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UNDERDOG #64

Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.

Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt
Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.

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Intersektionalität „nicht beschrieben

werden können“.

Dr. Emilia Roig gründete das Center for

Intersectional Justice (CIJ) im Jahr 2017,

um Gleichstellungs- und Anti-

Diskriminierungsarbeit in Deutschland

und Europa durch eine intersektionale

Perspektive zu verändern. Das CIJ nutzt

Advocacy und Politikberatung sowie

Kampagnen und gezielte

Öffentlichkeitsarbeit, um auf

ineinandergreifende Formen von

Diskriminierung aufmerksam zu machen

und auf die politische Praxis Einfluss zu

nehmen.

Das CIJ ist eine unabhängige

gemeinnützige Organisation mit Sitz in

Berlin, die sich der Förderung von

Gleichheit und Gerechtigkeit für Alle

durch die Bekämpfung sich

überschneidender Formen struktureller

Ungleichheit und Diskriminierung in

Europa widmet. Die Mitarbeiter*innen

stellen sich eine Welt ohne systemische

Unterdrückung vor, in der jeder Einzelne

Zugang zu Ressourcen, Stimme, Macht

und Sicherheit hat. Eine solche Welt wird

nur entstehen, wenn strukturelle,

institutionelle und historische

Hindernisse entstehen, die zu

Marginalisierung, Unsichtbarkeit und

mangelndem Zugang und mangelnden

Möglichkeiten für Minderheitengruppen

geführt haben, darunter Frauen, Farbige

und Schwarze, religiöse Minderheiten,

Menschen mit Behinderungen,

Mitglieder der Die LGBTQI + Community,

Arbeiter, wird angesprochen. Bei CIJ

setzen sich die Mitarbeiter*innen dafür

ein, die globalen Hierarchien, die einige

Gruppen weiterhin über andere stellen,

sichtbar zu machen und schrittweise

abzubauen, um eine gerechte, faire und

nicht unterdrückende Behandlung aller

Menschen zu ermöglichen.

Emilia, warum hast du dich für

Intersektionalität als Forschungsfeld

entschieden?

Ich habe mich dafür entschieden,

weil ich die Erklärungsmuster in den

bisherigen Studien unvollständig fand. Es

gibt immer gesellschaftliche Gruppen,

die in diesen Studien nicht berücksichtigt

worden sind und unsichtbar bleiben. Als

ich für mich die Intersektionalitäts-

Theorie entdeckt habe, hat es sich

ermöglicht, soziale Probleme besser zu

artikulieren, zu verstehen und zu

analysieren. Das sind u.a.

Ungleichheitssysteme und globale

Systeme wie das Patriarchat, der

Kolonialismus/Rassismus

und

Kapitalismus. Für mich bedeutet

Intersektionalität zum einen,

Diskriminierung innerhalb von

Diskriminierung zu bekämpfen, zum

anderen Ungleichheiten innerhalb von

Ungleichheiten

aufzuzeigen,

Minderheiten zu schützen und zu

empowern.

Wie lassen sich in der konkreten

Forschungspraxis

selbst

Wirksamkeiten und Verwobenheiten

unterschiedlicher

sozialer

Ungleichheitskategorien erfassen?

Zunächst erachte ich

Intersektionalität als eine revolutionäre

Theorie, weil der Ausgangspunkt auch

eine Kritik an der Reduzierung auf ein

Merkmal, einen Grund, eine Dimension

der Diskriminierung ist. Es geht hier

nicht um Verschiedenheit, Differenz oder

schlichte Vielfalt, sondern um

Ungleichheiten und Hierarchien. Diese

Kritik ermöglicht uns zugleich eine Reihe

von Forschungsfeldern, um das komplexe

Verständnis von Diskriminierung zu

erfassen und mit der Komplexität von

Lebensrealitäten und vielschichtigen

Ungleichheiten umzugehen.

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