ZAP-2019-19
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Familienrecht Fach 11, Seite 1543<br />
Leistungsfähigkeit im Unterhaltsrecht<br />
Bei diesem Lösungsansatz wirken sich damit allerdings erhöhte Umgangskosten bei einem umgangsberechtigten<br />
Elternteil dann nicht aus, wenn dieser über ausreichend hohe Einkünfte verfügt, dessen<br />
Selbstbehalt also gar nicht berührt wird. Folglich muss er damit auch diese erhöhten Kosten in vollem<br />
Umfang selbst tragen.<br />
Da es nur um die Erhöhung des Ehegatten-Selbstbehalts geht, bleibt zudem davon der Kindesunterhaltsanspruch<br />
unberührt. Der Basis-Unterhalt des Kindes ist damit vorrangig gedeckt.<br />
Wird das vorhandene Einkommen für den Basisunterhalt des Kindes und die Umgangskosten sowie den<br />
Selbstbehalt des umgangsberechtigten Elternteils verbraucht, geht der andere Ehegatte leer aus.<br />
Praxistipp:<br />
• Unabhängig davon, auf welche Weise im Unterhaltsrechtsstreit die Kosten des Umgangsrechts<br />
Berücksichtigung finden werden, verlangt diese Rechtsprechung vom beratenden Anwalt<br />
ausreichenden substantiierten Sachvortrag zur den im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht<br />
anfallenden Aufwendungen und Kosten hinsichtlich deren Notwendigkeit und Höhe, die dann<br />
das Gericht ggf. gem. § 287 ZPO schätzen kann.<br />
• Die Darlegungs- und Beweislast für die anfallenden Kosten trifft den Unterhaltsverpflichteten.<br />
• Die – verfassungsrechtlich geschützte – Ausübung des Umgangsrechts löst nicht nur Kosten<br />
aus, sondern hat auch eine zeitliche Dimension. Übersteigt der Aufwand für die Umgangskontakte<br />
insbesondere wegen langer Fahrtzeiten das normale zeitliche Maß, kann dies für die Zumutbarkeit<br />
von Überstunden oder Nebentätigkeiten von Bedeutung sein (OLG Nürnberg, Urt. v. 24.6.2004 – 7UF<br />
441/04, FamRZ 2005, 1502).<br />
• Auch kann die Zumutbarkeit einer Arbeitssuche im weiteren örtlichen Abstand vom Wohnort des Kindes<br />
eingeschränkt sein, wenn dadurch die Umgangskontakte zum Kind nachhaltig eingeschränkt werden<br />
oder mit zusätzlichen Mehrkosten verbunden sind (BVerfG, Beschl. v. 29.12.2005 – 1 BvR 2076/03,<br />
NJW 2006, 2317; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 14. 12. 2006 – 1 BvR 2236/06).<br />
IV. Schuldverbindlichkeiten<br />
Bei der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Schulden des Unterhaltspflichtigen ist zwischen<br />
dem Ehegattenunterhalt und dem Unterhalt minderjähriger Kinder zu unterscheiden.<br />
Praxistipp:<br />
Maßgeblich ist dabei die Höhe der monatlichen Ratenbelastungen, nicht die Höhe des aufgenommenen<br />
Kredits oder der Restschuld.<br />
1. Grundregeln bei ehelichen Schulden<br />
Außerhalb der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB kommt Ansprüchen Unterhaltsberechtigter<br />
kein allgemeiner Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten (Ratenbelastungen für Schulden)<br />
des Unterhaltspflichtigen zu. Andererseits dürfen diese Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht<br />
auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es eines Ausgleichs der Belange von<br />
Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger. Ob eine Verbindlichkeit im Einzelfall zu<br />
berücksichtigen ist, kann danach nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem<br />
Ermessen entschieden werden. Insoweit sind insbesondere der Zweck der Verbindlichkeiten, der<br />
Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis<br />
des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten von<br />
Bedeutung, die Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise wiederherzustellen (BGH, Beschl. v. 22.5.<strong>20<strong>19</strong></strong> –<br />
XII ZB 613/16, FamRZ <strong>20<strong>19</strong></strong>, 1415; BGH, Beschl. v. 9.11.2016 – XII ZB 227/15, FamRZ 2017, 109; BGH, Beschl.<br />
v. 10.7.2013 – XII ZB 297/12, FamRZ 2013, 1558 Rn <strong>19</strong> m.w.N.).<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>19</strong> 10.10.<strong>20<strong>19</strong></strong> 1011