UNDERDOG #64
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
Schwerpunkt: Rassismus und Polizeigewalt
Rassismus durchdringt verschiedene gesellschaftliche Ebenen, wenn er etwa im Alltag, in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungssystem, am Arbeitsplatz oder aber in Polizei und Justiz wirksam wird. Während individueller Rassismus zuweilen thematisiert wird, wird institutioneller Rassismus und somit auch die Wirkmacht des Rassismus weitgehend außer Acht gelassen. Unsere Schwerpunktausgabe will das ändern.
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„Wer wir sein wollten“ – Interview mit Tatiana Calasans
öffentlichen Leben/in den Medien
und wie könnte das genutzt werden,
damit Rassismus in allen Bereichen
als Problem anerkannt und
sanktioniert wird?
Es ist natürlich gut, dass im
Moment das Thema Rassismus im
Vordergrund geraten ist. Es ist zutiefst
traurig, dass die Welt erst minutenlang
zusehen musste, wie ein Mensch
umgebracht wird, damit das geschieht.
Für Menschen, die sich mit dem Thema
schon seit vielen Jahren und Jahrzehnten
auseinandersetzen und versuchen auf
Rassismus in Deutschland aufmerksam
zu machen, hoffe ich, dass sich mehr
Möglichkeiten ergeben, Unterstützung
für ihre Arbeit zu bekommen.
Rassismus im Alltag bleibt oft im
Verborgenen. Die Betroffenen
schweigen über die Geschehnisse.
Trauen sich nicht, darüber zu
sprechen. Viele Menschen gehen so
davon aus, dass es immer weniger
rassistische Diskriminierungen gibt.
Hast du das mit deinem Film ändern
wollen?
Ich empfinde nicht, dass die
Geschehnisse im Verborgenen bleiben.
Ich glaube eher, dass es bisher wenig
Raum und Interesse für die Perspektiven
und Erfahrungen von Rassismus
betroffener Menschen gab. Und dies
kann auch bei einigen Menschen dazu
führen, dass sie nicht darüber reden, weil
sie weder auf Verständnis noch auf
offenen Ohren gestoßen sind.
Ich wollte mit meinem Film eine Auswahl
von Schwarzen Perspektiven und
Lebensrealitäten in Deutschland
aufzeigen. Die natürlich nicht für alle
Schwarzen Menschen repräsentativ sind.
Für den Film hast du ausgewählte
Biografien präsentiert und die
Lebensrealität von Schwarzen* in der
Bundesrepublik
Deutschland
skizziert. Das erachte ich als umso
wirksamer, weil von der expliziten
rassistischen Verfolgung im „Dritten
Reich“ zu Formen von Rassismus in
der Bundesrepublik eine Kontinuität
festzustellen ist, die Zeitzeugen aus
der NS-Zeit aber vermehrt wegfallen.
Soll dein Film also auch ein Diskurs
sein,
gesellschaftliche
Machtverhältnisse, in die wir alle
verstrickt sind, sichtbar zu machen?
Man kann von rassistischen
Strukturen auch schon vor der NZ-Zeit
sprechen. Sichtbar zum Beispiel in der
deutschen Kolonialgeschichte und in der
Weimarer Republik. Machtverhältnisse
und Privilegien sind unter anderem
Themen, die im Film behandelt werden.
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