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ZAP-2019-19

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Familienrecht Fach 11, Seite 1547<br />

Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrecht<br />

V. Besonderheiten beim Elternunterhalt<br />

Das BVerfG hat in seiner ersten Entscheidung zum Elternunterhalt betont, dass der Gesetzgeber nicht<br />

nur dem Elternunterhalt gegenüber dem Kindesunterhalt nachrangiges Gewicht verliehen (§ 1609<br />

BGB), sondern auch den Umfang der Verpflichtung deutlich gegenüber der Pflicht zur Gewährung von<br />

Kindesunterhalt eingeschränkt hat (§ 1603 Abs. 1 BGB). Die nachrangige Behandlung des Elternunterhalts<br />

entspricht der grundlegend anderen Lebenssituation, in der die Unterhaltspflicht jeweils zum<br />

Tragen kommt. Bei der Pflicht zum Elternunterhalt ist dies meist dann der Fall, wenn die Kinder längst<br />

eigene Familien gegründet haben, sich Unterhaltsansprüchen ihrer eigenen Kinder und Ehegatten<br />

ausgesetzt sehen sowie für sich selbst und für die eigene Altersabsicherung zu sorgen haben. Dazu tritt<br />

nun ein Unterhaltsbedarf eines oder beider Elternteile im Alter hinzu, der mit deren Einkommen,<br />

insbesondere ihrer Rente, vor allem im Pflegefall nicht abgedeckt werden kann. Dem hat der<br />

Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er sichergestellt hat, dass dem Kind ein, seinen Lebensumständen<br />

entsprechender eigener Unterhalt verbleibt (BVerfG NJW 2005, <strong>19</strong>27 = FamRZ 2005, 1051 m.<br />

Anm. KLINKHAMMER FamRZ 2005, 1050).<br />

Die vom Gesetzgeber dem Elternunterhalt zugewiesene, relativ schwache Rechtsposition wird durch<br />

die neuere Entwicklung der Gesetzgebung aus jüngerer Zeit noch untermauert. Mit der schrittweisen<br />

Reduzierung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Einführung der gesetzlich<br />

geförderten privaten Altersvorsorge („Riester-Rente“) hat der Gesetzgeber die Verantwortung jedes<br />

Einzelnen hervorgehoben, für seine Alterssicherung neben der gesetzlichen Rentenversicherung selbst<br />

rechtzeitig und ausreichend vorzusorgen. Dies muss bei der Bestimmung des einem unterhaltspflichtigen<br />

Kind verbleibenden angemessenen Unterhalts Berücksichtigung finden. Insbesondere aber<br />

hat der Gesetzgeber mit der Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und<br />

durch die §§ 41 ff. SGB XII verdeutlicht, dass die Belastung erwachsener Kinder durch die Pflicht zur<br />

Zahlung von Elternunterhalt unter Berücksichtigung ihrer eigenen Lebenssituation in Grenzen gehalten<br />

werden soll. Daraus ergeben sich einige Besonderheiten bei der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung<br />

von Abzugspositionen.<br />

1. Zusätzliche Altersvorsorge<br />

Auch beim Elternunterhalt kann der Unterhaltspflichtige tatsächliche Aufwendungen für seine zusätzliche<br />

Altersversorgung i.H.v. 5 % seines Jahresbruttoeinkommens geltend machen (s.o.).<br />

2. Bildung allgemeiner Rücklagen<br />

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, in welcher Weise die Bildung von Rücklagen durch den<br />

Unterhaltspflichtigen akzeptiert werden kann. Beim Unterhalt gegenüber Kindern und Ehegatten gilt<br />

der Grundsatz, dass Zahlungen zur Vermögensbildung nicht abgezogen werden können. Dies kann<br />

aber beim Elternunterhalt nicht so pauschal gelten. Denn auch der Unterhaltspflichtige ist berechtigt,<br />

im Rahmen einer ordentlichen Wirtschaft Rücklagen z.B. für Hausinstandsetzungen und Reparaturen<br />

(BGH, Urt. v. 20.10.<strong>19</strong>99 – XII ZR 297/97, LM BGB § 1361 Nr. 70), für entsprechende Aufwendungen<br />

seines Gewerbebetriebs (KALTHOENER/BÜTTNER/NIEPMANN, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts,<br />

9. Aufl. 2005, Rn 94) Kosten der Ersatzbeschaffung eines Pkw oder von Hausrat, Versicherungsprämien<br />

oder für den Familienurlaub zu bilden (OLG Oldenburg, Urt. v. 12.3.<strong>19</strong>91 – 12 UF 141/<br />

90, FamRZ <strong>19</strong>91, 1347; LG Münster, Urt. v. 7.5.<strong>19</strong>93 – 10 S 65/92, FamRZ <strong>19</strong>94, 843 ff.; LG Kiel, Urt. v.<br />

15.11.<strong>19</strong>95 – 5 S 42/95, FamRZ <strong>19</strong>96, 753).<br />

Zudem kann auch der Gesichtspunkt der Bedarfssteigerung im Alter nicht unbeachtet bleiben. Auch der<br />

Unterhaltspflichtige kann zum Pflegefall werden und hat daher Anlass genug, höhere Rücklagen für<br />

seine eigene Alterssicherung zu bilden, um später nicht seine eigenen Kinder in Anspruch nehmen zu<br />

müssen. Dabei muss nicht nur eine „Notpflege“ sichergestellt werden, sondern es muss Vorsorge<br />

getroffen werden für eine angemessene Pflege, die dem bisherigen Lebensstandard entspricht. Ist der<br />

Unterhaltspflichtige verheiratet, so sind entsprechende Vorkehrungen auch für den Ehegatten<br />

anzuerkennen.<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong> 1015

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