ECHO Top500 2023 - Das Original.
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Fotos: AK Tirol/Lair<br />
<strong>ECHO</strong>: Auch viele Unternehmen klagen<br />
über hohe Energiekosten. Erstreckt sich Ihre<br />
Kritik auch auf die Kosten für Unternehmen?<br />
Zangerl: Ich habe mehrfach öffentlich kritisiert,<br />
dass es nicht nur die Privatkunden,<br />
sondern natürlich auch die Unternehmen<br />
hart trifft, vor allem die klein- und mittelständischen<br />
Betriebe. Die Energiekosten wirken<br />
sich auf alle aus und treiben die Teuerung an.<br />
Aus diesem Grund setzen wir uns auch ein, dass<br />
die Energiepreise endlich sinken.<br />
<strong>ECHO</strong>: Ist die<br />
vom Bund beschlossene<br />
Übergewinnsteuer<br />
ein<br />
probates Mittel?<br />
Zangerl: Es ist eigentlich<br />
ein Mittel<br />
zweiter Wahl. Viel<br />
„Prinzipiell ist es bedenklich, dass<br />
man als Arbeiterkammer gegen<br />
ein Landesenergieunternehmen<br />
vor Gericht ziehen muss.“ <br />
<br />
besser wäre es gewesen, einen Energiepreisdeckel<br />
einzuführen oder zumindest spätestens<br />
nach Bekanntwerden der massiven Übergewinne<br />
die Unternehmen zu verpflichten, mit<br />
den Energiekosten drastisch nach unten zu gehen.<br />
Es ist in Wirklichkeit niemandem geholfen,<br />
wenn das Geld aus der Übergewinnsteuer in<br />
Energiegutscheine fließt, die wiederum nur die<br />
Inflation anheizen. Es wurde bereits genug Geld<br />
planlos verteilt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was erwarten Sie von der Landesregierung<br />
als Eigentümervertreter der TIWAG?<br />
Zangerl: Wir haben zwei Anträge als Petitionen<br />
beim Land Tirol eingebracht. Zum einen<br />
geht es darin um eine Änderung der TIWAG-<br />
Satzung, um die TIWAG zu verpflichten, ihre<br />
KundInnen mit günstigem Strom zu versorgen.<br />
Die TIWAG hat sich ja zum rein gewinnorientierten<br />
Stromhändler entwickelt, der mit der<br />
heimischen Wasserkraft an der Börse enorme<br />
Gewinne schreibt, während die TirolerInnen<br />
einen weit überhöhten Strompreis zahlen<br />
müssen. Zum anderen geht es um eine Tiroler<br />
Stromlösung, bei der die TIWAG auch den Gemeindewerken<br />
den Strom nicht zu überhöhten<br />
Marktpreisen anbieten soll. So kommen alle<br />
StromkundInnen in den Genuss geringerer<br />
Preise. Prinzipiell ist es aber bedenklich, dass<br />
man als Arbeiterkammer im Sinne der TirolerInnen<br />
gegen ein Landesenergieunternehmen<br />
vor Gericht ziehen muss. Da müsste man den<br />
Eigentümervertreter fragen, was er davon hält.<br />
Aber aufgrund der starren Haltung der TI-<br />
WAG-Führung blieb keine andere Wahl.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was sollen das Land Tirol und Energieversorger<br />
in Sachen erneuerbare Energien<br />
unternehmen?<br />
Erwin Zangerl<br />
Zangerl: Ich habe<br />
den Eindruck,<br />
dass Anspruch<br />
und Wirklichkeit<br />
bei der Energiewende<br />
weit auseinanderklaffen.<br />
Andererseits sind<br />
wir ein Wasserkraftland<br />
und schaffen es nicht, die heimische<br />
Bevölkerung in scheinbaren Krisenzeiten<br />
mit günstigem Strom<br />
zu versorgen. Wir setzen<br />
auf Photovoltaik,<br />
obwohl der Einzelne<br />
den Strom nicht einspeisen<br />
kann, weil die<br />
Netze erst ausgebaut<br />
werden müssen. Die<br />
sind für das Einspeisen<br />
von Privatstrom nicht<br />
ausgerichtet. Bei der<br />
Fernwärme hat man<br />
einen Markt, der völlig<br />
unreguliert ist. Deshalb<br />
ist Fernwärme auch bis<br />
zu 74 Prozent teurer<br />
geworden. <strong>Das</strong> zeigt<br />
schon, auf welchem<br />
Markt wir uns hier bewegen.<br />
Eines hat die<br />
Ukraine-Krise deutlich<br />
gezeigt: Wenn Grundbedürfnisse<br />
wie Energie<br />
dem freien Markt überlassen<br />
werden, wird die<br />
Bevölkerung die Kosten<br />
zu zahlen haben. Baustellen gibt es also genug.<br />
Was ich aber für rasch umsetzbar halte, wäre<br />
ein Kompetenzzentrum für Energieberufe, wo<br />
vom Monteur bis zum Netzwerktechniker alle<br />
für die Energiewende notwendigen Berufe<br />
ausgebildet werden. Denn ohne Fachpersonal<br />
ist es egal, was das Land für Pläne bei der Energiewende<br />
hat.<br />
<strong>ECHO</strong>: Manche Parteien und Vertreter der<br />
Wirtschaft fordern eine Senkung der Lohnnebenkosten.<br />
Sie haben sich dagegen ausgesprochen.<br />
Warum?<br />
Zangerl: Weil mich zuerst interessieren würde,<br />
was genau von den Lohnnebenkosten die<br />
Wirtschaft nicht mehr bezahlen will. Es ist<br />
immer leicht, eine Senkung zu fordern, aber<br />
sicher nicht zulasten der Beschäftigten. Die<br />
Lohnnebenkosten umfassen von der Krankenversicherung,<br />
der Unfalls- und Pensionsversicherung<br />
bis hin zum Beitrag zum Familienlastenausgleichfonds<br />
wichtige Beiträge,<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2023</strong><br />
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