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ECHO Top500 2023 - Das Original.

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TOP 500 | INTERVIEW<br />

<strong>ECHO</strong>: KI ist derzeit in aller Munde. Wie<br />

wird KI die Unternehmen in den nächsten Jahren<br />

verändern?<br />

Swarovski: Die Möglichkeiten, die künstliche<br />

Intelligenzen der Wirtschaft eröffnen, sind<br />

vom heutigen Standpunkt aus betrachtet noch<br />

schwer abzuschätzen. Ich sehe diese Entwicklungen<br />

aber als Chance, immer unter dem Vorbehalt,<br />

dass wir den richtigen regulatorischen<br />

Rahmen finden. Für die Wirtschaft kommt dieser<br />

Entwicklungsschub genau zur richtigen Zeit.<br />

Für eine steigende Wirtschaftsleistung braucht<br />

es eine stabile, im besten Fall sogar wachsende<br />

Zahl an Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur<br />

Verfügung stehen, und technische Innovationen,<br />

die die Produktivität einer Volkswirtschaft<br />

erhöhen. Durch<br />

den demografischen<br />

Wandel wird Österreichs<br />

Erwerbsbevölkerung<br />

in den nächsten Jahren<br />

stark schrumpfen. <strong>Das</strong><br />

kann auch mit gezieltem<br />

Zuzug qualifizierter ArbeitnehmerInnen<br />

nicht<br />

kompensiert werden.<br />

Dank des Einsatzes<br />

künstlicher Intelligenzen<br />

und des damit verbundenen<br />

Fortschritts bei<br />

der Automatisierung von betrieblichen Prozessen,<br />

nicht nur in der Produktion, sondern auch<br />

in der Verwaltung und im Vertrieb, kann die<br />

Wirtschaftsleistung vieler Branchen, trotz der<br />

sinkenden Zahl von arbeitenden Menschen,<br />

dank der Steigerung der Produktivität wachsen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Die IV fordert schon länger den<br />

Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten.<br />

Nun scheint langsam Bewegung in die Sache<br />

zu kommen. Sind Sie für einen Rechtsanspruch<br />

auf Kinderbetreuung? Wie beurteilen Sie die<br />

aktuellen Ankündigungen des Landes Tirol<br />

(Stichwort: Vermittlungsanspruch) in Sachen<br />

Kinderbetreuung?<br />

Swarovski: Die Industriellenvereinigung<br />

setzt sich schon seit Langem für einen gesetzlich<br />

gesicherten Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz<br />

ein. Deshalb begrüßen wir<br />

das 10-Punkte-Maßnahmenpaket der Tiroler<br />

Landesregierung zum Thema Kinderbetreuung<br />

und Kinderbildung sehr. Damit werden Eltern<br />

viele Sorgen abgenommen. Mütter können<br />

schneller wieder arbeiten gehen, wenn sie es<br />

möchten. <strong>Das</strong> hilft auch dabei, einen allfälligen<br />

Gender Pay Gap zu schließen und Altersarmut<br />

von Frauen aufgrund einer niedrigen Pension<br />

vorzubeugen. Wobei ich gerade im Bereich<br />

des Anspruchs von Müttern auf deren Pension<br />

einen politischen Handlungsbedarf sehe.<br />

Ungeachtet dessen sind für die Wirtschaft die<br />

Entwicklungen bei der Kinderbetreuung gute<br />

Nachrichten. Dank besserer Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie werden sich hoffentlich wieder<br />

