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ZAP-2019-19

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Familienrecht Fach 11, Seite 1541<br />

Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrecht<br />

b) Reduzierung der Kosten<br />

Generell gilt in allen Fällen, dass der in wirtschaftlich beengten Verhältnissen lebende Umgangsberechtigte<br />

sich ggf. einschränken muss und möglichst wenig Kosten bei der Ausübung des<br />

Umgangsrechts auslösen darf.<br />

aa) Maßnahmen auf Seiten des umgangsberechtigten Elternteils<br />

So muss insbesondere der barunterhaltspflichtige Elternteil, der ist in wirtschaftlich beengten<br />

Verhältnissen lebt, die Kosten des Umgangsrechts so niedrig wie möglich halten. Die Kosten<br />

können z.B. dadurch reduziert werden, dass die Umgangskontakte stärker als sonst üblich zeitlich<br />

zusammengefasst werden, also während mehrerer zusammenhängender Tage ausgeübt werden,<br />

dafür aber in geringeren Intervallen (also z.B. alle 3 Wochen statt 14-täglich; vgl. KLINKHAMMER in: WENDL/<br />

DOSE; Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 8. Aufl. 2015, § 2 Rn 273; OLG Brandenburg,<br />

Beschl. v. 26.9.2013, 3 UF 49/13). Dies lässt sich allerdings in der Praxis nur bei Kindern realisieren, die<br />

noch nicht zur Schule gehen.<br />

Bei der Ausübung des Umgangs müssen öffentliche Verkehrsmittel (OLG Jena, Beschl. v. 18.5.2016 – 1UF<br />

142/16, FuR 2017, 462, OLG Schleswig, Beschl. v. 20.12.2013 – 15 WF 414/13, FuR 2014, 371; KLINKHAMMER in:<br />

WENDL/DOSE; a.a.O. § 2 Rn 273), direkte Verbindungen sowie Sondertarife und besonders günstige<br />

Angebote (OLG Koblenz, Beschl. v. 29.6.2017 – 13 UF 72/17, FuR 2018, 592 m.w.N., OLG Jena, Beschl.<br />

v. 18.5.2016 – 1 UF 142/16, FuR 2017, 462) genutzt werden, um jedenfalls den ungeschmälerten<br />

Mindestkindesunterhalt sicherzustellen (OLG Schleswig, Beschl. v. 20.12.2013 – 15 WF 414/13, MDR 2014,<br />

477; OLG Stuttgart, Beschl. v. <strong>19</strong>.10.2007 – 15 WF 229/07, FamRZ 2008, 1273; OLG Brandenburg, Beschl.<br />

v. 16.10.2012 – 10 UF 10/12, FamFR 2012, 535; SCHMIDT/KOHNE in ESCHENBRUCH/SCHÜRMANN/MENNE, Kap. 2<br />

Rn 512). Auch ist das Angebot der Kinder, mit einem Wochenendticket zum niedrigen Preis allein zum<br />

Vater fahren, zu beachten; der Vater kann dann keine höheren Umgangskosten mit dem Auto oder dem<br />

Zug anrechnen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.8.2011 – 18 WF 130/11, FamFR 2011, 464).<br />

bb) Maßnahmen auf Seiten des betreuenden Elternteils<br />

Zu denken ist aber auch an die Mitwirkung des betreuenden Elternteils, die zu einer Reduzierung<br />

des Aufwands führen können. Auch dies folgt aus dem allgemeinen unterhaltsrechtlichen Gebot,<br />

Belastungen des anderen Unterhaltsbeteiligten möglichst gering zu halten.<br />

Folglich können dem anderen Elternteil Mitwirkungspflichten bei der Durchführung der Umgangskontakte<br />

auferlegt werden wie z.B. Abholen des Kindes am Flughafen, Bahnhof oder an einer<br />

Autobahnraststätte (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.2.<strong>20<strong>19</strong></strong> – 6 UF 145/18 NZFam <strong>20<strong>19</strong></strong>, 498; OLG<br />

Schleswig, Beschl. v. 3.2.2006 – 13 UF 135/05, FamRZ 2006, 881; OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.11.2013 –<br />

10 UF 173/13, FamRZ 2014, 858; RAKETE-DOMBECK/KRETSCHMAR in: Münchener Anwaltshandbuch<br />

Familienrecht, 4. Aufl. 2014, § 14 Rn 36 m.w.N..), um die zeitlichen und finanziellen Belastungen für<br />

den umgangsberechtigten Elternteil zu reduzieren (OLG Naumburg, Beschl. v. 26.3.2010 – 8 UF 53/10,<br />

FamRZ 2011, 308; OLG Bremen, FamRZ 2008, 1274, OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2005 – 20 UF 896/04,<br />

FamRZ 2005, 927; OLG Schleswig, Beschl. v. 3.2.2006 – 13 UF 135/05, FamRZ 2006, 881; AG Detmold,<br />

Beschl. v. 2.2.2006 – 15 F 449/05, FamRZ 2006, 880; OLG Naumburg, Beschl. v. 26.3.2010 – 8 UF 53/10,<br />

FamRZ 2011, 308; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 5.2.2002 – 1 BvR 2029/00, FamRZ 2002, 809; PESCHEL/<br />

GUTZEIT in: NK-BGB, 2014, § 1684 BGB Rn 24 m.w.N..; RAKETE-DOMBECK/KRETSCHMAR in: a.a.O. § 14 Rn 36).<br />

cc) Inanspruchnahme öffentlicher Mittel<br />

In bestimmten Fällen lässt sich auch eine Reduzierung der Umgangskosten durch die Beantragung<br />

öffentlicher Hilfen erreichen (s. dazu BSG, Urt. v. 17.2.2016 – B 4 AS 2/15 R, FamRZ 2016, 904, BSG, Urt. v.<br />

4.6.2014 – B 14 AS 30/13 R, FamRZ 2014, 2003, BSG, Urt. v. 12.6.2013 – B 14 AS 50/12 R, FamRZ 2014, 124,<br />

BSG, Urt. v. 2.7.2009 – B 14 AS 75/08 R, FamRZ 2009, <strong>19</strong>97, ROGGATZ, FuR 2015, 680; SCHÜRMANN,<br />

jurisPR-FamR <strong>19</strong>/2014 Anm. 1 m.w.N.; KARL, jM 2014, 467; BERLIT, jurisPR-SozR 9/2015 Anm. 2). Aus<br />

unterhaltsrechtlicher Sicht wird die Obliegenheit zu bejahen sein, solche öffentlichen Hilfen vorrangig in<br />

Anspruch zu nehmen.<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong> 1009

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