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Industrieanzeiger 09/10.2019

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technik & wissen<br />

Leichtbau in doppelter Weise Ressourcen<br />

schone, „bivalent“ – einmal in der Produk -<br />

tions- und dann in der Nutzungsphase.<br />

„Durch den konsequenten Einsatz von<br />

Leichtbauweisen kann das Gewicht aller<br />

beweglichen Teile in Deutschland um durchschnittlich<br />

mindestens zehn Prozent reduziert<br />

werden“, sagt er und fügt hinzu: „Allein<br />

mit dieser geringen Gewichtseinsparung<br />

würden wir jährlich 100 Millionen Tonnen<br />

weniger CO 2 produzieren – und das nur in<br />

Deutschland.“<br />

Als weiteres Beispiel für den Leichtbau<br />

führt er neben dem Hybridrad-Konzept<br />

gerne eine Rücksitz-Durchlade ins Feld. Sie<br />

2017 preis. Als Anschauungsmodell diente<br />

ein Durchlade-Prototyp für den Audi Q7: In<br />

Kooperation mit der TU Chemnitz nutzte<br />

das IWS einen Pulslaser, um Teile der Polymermatrix<br />

im faserverstärkten Organoblech<br />

selektiv abzutragen und so die Haftung<br />

beim Anspritzen der Verstärkungsrippen zu<br />

verbessern. Die Haftfestigkeit stieg dadurch<br />

von 0,73 MPa auf 3,95 MPa.<br />

Mit dem Abschluss des Merge-Projekts<br />

am 31. Dezember 2018 verschob die<br />

Wissenschaft ihren Forschungs-Fokus. Kroll<br />

zielt nun mehr auf den Einsatz von Natur -<br />

fasern und Biopolymeren in Halbzeugen<br />

und Organoblechen, wie beispielsweie bio-<br />

lagen aus Carbonfaser-verstärktem Polyamid<br />

zu liegen – zunächst mit 60%igem CF-<br />

Anteil (CFK60-PA6), dann außen beidseitig<br />

mit 70%igem-CF-Anteil (GFK70-PA6). Zusätzlich<br />

werden Lasteinleitungs-Fasereinsätze<br />

in der äußeren Decklage eingebracht.<br />

Prof. Lothar Kroll leitet auch die<br />

Entwicklung multifunktionaler Leichtbau-<br />

Produkte und ihrer Herstellprozesse im<br />

Bundesexzellenzcluster Merge. Seine Aufgabe<br />

sieht er unter anderem darin, großserientaugliche<br />

Basistechnologien aus den Bereichen<br />

Kunststoff, Metall, Textil und Smart<br />

Systems zusammen zu bringen und zu fusionieren.<br />

Er weist darauf hin, dass der hybride<br />

Das hybride Radiallaufrad ist halb so<br />

schwer als Metallvarianten. Da Radiallaufräder<br />

vielfältig in der Prozesstechnik<br />

eingesetzt werden, führen reduzierte<br />

Massen zu großen Energieeinsparungen<br />

in der Industrie. Bilder: ILK/TUD, Piller<br />

Blowers & Compressors<br />

Alu-Schaum im Leichtbaurad<br />

Eine ganz andere Radlösung präsentiert die<br />

Professur für Strukturleichtbau- und Kunststoffverarbeitung<br />

an der TU Chemnitz von<br />

Prof. Lothar Kroll – ein Automobil-Leichtbaurad<br />

aus Aluminium mit einem Felgenstern<br />

in Hybridleichtbauweise. Die Hybridfelge<br />

wiegt nur 3,02 kg – halb so viel wie<br />

eine Vollaluminiumfelge mit 6,03 kg Masse<br />

und anteilsmäßig noch weniger im Vergleich<br />

zu einer Stahlfelge mit 7,9 kg.<br />

Während der Innen- und der Außenflansch<br />

aus Aluminium sind, besteht der Felgenstern<br />

aus einem Aluminiumschaumkern.<br />

Darauf kommen Lastpfad-orientierte Deckbesteht<br />

aus einem gepressten Organoblech<br />

(Thermoplast mit Glasfasergewebe-Verstärkung)<br />

und verfügt über eingebaute Sensoren.<br />

Diese Sensoren wurden zusammen mit<br />

thermoplastischen Verstärkungsrippen und<br />

weiteren Funktionselementen durch Spritzgießen<br />

ins Bauteil integriert. Die Durchlade<br />

wird in Serien für den Audi Q5 produziert.<br />

Nach Worten von Kroll spart sie 50 % des<br />

Gewichts einer konventionellen Audi-<br />

Durchlade ein (1,84 kg statt 3,85 kg) und<br />

reduziert die Gesamtkosten um 30 %.<br />

Einige Details, wie eine solche Komponente<br />

gefertigt wird, gab das Fraunhofer<br />

IWS bereits auf der Composites Europe<br />

basierte thermoplastische Polymere BioPE<br />

und BioPA.<br />

Ein Beispiel für solche Ansätze bietet das<br />

elektrisch angetriebene „Chemnitz Car<br />

Concept“ (CCC). Den Systemdemonstrator<br />

für das CCC hat das ILK-TUD mit Volkswagen<br />

im Projekt „Merge up!“ entwickelt.<br />

Dafür wurden Echtholz-Furniere mit Biothermoplasten<br />

zu einer Art Hybridlaminat-<br />

„Prepreg“ verarbeitet. Nach der Umformung<br />

kommt das Material an unterschied -<br />

lichen Stellen des Chemnitz Cars zum Einsatz.<br />

Zum einen wird es an der Türaußenseite<br />

angebracht. Zum anderen entsteht daraus<br />

eine Mittelkonsole mit integrierten Druckund<br />

Beschleunigungssensoren – und wird<br />

dazu durch Aluminium, Kunststofffolie mit<br />

Piezokeramikpartikeln sowie Carbon-<br />

Nanoröhrchen (CNT) funktionalisiert.<br />

Hybride Quer- und Längslenker<br />

Das CCC umfasst weitere Leichtbau-<br />

Komponenten, bei denen der hybride<br />

Ansatz teils auf die Spitze getrieben wurde.<br />

36 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>09</strong>/10.19

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