ZAP-2019-19
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Fach 11, Seite 1546<br />
Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrecht<br />
Familienrecht<br />
Prinzipiell sollte sichergestellt sein, dass wenigstens der Unterhalt in Höhe des Regelbetrags (der<br />
untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle) gewährleistet ist. Ausnahmen können folglich allenfalls<br />
dann gelten, wenn der Unterhaltspflichtige andernfalls nicht einmal die regelmäßige Zinsbelastung<br />
abdecken, jedenfalls aber nicht seine Schuldverpflichtungen tilgen könnte. Denn dann würde die<br />
Nichtberücksichtigung der Schulden zu einer ständig weiter wachsenden Verschuldung des Unterhaltspflichtigen<br />
führen.<br />
Praxistipp:<br />
Zu beachten ist aber die unterhaltsrechtliche Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen, sich um die Reduzierung<br />
der monatlichen Raten aktiv zu bemühen (STAUDINGER/VOPPEL (2018) BGB § 1361, Rn 109 m.w.N.; VIEFHUES in:<br />
jurisPK-BGB § 1603 BGB, 1. Überarbeitung 2018, Rn 230).<br />
Hierzu muss er konkret vortragen (BGH, Beschl. v. <strong>19</strong>.3.2014 – XII ZB 367/12, FamRZ 2014, 923; OLG Koblenz,<br />
Beschl. v. 24.2.2016 – 13 UF 795/15, FuR 2016, 539). Allerdings ist zur Herabsetzung der Darlehensraten das<br />
Einverständnis des Kreditgebers erforderlich. Der Unterhaltspflichtige, der sich auf die unterhaltsrechtliche<br />
Berücksichtigung von Schuldenbelastungen beruft, muss sich um die Herabsetzung der monatlichen Raten<br />
beim Kreditgeber aktiv bemühen, um im Unterhaltsrechtsstreit eine Herabsetzung der Monatsraten zu<br />
erreichen. Die Vorlage einer lediglich allgemeinen Äußerung der Bank genügt nicht (OLG Brandenburg,<br />
Beschl. v. 9.1.2018 – 10 UF 104/16, FuR 2018, 363).<br />
Im Zweifel sollte der Unterhaltspflichtige, der sich auf Darlehensbelastungen beruft, vorsorglich bei seiner<br />
Bank vorsprechen und ggf. eine Bescheinigung der Bank vorlegen, aus der sich ergibt, dass und ggf. aus<br />
welchen sachlich nachvollziehbaren Gründen die Bank eine Herabsetzung der monatlichen Raten ablehnt.<br />
Eine Herabsetzung scheidet in aller Regel aus, wenn die regelmäßigen Ratenzahlungen ohnehin fast nur<br />
die Zinsen abdecken (vgl. BGH, Beschl. v. 22.5.<strong>20<strong>19</strong></strong> – XII ZB 613/16; BGH, Urt. 30.1.2013 – XII ZR 158/10,<br />
FamRZ 2013, 616 Rn <strong>19</strong> f. m.w.N.; BGH, Urt. v. 11.12.<strong>19</strong>85 – IVb ZR 80/84, FamRZ <strong>19</strong>86, 254, 256).<br />
Für die Berücksichtigungsfähigkeit der Schulden ist der Unterhaltspflichtige darlegungs- und beweispflichtig<br />
(BGH FamRZ <strong>19</strong>90, 283, 287). Daher hat er gegenüber einem Anspruch des minderjährigen<br />
Kindes auf Mindestunterhalt darzulegen und ggf. zu beweisen, dass es ihm nicht gelungen ist,<br />
durch Verhandlungen mit den Gläubigern eine Herabsetzung der Darlehensbelastungen zu erreichen<br />
(OLG Schleswig, Beschl. v. 10.12.2004 – 10 UF 251/04, FamRZ 2005,1109 ff.; OLG Frankfurt<br />
FamRZ 2005, 803).<br />
3. Verbraucherinsolvenz<br />
Die monatliche Schuldenbelastung kann möglicherweise durch Einleitung der Verbraucherinsolvenz<br />
mit der späteren Restschuldbefreiung verringert werden. Bereits die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens<br />
kann sich erheblich auf die Leistungsfähigkeit des Schuldners auswirken und damit zu<br />
einer Besserstellung der Unterhaltsgläubiger im Mangelfall führen. Denn damit wird dem Unterhaltsberechtigten<br />
ermöglicht, für den laufenden Unterhalt auf den Differenzbetrag zwischen den<br />
Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und dem einem Schuldner zu belassenden Unterhalt i.S.v. § 850d<br />
Abs. 1 S. 2 ZPO zuzugreifen.<br />
Die Rechtsprechung bejaht im Fall gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB eine<br />
unterhaltsrechtliche Obliegenheit zur Verbraucherinsolvenz (BGH, Beschl. v. 22.5.<strong>20<strong>19</strong></strong> – XII ZB 613/16,<br />
FamRZ <strong>20<strong>19</strong></strong>, 1415; BGH BGHZ 162, 234 = FamRZ 2005, 608, 610 f.; BGH BGHZ 175, 67 = FamRZ 2008, 497<br />
Rn 10 ff., 18 ff.). Dies gilt nicht, wenn der Unterhaltsschuldner Umstände vorträgt und ggf. beweist,<br />
die diese Obliegenheit im Einzelfall unzumutbar machen (BGH FamRZ 2005, 608; OLG Stuttgart,<br />
Urt. v. 24.4.2003 – 16 UF 268/02, FamRZ 2003, 1216).<br />
1014 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong>