10.10.2019 Aufrufe

ZAP-2019-19

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Fach 11, Seite 1544<br />

Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrecht<br />

Familienrecht<br />

Praxistipp:<br />

Die in der Praxis oft höchst umstrittene Frage, wofür das Geld aus dem Kredit aufgenommen worden ist,<br />

ist für die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Ratenbelastungen irrelevant.<br />

Bei der Berücksichtigung der Schulden im Rahmen des Ehegattenunterhalts ist nach Zeitabschnitten<br />

zu unterscheiden (s. hierzu VIEFHUES, „Von der Trennung bis zur Scheidung“, 1.Aufl. 2018, Deutscher<br />

Anwaltverlag).<br />

a) Schulden aus der Zeit des Zusammenlebens<br />

Während der Ehe haben die Ehepartner bestimmte finanzielle Dispositionen getroffen, von denen sich<br />

allein durch die Trennung und Scheidung keiner der beiden – ehemaligen – Partner einseitig lösen kann.<br />

Hat man also während der Ehe z.B. über die finanziellen Verhältnisse gelebt und seinen Lebensstandard<br />

teilweise über Kredite finanziert, so können diese Belastungen nun nach der Trennung nicht einem<br />

Ehegatten allein angelastet werden.<br />

Daher sind Ratenverpflichtungen, die während der Ehe aufgenommen worden sind, grds. in voller Höhe<br />

– also mit Zins- und Tilgungsanteil – bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts abzuziehen. Diese<br />

regelmäßigen Belastungen beeinflussen bereits den Bedarf beider Ehegatten, denn sie haben schon die<br />

ehelichen Lebensverhältnisse geprägt. Dabei ist unerheblich, welcher Ehegatte die Kreditverbindlichkeiten<br />

eingegangen und wofür das Geld ausgegeben worden ist. Irrelevant ist auch, wer die mit dem<br />

Darlehen angeschafften Vermögensgegenstände (z.B. Möbel, Auto) nach der Trennung erhalten hat<br />

(BGH FamRZ <strong>19</strong>96, 162). Für die Berücksichtigungsfähigkeit der Schulden ist der Ehegatte darlegungsund<br />

beweispflichtig, der sich auf die Ratenbelastungen beruft (BGH FamRZ <strong>19</strong>90, 283, 287).<br />

Praxistipp:<br />

Bei Darlehen, die nach dem Vortrag eines Ehegatten von einem Verwandten aufgenommen worden<br />

sind, hegen die Gerichte allerdings meist eine große Zurückhaltung, diese im Unterhalt zu berücksichtigen.<br />

Teilweise wird bereits bezweifelt, ob das Darlehen überhaupt geflossen ist, teilweise wird<br />

die Abzugsfähigkeit generell verneint, teilweise wird die Möglichkeit unterstellt, die monatlichen Raten<br />

hier einseitig zugunsten der Unterhaltslasten deutlich reduzieren zu können. Je vager die Angaben zum<br />

Darlehenszweck, zum Zeitpunkt und zur Auszahlung sind, desto geringer ist die Chance, dass ein Gericht<br />

selbst nach einer Zeugenvernehmung derartigen Behauptungen Glauben schenkt. Dies gilt speziell<br />

dann, wenn die Verwendung des Geldes nicht nachvollziehbar ist. Besondere Zweifel erweckt der<br />

Sachvortrag, wenn ein größeres Darlehen unter Verwandten in bar gegeben worden sein soll.<br />

b) Nach der Trennung aufgenommene Schulden<br />

Kreditbelastungen, die erst nach der Trennung aufgenommen worden sind, können dagegen in aller<br />

Regel nur sehr eingeschränkt in Abzug gebracht werden, da der Unterhaltspflichtige über seine<br />

finanzielle Situation Bescheid weiß und seine Unterhaltsverpflichtungen kennt.<br />

Praxistipp:<br />

Bei Schuldverbindlichkeiten, die nach der Trennung aufgenommen werden, um Hausratsgegenstände<br />

anzuschaffen, besteht Spielraum für eine geschickte anwaltliche Argumentation. Die Gerichtspraxis<br />

ist hier uneinheitlich. Einige Gerichte lehnen die Abzugsfähigkeit generell ab und verweisen auf die<br />

Möglichkeit, eine Zuteilung im Verfahren über die Verteilung der Haushaltsgegenstände zu erreichen.<br />

Andere Gerichte erkennen nachträgliche Schuldbelastungen hier an, wenn die Kreditaufnahme wirklich<br />

unvermeidlich war und dringend notwendige Gegenstände angeschafft worden sind. Dies ist z.B. der Fall,<br />

wenn der Unterhaltspflichtige notwendige Aufwendungen für seine neue Wohnung tätigt. So können<br />

Kosten für die Kaution, die Renovierung der neuen Wohnung ebenso anfallen wie für die Anschaffung von<br />

Gegenständen, die nicht über das Verteilungsverfahren beschafft werden können (Gardinen, Teppichbö-<br />

1012 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!