br />
Welchen Einfluss hat die Material -<br />
qualität und welche Rolle spielt die<br />
Materialanalyse?<br />
Bei den pulverbettbasierten Additiven Fertigungsverfahren mit<br />
Kunststoffen ist einer der entscheidenden Prozessschritte die Applikation<br />
des Pulvers auf dem Baufeld. Dies gilt sowohl für Laser Sintern<br />
(LS) als auch Multijetfusion (MJF). Die Qualität des Pulverbetts<br />
hinsichtlich Dichte und Oberflächen determiniert zu einem großen<br />
Teil die Qualität des Bauteils. Aus einem ungenügenden Pulverbett<br />
können keine fehlerfreien Bauteile erwartet werden. Damit das Pulverbett<br />
aber die gewünschte Qualität aufweist, müssen die Fließfähigkeit<br />
und die Fluidisierbarkeit des Pulvers auf den Beschichtungsprozess<br />
abgestimmt sein. Neben der Pulververteilung spielen hier<br />
auch die Oberflächen der einzelnen Pulverpartikel und deren Sphärizität<br />
eine erhebliche Rolle. Der Vortrag beleuchtet, wie sich solche<br />
Größen analytisch erfassen lassen und welche Pulverparameter die<br />
Haupteinflussparameter darstellen.<br />
Was ist die größte Herausforderung,<br />
um eine automatisierte QS umzusetzen?<br />
Um QS in der additiven Fertigung realisieren zu können, muss die<br />
gesamte Prozesskette betrachtet werden – vom Material bis zum<br />
gefertigten Produkt. Neu ist zum einen, dass durch den additiven<br />
Fertigungsprozess direkt die Bauteileigenschaften beeinflusstwerden.<br />
Zum anderen besteht der Anspruch der additiven Fertigung<br />
darin, hoch komplexe Einzelteile in der geforderten Qualität herstellen<br />
zu können. Daher ist es notwendig, den Bauprozess Schicht<br />
für Schicht zu überwachen. Um eine automatisierte QS realisieren<br />
zu können, stellt sich jedoch perspektivisch die Herausforderung<br />
die gewonnenen Prozess- und Bauteildaten in Echtzeit auszuwerten<br />
und Baufehler direkt korrigieren zu können. Solche Echtzeit-Regelsysteme<br />
greifen somit direkt in den Bauprozess ein und verlangen<br />
gleichzeitig hohe Rechenleistung, ein hohes Maß an Prozessverständnis<br />
sowie effiziente Algorithmen.<br />
Daniel Wuhrmann,<br />
Rechtsanwalt,<br />
Reuschlaw Legal Consultants<br />
Foto: Reuschlaw<br />
Was ist aus Sicht der Produkthaftung beim 3D-Druck besonders zu beachten?<br />
Wichtig ist, die verzahnten Systeme der<br />
Produktsicherheit und der Produkthaftung<br />
zu verstehen und auf die eigene Position,<br />
Produkt(e) und Kooperationspartner zu<br />
übertragen. Zur produktsicherheitsrechtlichen<br />
Bewertung des 3D-Drucks sind verschiedene<br />
Rechtsnormen heranzuziehen.<br />
Das Produktsicherheitsgesetz ist eine von<br />
mehreren Säulen. Daneben bestehen noch<br />
Spezialgesetze, die die Sicherheit von spezifischen<br />
Produktgruppen regeln. Diese definieren<br />
Vorgaben für die Inverkehrgabe von<br />
Produkten, teils auch Konformitätsverfahren.<br />
Setzt man all dies nicht sachgemäß<br />
um, ist es im Zweifel nur eine Frage der Zeit,<br />
bis die repressiven Inhalte dieser Gesetze<br />
eingreifen – nachgeschaltete behördliche<br />
Maßnahmen zur Wiederherstellung der Sicherheit<br />
beziehungsweise Abwehr von Gefahren.<br />
Die Produkthaftungsnormen, die<br />
Ansprüche von Geschädigten gegenüber<br />
Herstellern definieren, sind ähnlich komplex<br />
und wichtig. Zu verstehen, ob das eigene<br />
„Produkt“ im Sinne der gesetzlichen Regelungen<br />
gilt, wer Hersteller ist und welche<br />
Pflichten mit welcher Funktion einhergehen,<br />
ist elementares Grundwissen.<br />
90 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>09</strong>/10.19