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ZAP-2019-19

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Anwaltsmagazin<br />

<strong>ZAP</strong><br />

Positive Bilanz zum Europäischen<br />

Haftbefehl<br />

Die Europäische Kommission zieht eine positive<br />

Bilanz zum Europäischen Haftbefehl. Es sei das am<br />

häufigsten verwendete EU-Instrument der justiziellen<br />

Zusammenarbeit in Strafsachen, teilte<br />

sie Mitte September anlässlich der Vorlage eines<br />

Berichts mit, der u.a. Daten zu der Anzahl der<br />

ausgestellten und vollstreckten Europäischen Haftbefehle,<br />

der verhafteten Personen, der Art der<br />

abgedeckten Straftaten, der angewandten Gründe<br />

für die Nichtausführung und die Dauer des Übergabeverfahrens<br />

zusammengestellt hat. Diese Daten<br />

sollen die Grundlage für statistische Analysen<br />

bilden, Vergleiche zwischen den Mitgliedstaaten<br />

ermöglichen und ein Gesamtbild der Funktionsweise<br />

des Europäischen Haftbefehls vermitteln.<br />

Dem aktuellen Bericht zufolge wurden 2017 über<br />

17.000 Europäische Haftbefehle ausgestellt, die<br />

meisten davon in Deutschland (2.600); im Jahr<br />

zuvor (2016) waren es 16.636. Auch die Frist bis zur<br />

Überstellung der Tatverdächtigen von einem Mitgliedstaat<br />

in den anderen hat sich spürbar verkürzt.<br />

Bevor es den Europäischen Haftbefehl gab,<br />

dauerte ein Auslieferungsverfahren im Schnitt<br />

ein Jahr, jetzt sind es nur noch 15 Tage, wenn<br />

der Tatverdächtige der Übergabe zustimmt, oder<br />

40 Tage, wenn dies nicht der Fall ist.<br />

Damit sei, so die Kommission, der 2004 eingeführte<br />

Europäische Haftbefehl zu einem Schlüsselelement<br />

bei der Kriminalitätsbekämpfung und zu<br />

einem wichtigen Faktor für die innere Sicherheit<br />

in der EU geworden. Er sei ein wirksames Instrument,<br />

um die Auslieferung eines Tatverdächtigen<br />

aus einem anderen Mitgliedstaat zu erwirken und<br />

Schlupflöcher innerhalb Europas zu schließen. Die<br />

offenen Grenzen sollten nicht dazu führen, dass<br />

sich Straftäter der Justiz schlichtweg dadurch<br />

entziehen, dass sie sich in einen anderen Mitgliedstaat<br />

absetzen.<br />

EU-Justizkommissarin VĚRA JOUROVÁ erklärte hierzu:<br />

„Dank des Europäischen Haftbefehls leben die EU-<br />

Bürger an einem sichereren Ort. Egal, wo sich Kriminelle<br />

und Terroristen in Europa verstecken, sie werden vor<br />

Gericht gestellt. Dieses Beispiel zeigt, dass die EU auf<br />

gegenseitigem Vertrauen und Rechtsstaatlichkeit beruht.<br />

Sein Erfolg hängt von der guten Zusammenarbeit<br />

der europäischen und nationalen Behörden ab.“<br />

Der vollständige Bericht zum Europäischen Haftbefehl<br />

(derzeit nur in englischer Sprache verfügbar)<br />

kann auf der Internetseite der EU-Kommission<br />

unter https://ec.europa.eu/info/law/cross-border-cases/<br />

judicial-cooperation/types-judicial-cooperation/europeanarrest-warrant_en#documents<br />

heruntergeladen werden.<br />

[Quelle: EU-Kommission]<br />

Podiumsdiskussion zur Fehlerkultur<br />

in der Justiz<br />

Am 11. September fand im Berliner Kammergericht<br />

eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fehlerkultur<br />

in der Justiz“ statt. Unter der Moderation einer<br />

Journalistin diskutierten Juristen aus Rechtspflege<br />

und Wissenschaft, ob sich beim Umgang der<br />

Gerichte mit eigenen Fehlern etwas ändern muss.<br />

Dass es bisher tatsächlich kein Nachdenken über<br />

eine Fehlerkultur – anders als etwa bei Anwälten –<br />

gibt, gab der Präsident des LG Berlin, HOLGER<br />

MATTHIESEN, bereits in seinem Eingangsstatement<br />

zu. Allerdings, so MATTHIESEN, existiere auch kaum<br />

mehr Fehlerkontrolle als in der Justiz. Zur Begründung<br />

verwies er darauf, dass alle Justizangehörigen<br />

der Dienstaufsicht unterliegen. Dies sei auch dort<br />

gegeben, wo diese an die Grenzen komme, nämlich<br />

an der richterlichen Unabhängigkeit, „throne förmlich<br />

die Überprüfung im Instanzenzug“.<br />

Die Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof<br />

MARGARETE VON GALEN lenkte demgegenüber den<br />

Blick auf die Unterschiede in den Auswirkungen<br />

eines fehlerhaften Verhaltens für Richter und<br />

Anwälte. Während Anwälten die Haftung drohe,<br />

seien Richter durch das Spruchrichterprivileg und<br />

die hohen Anforderungen an den Rechtsbeugungsvorsatz<br />

geschützt. Darin sieht VON GALEN<br />

einen Grund für eine ihrer Ansicht nach fehlende<br />

Fehlerkultur. Die Anhörungsrüge sei regelmäßig<br />

erfolglos und als „totes Recht“ anzusehen. Auch<br />

eine an sich notwendige Offenheit fehle, die sich<br />

etwa in der fehlenden Dokumentation der strafgerichtlichen<br />

Hauptverhandlung zeige. Im Umgang<br />

mit fehlerhaften Haftentscheidungen, die doch für<br />

die Betroffenen in erheblichem Maße einschneidend<br />

seien, fehle eine notwendige Aufarbeitung,<br />

die auch für die betroffenen richterlichen Entscheider<br />

wichtig sei. Insoweit sei Hilfe wie Supervision<br />

wünschenswert, an der es fehle. Dass<br />

Anwälte sich Fehler wünschten, konnte VON GALEN<br />

nicht bestätigen. Der Wunsch der Anwälte gehe<br />

992 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong>

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