ZAP-2019-19
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Fach 22 R, Seite 1138<br />
Rechtsprechungsübersicht 2018/<strong>20<strong>19</strong></strong><br />
Strafrecht<br />
Personenkreis zur Nutzung offenstehen. Dazu zählen etwa die Zu- und Ausfahrten eines Tankstellengeländes<br />
sowie der Tanksäulenbereich selbst (vgl. FISCHER, § 142 Rn 8). Das Merkmal der<br />
Öffentlichkeit entfalle nur dann, wenn entweder bereits durch die eindeutig ersichtliche Gestaltung der<br />
Anlage oder durch eine Einzelkontrolle jedem Nichtberechtigten der Zugang von vornherein unmöglich<br />
gemacht wird, oder wenn, falls solche Vorkehrungen nicht getroffen sind, nur solchen Benutzern der<br />
Zugang gewährt werden soll, die in einer näheren persönlichen Beziehung zu dem Verfügungsberechtigten<br />
stehen (vgl. BayObLG VRS 58, 216). Stehe – wie hier – die Benutzung der mit einer<br />
Tankstelle verbundenen automatischen Autowaschanlage jedermann frei, sofern er nur das Entgelt<br />
hierfür entrichte, gehöre der vom Kunden zu befahrene Bereich der Autowaschanlage zum Verkehrsgrund<br />
i.S.d. Straßenverkehrsrechts (vgl. BayObLG, a.a.O.). Dies gelte nicht nur für die Zu- und Ausfahrt,<br />
sondern auch (insoweit vom BayObLG offengelassen) für den Bereich der eigentlichen Waschanlage.<br />
Maßgeblich könne insoweit nur sein, ob das Fahrzeug noch aus eigener Kraft und nicht lediglich mit den<br />
zur Anlage gehörenden Vorrichtungen bewegt wird (vgl. LG Kleve, Urt. v. 23.12.2016 – 5 S 146/15). Soweit<br />
das AG Erfurt in einer Entscheidung vom 6.5.2015 (982 Js 14417/13 47 Cs) die Auffassung vertreten hat, die<br />
Bewegung des Fahrzeugs habe bei Einfahrt in die Waschanlage nicht mehr und bei der Ausfahrt aus<br />
dieser noch nicht die verkehrstypische Qualität der Teilnahme am Straßenverkehr erreicht, ist das OLG<br />
dem nicht gefolgt. Anders als bei der Einfahrt eines Pkw in die Werkhalle eines Reparaturbetriebs, die<br />
regelmäßig nur aufgrund der Aufforderung durch den Betriebsinhaber erfolge und deshalb eben nur<br />
Personen gestattet sei, die in einer persönlichen Beziehung zu Verfügungsberechtigten stehen, habe die<br />
Portalwaschanlage der Tankstelle grundsätzlich jedem zur Benutzung offen gestanden. Ob eine<br />
abweichende Beurteilung für den Fall geboten sei, dass sich ein Unfall während des Betriebs der<br />
Waschanlage und des eigentlichen Waschvorganges ereigne, könne dahinstehen.<br />
Hinweis:<br />
Die Entscheidung ist hinsichtlich des Merkmals „öffentlicher Straßenverkehr“ zutreffend (vgl. dazu auch<br />
Burhoff in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2018, Rn 3562 ff. m.w.N.).<br />
Für ein durch ein massives Eisengitter gesicherte Betriebsgelände einer Spedition ist die Eigenschaft:<br />
„öffentlicher Verkehrsraum“ zu verneinen, auch wenn das Gelände tagsüber nicht durch Schranken<br />
oder Tore begrenzt ist (AG Nürtingen, Urt. v. 29.10.2018 – 11 Cs 71 Js 20096/18, VRR 12/2018, 2 [Ls.]<br />
= VA <strong>20<strong>19</strong></strong>, 48).<br />
b) Feststellungspflicht<br />
Das AG Tiergarten hat sich mit der Frage befasst, inwieweit der Mieter eines Kraftfahrzeugs gegenüber<br />
dem Vermieter der sich aus § 142 StGB ergebenden Feststellungspflicht unterliegt (vgl. Beschl.<br />
v. 21.3.2018 – 297 Gs 47/18, zfs 2018, 587 = NStZ-RR 2018, 224). Besonderheit des Falls war, dass es sich<br />
um ein „Carsharing“-Fahrzeug gehandelt hat. Das AG hat die Feststellungspflicht bejaht. Teilweise wird<br />
in der Literatur zwar die Auffassung vertreten, in Fällen des berechtigten Führens eines im fremden<br />
Eigentum stehenden Fahrzeugs reiche ein Schaden an diesem Fahrzeug für eine Strafbarkeit nach § 142<br />
StGB und eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht aus (FISCHER, § 69 Rn 27)<br />
und dies solle auch bei einem gemieteten Fahrzeug gelten (Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht/SCHWERDTFEGER,<br />
StGB, § 142 Rn 28). Nach Auffassung des AG könne der Auffassung in<br />
den Fällen der klassischen Autovermietung zuzustimmen sein, in denen der Vermieter das Fahrzeug<br />
mangelfrei an den Mieter übergibt und bei jeder Rückgabe kontrolliert, ob das Fahrzeug mangelfrei<br />
zurückgegeben wird. Die Fälle des „Carsharing“ würden sich davon jedoch in dem entscheidendem<br />
Punkt unterscheiden, dass hier gerade keine Kontrolle des Zustands des Fahrzeugs bei dessen<br />
Rückgabe stattfinde, denn das Fahrzeug werde nach Ende der Nutzung durch den Mieter irgendwo<br />
stehengelassen und dort irgendwann von einem späteren Mieter übernommen, ohne dass irgendwelche<br />
Zustandskontrollen durch den Vermieter stattfinden. In derartigen Fällen sei die Zuordnung<br />
eines (irgendwann) festgestellten Schadens zu einem bestimmten Mieter dem Vermieter nicht oder nur<br />
mit großen Schwierigkeiten möglich. Aus diesem Grund erstreckt sich der Schutzbereich des § 142 StGB<br />
jedenfalls in Fällen des „Carsharing“ auch auf den Vermieter des Fahrzeugs.<br />
1024 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong>