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ZAP-2019-19

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Anwaltsrecht/Anwaltsbüro Fach 23, Seite 1183<br />

Virtuelle Kanzlei und Zweigstelle<br />

verlorenem Gerichtsurteil nunmehr als „Beratungsbüros“ seiner Kanzlei öffentlich weiter und führt<br />

damit die wettbewerbswidrig bestätigte Bezeichnung als „Kanzleistandort“ bzw. „Zweigstelle“ durch<br />

die Verwendung eines sich im Gesetz nicht wiederfindenden Begriffs fort. Auch andere Kanzleien<br />

nutzen mitunter lapidar das Wort „Büro“ für derartige angemietete Geschäftsadressen in Bürodienstleistungszentren<br />

auf ihren Websites und Kanzleibriefbögen.<br />

Damit suggerieren diese Rechtsanwälte ggü. Rechtssuchenden weiterhin eine örtliche Nähe zum<br />

Mandanten, die in einer Vielzahl der Fälle tatsächlich aber gerade nicht besteht. Die Anschriften<br />

werden in einen Begriff umtituliert, den es in der BRAO und der BORA gar nicht gibt: § 27 BRAO kennt<br />

den Begriff der „Beratungsbüros“ oder „Büros“ nicht.<br />

Nicht jedem Verbraucher dürfte nach der Verkehrsauffassung der Unterschied sofort klar sein.<br />

Insbesondere wird weiterhin eine örtliche Nähe vorgetäuscht, die tatsächlich gar nicht besteht.<br />

Darf der Rechtsanwalt über § 27 BRAO hinaus noch weitere Kanzleiräumlichkeiten schaffen, die weder<br />

Kanzlei (§ 27 Abs. 1 BRAO), noch Zweigstelle (§ 27 Abs. 2 BRAO) oder eine „weitere Kanzlei“ (§ 27 Abs. 2<br />

BRAO) darstellen? Die Frage muss mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden, weil § 27 BRAO<br />

abschließend die Zulässigkeiten von Kanzleiräumlichkeiten klärt.<br />

Hinweis:<br />

§ 27 BRAO ist eindeutig: Es gibt nur Hauptkanzlei, Zweigkanzlei und weitere Kanzlei.<br />

Jede weitere Wortschöpfung einer derartigen Dependance muss also unter eine dieser drei Begrifflichkeiten<br />

subsumierbar sein.<br />

Alleinige „Beratungsbüros“ in Bürodienstleistungszentren, die bei Bedarf gegen Stundenmietzins<br />

angemietet werden können, erfüllen keine dieser drei Voraussetzungen. Die Räumlichkeit muss<br />

dauerhaft zur Verfügung stehen und nicht erst, in dem die Kanzlei einen Besprechungsraum auf<br />

Stundenbasis dazu mietet.<br />

Zumal mit einer solchen werbenden Terminologie weiterhin eine Täuschung einhergeht. Der Rechtssuchende<br />

wird regelmäßig davon ausgehen, dass eine der in § 27 BRAO genannten Kanzleien an der<br />

betreffenden Anschrift von dem Rechtsanwalt geführt würde.<br />

IV. Ausblick<br />

Wenn „findige“ Anwälte auf die Idee kommen, die Möglichkeiten von Bürodienstleistungszentren für<br />

sich zu nutzen, indem sie Postanschriften in anderen Städten anmieten und sich dort eingehende Post in<br />

ihre Kanzlei nachschicken lassen, täuschen sie nach außen eine Größe vor, die sie tatsächlich gar nicht<br />

haben und führen damit in die Irre (§ 27 Abs. 2 BRAO; § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Das Gleiche gilt, wenn sie<br />

solche Postanschriften werbend als „Büro“ oder „Beratungsbüro“ titulieren.<br />

Post, die an eine solche Anschrift geschickt wird, erreicht den Rechtsanwalt tatsächlich erst mit einigen<br />

Tagen Verspätung. Bei Zustellungen ist infolge der notwendigen Nachsendung mit Verzögerungen<br />

zu rechnen, die ebenfalls eine geordnete und effektive Rechtspflege behindern (Anwaltsgerichtshof<br />

Dresden, a.a.O., BRAK-Mitteilungen 2005, 31, 34).<br />

Und was nutzt es dem Rechtssuchenden zu glauben, der Rechtsanwalt sei physisch an dem Ort<br />

präsent und würde dort Besprechungen mit ihm durchführen, wenn tatsächlich eine persönliche<br />

Besprechung in der Räumlichkeit mit einer weiten Entfernung für den Rechtsanwalt verbunden wäre?<br />

Schlussendlich finden Besprechungen sodann mit dem Rechtssuchenden nur mithilfe von Telekommunikationsmitteln<br />

statt oder würden durch lange Anreisen des Rechtsanwalts (soweit dieser<br />

überhaupt bereit ist, tatsächlich die Besprechungsräume für eine Unterredung gegen zusätzliches<br />

<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong> 1041

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