Exportratgeber für Dienstleister - Aussenwirtschaftsportal Bayern
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• Das Verhandlungsverfahren kann ebenfalls mit einer Interessenbekundungsphase<br />
eingeleitet werden. Ansonsten läuft das Verfahren formlos ab und<br />
erinnert am ehesten an Geschäfte im privatwirtschaftlichen Bereich. Auftraggeber<br />
dürfen Aufträge allerdings nur ausnahmsweise im Verhandlungsverfahren<br />
vergeben.<br />
• Der wettbewerbliche Dialog besteht hingegen aus drei Phasen. Die aus der<br />
Interessenbekundungsphase ausgewählten Teilnehmer nehmen an einer Dialogphase<br />
teil, in der zunächst im Wege des Dialogs entsprechende Lösungen<br />
<strong>für</strong> komplexe Sachverhalte herausgearbeitet werden. Auf dieser Grundlage<br />
werden die ausgewählten Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert. Der<br />
wettbewerbliche Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe besonders komplexer<br />
Aufträge, wie große Bauprojekte, individuelle Softwareprojekte, individuelle<br />
Werbe- und Marketingkonzepte.<br />
Diskriminierungsverbot und Rechtsschutz in der EU<br />
Die EU beabsichtigt, mit ihren Vergaberegeln faire Wettbewerbe zu gewährleisten.<br />
Die Ausschreibungsbedingungen dürfen beispielsweise keine Bestimmungen enthalten,<br />
die einzelne Bieter bevorzugen, z. B. einheimische Bieter gegenüber ausländischen.<br />
Die Zuschlagserteilung muss nach objektiven Kriterien erfolgen, die schon mit<br />
der Ausschreibung bekannt gegeben werden.<br />
Sollte es zu Verstößen kommen, garantieren die EU-Vergaberichtlinien der Wirtschaft<br />
einen umfangreichen Rechtsschutz. Unternehmen, die Vergabefehler vermuten,<br />
können im Wege eines Nachprüfungsverfahrens eine Sperre der Zuschlagserteilung<br />
erreichen oder Schadenersatz einfordern. Der EU-Rechtsschutz wird von Unternehmen<br />
zunehmend in Anspruch genommen, ist allerdings mit Kosten verbunden.<br />
5.7.1.2 Öffentliche Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte<br />
Während oberhalb der europäischen Schwellenwerte einheitliche Regeln gelten, sind<br />
die Beschaffungsverfahren unterhalb der Schwellenwerte durch nationale Traditionen<br />
geprägt. Dementsprechend unterschiedlich sind die Bestimmungen, obwohl in einigen<br />
Ländern langsam eine Annäherung an europäisches Vergaberecht erkennbar<br />
ist. Die Bekanntmachungspflicht und die Bekanntmachungsmedien, die Vergabeverfahren<br />
usw. sind jedoch durchaus verschieden ausgestaltet. Als wichtigstes Prinzip<br />
gilt aber auch unterhalb der Schwellenwerte das Diskriminierungsverbot. Bieter aus<br />
EU-Mitgliedstaaten können sich grundsätzlich an allen öffentlichen Ausschreibungen<br />
in anderen EU-Staaten beteiligen.<br />
Unternehmen sollten also nicht davor zurückschrecken, sich um internationale öffentliche<br />
Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte zu bemühen. Diese sind gerade <strong>für</strong><br />
kleinere und mittlere Betriebe in der Regel sogar interessanter als Großprojekte. Allerdings<br />
ist zu bedenken, dass die laufende Beobachtung aktueller Ausschreibungen<br />
und die Einarbeitung in nationale Vergabeverfahren und -gesetze mit erhöhtem Aufwand<br />
verbunden sind.<br />
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