UNDERDOG #64
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt
Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
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gesellschaftlichen Orten in
„Schlüsselpositionen“ gebracht werden,
wo Menschen zusammenkommen, sich
engagieren, ihre Freizeit verbringen und
ganz nebenbei Meinungsbildung
stattfindet, um in einen weiteren Schritt
die Zivilgesellschaft zu radikalisieren und
für ihre ideologischen Zwecke zu
instrumentalisieren.
Beobachtet mensch die Anti-Corona-
Demos, ist der Schulterschluss zwischen
der extremen Rechten und
Zivilgesellschaft erfolgreich gelungen.
Ausgerufene Mottos wie „Tag der
Freiheit“, „Sturm auf Berlin“ stammen
aus der NS-Zeit.
Unter den Teilnehmer*innen mischen
sich neben Impfgegner*innen auch
Anhänger*innen der Friedensbewegung,
Esoteriker*innen, Qanon-Community,
Reichsbürger*innen, die Identitäre
Bewegung, der Partei „Der III. Weg“,
sowie Rechtsaußen-Mitglieder der AfD
und der NPD...und Polizeibeamte.
Moment mal: Staatsbeamte als
Staatsleugner*innen? Ist das nicht ein
Widerspruch?
Eine Umfrage der Frankfurter
Rundschau aus dem Jahre 2019 5 ergab,
dass zahlreiche Bundesländer
Disziplinarverfahren
gegen
„Extremist*innen“ führ(t)en und
Reichsbürger*innen aus dem
Beamtenverhältnis entfern(t)en oder
andere Maßnahmen ergriffen, um sie zu
sanktionieren. Am stärksten ist der
Freistaat Bayern mit solchen Problemen
konfrontiert. Danach gab es allein unter
den Polizist*innen bundesweit rund zwei
Dutzend Fälle, in denen sich ein*e
Reichsbürger*in-Verdacht bestätigt.
In der sächsischen Polizei wurden in den
vergangenen sechs Jahren gegen zwei
Polizeibeamte Disziplinarverfahren
wegen des Verdachts der Zugehörigkeit
zur sogenannten Reichsbürgerbewegung
geführt. Es gab aber keine Entlassungen
aus dem Dienst und keinem der
Betroffenen wurde der Beamtenstatus
entzogen.
In Rheinland-Pfalz wurde bereits 2014
ein Polizeibeamter aus dem Dienst
entfernt, was das Verwaltungsgericht
Trier bestätigte. Gegen drei weitere
Beamte liefen Ermittlungen oder
Verfahren. In einem dieser Fälle sei zwar
ein Dienstvergehen festgestellt, aber das
Verfahren „wegen erheblich
verminderter Schuldfähigkeit eingestellt“
worden.
Niedersachsen meldete drei Fälle, bei
denen Disziplinarverfahren 2017 oder
2018 eingeleitet wurden. Bei einer
Polizistin laufe die Klage, um sie aus dem
Beamtenverhältnis zu entfernen. Bei
einer anderen Polizistin sei ein
Dienstvergehen festgestellt worden. Der
dritte Fall sei noch anhängig.
Eigene Staatsgewalt
Zwischen April 2012 und Juni 2013
formten Reichsbürger*innen sogar ihre
eigene Staatsgewalt: das Deutsche
Polizei Hilfswerk (DPHW). Die
reichsideologische Vereinigung machte
mit Gewalt und Selbstjustiz immer
wieder auf sich aufmerksam 6 .
5
https://www.fr.de/politik/reichsbuerger-reihen-polizeidisziplinarverfahren-gegen-extremistenstaatsdienst-13166960.html
6
https://www.belltower.news/selbstjustiz-im-blaumanndie-reichsbuerger-sind-wieder-unterwegs-35684/
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