mehr Menschen dazu entscheiden, Vollzeit<br />

zu arbeiten. Ob Vermittlungsanspruch oder<br />

einklagbares Recht, ist aus Sicht der Industriellenvereinigung<br />

nebensächlich, wenn das System<br />

funktioniert. Zentral dafür ist, dass bis zum Jahr<br />

2026 genug Elementarpädagoginnen und -pädagogen<br />

gefunden<br />

„Klimaschutz kann nur dann<br />

erfolgreich sein, wenn er<br />

global von<br />

Gesellschaft und Wirtschaft<br />

mitgetragen und<br />

fl ächendeckend wird.“<br />

werden können, um<br />

wirklich allen Familien,<br />

die Anspruch<br />

auf einen Betreuungsplatz<br />

haben,<br />

auch einen anbieten<br />

zu können.<br />

<strong>ECHO</strong>: I n<br />

Deutschland findet<br />

gerade eine Debatte<br />

über Industriestrom<br />

statt. In Österreich<br />

gibt es dazu nur wenig Diskussion. Wie groß ist<br />

das Problem hoher Energiekosten für die Unternehmen<br />

und welche Forderungen gegenüber<br />

der Politik gibt es in dieser Frage?<br />

Swarovski: Die Energiepreise für Österreichs<br />

Industrieunternehmen sind immer noch rund<br />

zwei- bis dreimal höher als vor der aktuellen Energiepreiskrise.<br />

Die sinkende Tendenz bei Gasund<br />

Strompreisen ist positiv zu sehen, hängt<br />

aber auch mit saisonalen Effekten zusammen.<br />

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.<br />

Derzeit ist durch den unerwarteten<br />

Angriff der Hamas auf Israel ein erneutes<br />

Anziehen bei den Erdölpreisen zu beobachten.<br />

<strong>Das</strong> kann in der zweiten Jahreshälfte auch bei<br />

anderen Energieträgern passieren. Darüber hinaus<br />

muss man sagen, dass die Energiepreise<br />

zwar innerhalb der EU wieder auf Vorkrisenniveau<br />

liegen, sie im Vergleich mit Europas<br />

direkten Mitbewerben, wie den USA, China,<br />

Japan und den ASEAN-Staaten, in der industriellen<br />

Produktion aber immer noch deutlich<br />

höher sind. Sollte in Deutschland wirklich der<br />

Industriestrompreis eingeführt werden, setzt<br />

Christoph Swarovski, Präsident IV-Tirol<br />

das alle anderen europäischen Länder gewaltig<br />

unter Druck, da auch sie sich ein Förderungsmodell<br />

einfallen lassen müssten. Andernfalls<br />

würde es zu extremen Verwerfungen in der<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Industrie innerhalb<br />

Europas kommen. <strong>Das</strong> wären schlechte Nachrichten<br />

für Österreichs Industrieunternehmen.<br />

Nach monatelangen Versprechen von der Politik<br />

ist der Energiekostenzuschuss II immer<br />

noch nicht beantragbar. <strong>Das</strong> wäre bei einer politischen<br />

Antwort Österreichs auf den deutschen<br />

Energiestrompreis nicht anders, was einen<br />

großen Nachteil für unsere Industrie bedeuten<br />

würde, die ja in ganz vielen Bereichen direkt mit<br />

deutschen Unternehmen konkurriert.<br />

<strong>ECHO</strong>: In den politischen Debatten hört man<br />

zur Zeit oft, dass die Klimaschutzmaßnahmen<br />

zu umfassend sind und der Wirtschaft schaden.<br />

Wo stehen Sie in dieser Diskussion und welche<br />

Rahmenbedingungen erwarten Sie von der<br />

Politik?<br />

Swarovski: Ich erwarte mir Rahmenbedingungen,<br />

die nicht nur am Papier gut aussehen,<br />

sondern sich auch in der Praxis umsetzen lassen.<br />

Die Industrie ist selbstverständlich bereit,<br />

ihren Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel<br />

zu leisten. Viele Tiroler Unternehmen<br />

erfüllen schon heute strengere Auflagen als<br />

gesetzlich gefordert und investieren Millionen<br />

von Euro in die grüne Transformation. Es kann<br />

aber nicht sein, dass im Namen des Klimaschutzes<br />

Europas Wettbewerbsfähigkeit geopfert<br />

wird, ohne darüber nachzudenken, welche<br />

Auswirkungen das für die Stabilität und den<br />

Wohlstand in Europa hat. Klimaschutz kann<br />

nur dann erfolgreich sein, wenn er global von<br />

Gesellschaft und Wirtschaft mitgetragen und<br />

flächendeckend wird.<br />

<strong>ECHO</strong>: Seit eineinhalb Jahren sind wir nunmehr<br />

mit dem Ukrainekrieg konfrontiert. Welche<br />

Herausforderungen und Folgen hat dieser<br />

Krieg auf die heimische Industrie?<br />

Swarovski: Der Krieg war Auslöser für den<br />

Energiepreisschock und viele weitere Verwerfungen,<br />

die rückblickend betrachtet eine neue<br />

Ära der Weltwirtschaft eingeläutet haben. Wir<br />

leben heute in einer multipolaren Welt, in der<br />

immer mehr Staaten und Blöcke den Kurs der<br />

Welt mitbestimmen wollen und auch ihren<br />

Führungsanspruch aggressiver – Stichwort<br />

BRICS-Staaten – als früher einfordern. Dieses<br />

volatile Umfeld macht es für Unternehmen<br />

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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2023</strong>

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