UNDERDOG #64
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt
Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V.
Tahir Della ist gelernter Fotograf und
Mitarbeiter bei „Initiative Schwarzer
Menschen in Deutschland Bund e.V.“
(ISD), sowie Promotor für
Postkolonialismus und Antirassismus,
„weil die koloniale Geschichte
Deutschlands aufgearbeitet werden
muss. Ich möchte dazu beitragen, dass
Berlin seiner historischen Verantwortung
gerecht wird. Das ist die Voraussetzung,
um Rassismus und Ausgrenzung in
Deutschland abzubauen.“
Die ISD ist Mitte der 80er-Jahre nahezu
zeitgleich mit der Bewegung ADEFRA
e.V, einer Schwarzen Frauenorganisation
gegründet worden. Der konkrete Anlass
war die umfangreiche Recherche zu dem
Buch „Farbe bekennen“ von Katharina
Oguntoye, May Ayim und Dagmar
Schultz. Ein Buch, in dem Schwarze
Frauen generationsübergreifend ihre
Geschichte und Gegenwart in der
deutschen Gesellschaft dokumentierten.
Die Idee war zuerst gar nicht eine
klassische politische Organisation zu
gründen, sondern eher eine Plattform
bzw. ein Netzwerk für Schwarze
Menschen in Deutschland zu entwerfen.
Das war damals ein totales Novum. Es
gab schon Schwarze oder afrikanische
Organisationen, die eher national
orientiert waren, aber nichts
Vergleichbares für Schwarze Menschen,
die ihren Lebensmittelpunkt in
Deutschland hatten. Menschen, die also
entweder hier geboren wurden,
aufgewachsen sind oder eben einen
beträchtlichen Teil des Lebens hier
verbracht haben. Die Gründung der ISD
hat so eine Lücke geschlossen. Die
Mehrheit der Aktiven sind damals wie
heute Frauen. Viele dieser Frauen kamen
damals schon aus politischen
Zusammenhängen zur ISD zum Beispiel
aus der Frauenbewegung, der
antirassistischen Arbeit oder der Anti-
Apartheid-Bewegung.
Tahir ist um 1986 in München
dazugestoßen. Damals fand vor allem ein
Austausch über die politischen Ziele und
die eigene Geschichte statt.
Tahir, zurzeit bist du ein gefragter
Interview-Partner zum Thema
Rassismus in Deutschland.
Rassismus hat in Deutschland eine
lange Tradition, die auch verknüpft
und verortet ist mit der
Kolonialvergangenheit. Interessiert
die Aufarbeitung der kolonialen
Verbrechen heute noch jemand?
Tahir: Das Interesse nimmt zu. Wir
haben gerade hier in Berlin zwei große
Projekte gestartet. Zum einen das
zweijährige Projekt „Decolonize Berlin“,
welches ein Aufarbeitungs- und
Erinnerungskonzept im Zusammenhang
mit der kolonialen Vergangenheit Berlins
53