UNDERDOG #64
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt
Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
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„Wer wir sein wollten“ – Interview mit Tatiana Calasans
„Wer wir sein wollten“ ist ein
Dokumentarfilm über Rollenbilder von
Schwarzen 1 Jugendlichen in den 1990er
Jahren. 4 Protagonist*innen erzählen von
ihren Identifikationsfiguren und
Erfahrungen als Schwarze Jugendliche in
Deutschland und stellen es in Bezug zur
heutigen Zeit. Wer wollte man sein? Wie
wurde man gesehen? Was wurde
erwartet und welche Auswirkungen
hatten diese Erwartungshaltungen?
Erwartete Rollen an Schwarze Menschen
und die Frage nach der eigenen Identität
darin.
Hierzulande ist das Bild des „schwarzen
Kontinents“ geprägt von kolonialistischen
Sehnsüchten
(Safaritourismus,
unberührte Wildnis, Fernsehtitel wie „die
weiße Massai“ oder „Mein Herz in
Afrika“) mit einer obszönen Faszination
von grausamen Kriegsbildern
(Völkermord, Kindersoldaten) und
Bildern von traditionell tanzenden
„Stämmen“. Das Bild des „Katastrophen-
Kontinentes“ erzeugt dabei immer wieder
aufs Neue sich reproduzierende Bilder
eines von Krisen, Katastrophen, Armut
und Hungerkatastrophen gebeutelten
Afrikas. Nicht selten sind sie mit
faktischen Fehlern und unvollständigen
Analysen bestückt. Auch werden
Schwarze Menschen oft sexualisiert
dargestellt, als Objekte und Unpersonen
verzerrt oder auf ihr Schwarzsein
reduziert. In den wenigsten Fällen sind
sie intellektuell und im Fernsehen nur in
Ausnahmefällen als Anwält*innen,
Informatiker*innen oder Lehrer*innen zu
sehen. Hinzu kommt der Exotismus, als
eine Form von Rassismus, der Schwarze
1
„Schwarz“ ist kein Adjektiv und bezieht sich nicht
auf die Hautfarbe, sondern ist eine
Selbstbezeichnung. Das großgeschriebene „S“ wird
bewusst gesetzt, um eine sozio-politische
Positionierung in einer mehrheitlich weiß
dominierten Gesellschaftsordnung zu markieren
und gilt als Symbol einer emanzipatorischen
Widerständigkeitspraxis.
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