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UNDERDOG #64

Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.

Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt
Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.

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welche ‚Szene‘ gemeint ist, kann das aber aus dem

Zusammenhang erklären und erkennen, dass es

sich hier um die sogenannte Skinhead-Szene

handelt. Diese wird ebenfalls immer wieder

bewertet und verallgemeinert, was besonders im

stark verkürzen Mexiko-‘Szene‘bericht

offensichtlich wird. Hier bekommen sogenannte

„Szenegänger*innen“ bestimmte

Charaktereigenschaften zugeschrieben („Die

Punks sind so und so“) und werden als eine ganz

spezielle Gruppe (Punkrock, Anarcho-,

Straßenpunk) stigmatisiert.

Gesamteindruck: Diese Widersprüche sollen nicht

darüber hinwegtäuschen, dass ‚de Wessi‘ ein sehr

erfrischendes Debüt produziert hat, mit tollen

Ideen und Ansätzen, die ich lange in keinem Zine

gelesen habe. So gibt es drei sehr gut geführte

Kurzbiographien über ‚Ugly‘ (SKINTONIC-Fanzine),

Mosh (Knock Out Records) und Olaf (STAGE

BOTTLES), die den way of life und die Skinkultur

reflektiert und spannend widerspiegeln.

Insbesondere Olaf ist da sehr strukturiert,

selbstkritisch und serviert tiefgründige Einblicke in

die SHARP-Sektionsarbeit Frankfurt bzw. die

Auseinandersetzungen mit Boneheads auch im

Fußballbereich.

Des Weiteren ist der „Fotoreisebericht Prag“ zwar

sehr kurz und bündig erzählt, besitzt aber in

dieser Form eine unterhaltsame Art, Erlebtes

wiederzugeben.

Auch das RED LONDON-Interview ist gut geführt.

Hier zeigt sich auch wiederholt der immer noch

vorhandene Enthusiasmus des Herausgebers, OI-

Musik und antifaschistische Attitüde zu

verknüpfen und weltweit zu entdecken. Denn auch

wenn ‚de Wessi‘ darauf verzichten möchte, lässt

sich doch diese antifaschistische Attitüde nicht

leugnen, die er mit den Inhalten und Band- und

Projektvorstellungen aufzeigt. En gros zeigt sich

‚de Wessi‘ als ein begeisterungsfähiger

Zeitgenosse, der spürbar Lust hat, seine

Leidenschaften und Ansichten zu teilen.

SWINGKID Fanzine #6

64 DIN-A-4-Seiten; pay what you want

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theswingkidfanzine

Gunter erinnert sich an die Anfangszeit, an die

Gefühle, die „ich mit Musik und Fanzines

verbinde“, fordert, Mülltonnen anzuzünden,

Gedichte zu schreiben und Depressionen zu

pflegen. Die bilinguale Ausgabe (deutsch-englisch)

erklärt er mit einem international ausgerichteten

Ziel, mehr Menschen zu erreichen. Bezüglich des

Inhalts ist das sinnvoll, denn Gunter interviewt

Bands und skizziert Musiklandschaften aus der

ganzen Welt. GNAR JAR aus Ägypten kombinieren

Musik und Skateboarding. Ein „short guide“ gibt

Einblicke in die kulturelle Geschichte Papua New

Guineas und Arubas, Sundown Superheo von

Barbados sind stolz auf die Heimat des Mount Gay

Rums und waren für den letztjährigen People's

Choice Award als Rock Artist of the year nominiert.

Gunter vergleicht deutschen mit amerikanischen

Folk, wobei er doch mehr Singer/Songwriter-Musik

meint, denn was in Amerika Folk und Country, ist

hierzulande Volksmusik und erfasst eben diese

Historie als Grundgerüst für die heutige DIY-Folk-

Punk-Szene.

ANTI-LAM FRONT aus Norwegen produzieren

90er-Jahre-Punk, was immer das auch sein mag,

und sind froh, mal aus Trondheim

herauszukommen.

KENTUCKY KINGS aus Paraguay stellen sich vor

und DECLIVE REPUNKNANTE aus El Salvador

geben Auskunft zu Musik, Texte und zur

politischen Lage.

Rexurgir aus Nicaragua geben Auskunft über die

‚Szene‘ im Land, über das Bandlogo und

Diskriminierung. GUMIHO aus Südkorea sind hier,

„um Bitterkeit und Negativität“ herauszusaugen. A

WORLD DIVIDED aus Tunisia/Kanada ist ein Tape-

Label und Ghassene stellt das Projekt vor.

WARGASM ISTANBUL aus der Türkei erklären den

Punk in der Türkei und was es für Gitarrist Can

bedeutet.

MISSRATCHED aus Frankreich spielen unter dem

Banner Anarcho und geben Tipps, um in Lyon die

subkulturelle Community aufzusaugen.

Gesamteindruck: Gunter versucht mit seinem

Fanzine, den ethnologischen Aspekt in der

globalisierten Punk- und Hardcore-Szene als eine

wichtige Stütze im ansonsten chaotischen und

konfliktreichen Leben junger Menschen zu

vermitteln. Leider versäumt es Gunter, mit der

Fragestellung den individuellen Charakter der

Menschen herauszustellen und beschränkt sich

immer wieder auf allgemeine Fragen zu

Bandbesetzung, Musik(produktion) und

Textinhalte, wobei nur selten mal Spannung und

Dynamiken entstehen, bspw. welche Praktiken

und Lebensumstände in der jeweiligen ‚Szene‘

vollzogen werden, um Kohärenz in der Gruppe zu

erzeugen, wo Spannungen und Konflikte

entstehen und wie das Konzept von generalisierter

Freundschaft verwirklicht wird. Es mangelt an

Vielfalt und Vielfältigkeit in den Interviews, um die

subkulturellen Eigenschaften und Merkmale

widerzuspiegeln. Dennoch ist die globale und

ethnologische Sichtweise vielversprechend und

wohltuend, die aber die jeweilige widerständige

Kultur, Lebensstil nur marginal offenlegt. Wie ist

das konkrete gesellschaftliche

Spannungsverhältnis zu DIY-Punk, Familie und

Staat? Wie ist Teilhabe am Alltagsleben und DIY-

Punk verortet, wo gibt es Privilegien, Sanktionen,

Konflikte? Das SWINGKID ist so geprägt durch das

Motto: „Es darf getanzt werden. Ich bitte Sie aber,

nicht das Mobiliar zu zerstören!“ oder anders

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