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ZAP-2019-19

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Strafrecht Fach 22 R, Seite 1137<br />

Rechtsprechungsübersicht 2018/<strong>20<strong>19</strong></strong><br />

ausgegangen. Er hat aber die Voraussetzungen für die Annahme eines schweren Parteiverrats i.S.d.<br />

§ 356 Abs. 2 StGB verneint. Denn dafür komme es darauf an, ob der Rechtsanwalt bei Begehung des<br />

Parteiverrats im Einverständnis mit der Gegenpartei zum Nachteil seiner Partei gehandelt habe. Schon<br />

nach dem Wortlaut des § 356 Abs. 2 StGB qualifiziere nicht jedes Handeln des Anwalts zum Nachteil<br />

seiner Partei den Verrat zum Verbrechen. Hinzutreten müsse vielmehr das Einverständnis der<br />

Gegenpartei in sein schädigendes Handeln. Hierfür sei ein gemeinsames Schädigungsbewusstsein von<br />

Anwalt und Gegenpartei erforderlich. Als Teilelement des gemeinsamen Bewusstseins um die<br />

Schädigung der Partei müsse das Einverständnis der Gegenpartei bereits zu dem Zeitpunkt vorliegen,<br />

zu dem der Anwalt pflichtwidrig diene. Erforderlich sei, dass die Tathandlung als solche vom<br />

Einverständnis der Gegenpartei getragen werde. Und das hat der BGH aufgrund der Umstände des<br />

Einzelfalls verneint.<br />

Hinweis:<br />

Die Entscheidung liegt auf der Linie der Rechtsprechung des BGH aus früheren Jahren (vgl. BGH NStZ <strong>19</strong>81,<br />

479, 480; BGHSt 45, 148, 156). Für den betroffenen Rechtsanwalt ist die Einordnung und damit die Höhe<br />

der Strafe im Hinblick auf berufsrechtliche und sonstige Folgen von erheblicher Bedeutung.<br />

IV. Verkehrsstrafrecht<br />

Breiten Raum hat im Berichtszeitraum wieder die Rechtsprechung der Obergerichte zu den auch die<br />

Praxis beherrschenden Verkehrsstraftaten eingenommen.<br />

1. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)<br />

a) Öffentlicher Verkehrsbereich<br />

Im Verkehrsstrafrecht spielt insbesondere auch beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort die Frage<br />

eine Rolle, ob der Unfallort zum öffentlichen Verkehrsbereich zählt(e) und damit der Tatbestand des<br />

§ 142 StGB überhaupt vorliegen konnte. Mit der Frage hat sich dann auch noch einmal das OLG<br />

Oldenburg befasst (OLG Oldenburg, Beschl. v. 4.6.2018 – 1 Ss 83/18, zfs 2018, 532 = VRR 10/2018, 12 =<br />

StRR 12/2018, 23).<br />

Das AG hatte folgende Feststellungen getroffen: Die Angeklagte war am Tattag trotz des deutlich<br />

sichtbaren Schildes „Ausfahrt“ mit ihrem Pkw versehentlich von der falschen Seite in die Waschanlage<br />

einer Tankstelle eingefahren, da sie die Waschanlage von früheren Besuchen her kannte und sich die<br />

Einfahrt etwa ein Jahr zuvor noch auf der anderen Seite der Waschanlage befunden hatte. Bei der<br />

Einfahrt stieß die Angeklagte mit ihrem Pkw so heftig gegen das Portal der Waschanlage, dass dieses<br />

wackelte und die neben der Waschanlage stehende Filialleiterin der Tankstelle alarmiert wurde. Eine<br />

Zeugin, die den Vorfall beobachtet hatte, ging daraufhin in die Waschanlage und sprach die Angeklagte<br />

auf ihren Irrtum an. Die Angeklagte stieg aus ihrem Fahrzeug und erklärte, dass sie schon immer von<br />

dieser Seite in die Waschanlage fahre und nun ihr Auto waschen möchte. Anschließend stieg die<br />

Angeklagte wieder in ihr Fahrzeug und versuchte, rückwärts aus der Waschanlage zu fahren. Dabei<br />

stieß sie nochmals gegen das Portal der Waschanlage, stieg erneut aus und sah sich um. Die Angeklagte<br />

stieg danach wieder in ihren Pkw und setzte weiter zurück, wobei sie zum dritten Mal gegen das Portal<br />

der Waschanlage stieß. An der Waschanlage, deren Betrieb aufgrund des Schadens zunächst für<br />

mehrere Tage eingestellt werden musste, entstand ein Sachschaden i.H.v. etwa 1.600 €. Die Angeklagte<br />

war davon gefahren, ohne jegliche Angaben zu ihrer Person zu machen.<br />

Das OLG Oldenburg (a.a.O.) hat die Voraussetzungen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem.<br />

§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB bejaht. Die Feststellungen des AG belegten nach seiner Auffassung das Vorliegen<br />

eines Unfalls im Straßenverkehr. Zum öffentlichen Straßenverkehr i.S.v. § 142 StGB gehören nämlich<br />

außer den öffentlichen Straßen alle Verkehrsflächen, auf denen aufgrund ausdrücklicher oder<br />

stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten die Benutzung durch jedermann tatsächlich<br />

zugelassen ist. Erfasst seien damit auch private Zufahrtswege, wenn sie einem unbestimmten<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong> 1023

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