ECHO Top500 2023 - Das Original.
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TOP 500 | INTERVIEW<br />
Menschen verreisen, um sich zum Gaming zu<br />
treffen. Viele TVBs wissen das, haben jedoch<br />
selbst nicht die Ressourcen, sich um diese<br />
übergeordneten Themen zu kümmern. Daher<br />
machen wir als Tirol Werbung das.<br />
<strong>ECHO</strong>: Kommen wir noch zu einem anderen<br />
Thema. Die Tourismusgesinnung in Tirol<br />
ist schlecht. Sehen Sie eine Mitverantwortung<br />
der Tirol Werbung, diese zu verbessern? Und<br />
wenn ja, wie?<br />
Seiler: Zum ersten Mal gibt es<br />
in der Tirol Werbung eine eigene<br />
Stelle, die sich ausschließlich um<br />
die Tourismusgesinnung kümmert.<br />
Es zeigt sich nämlich folgende<br />
Situation: Laut einer Umfrage<br />
des MCI aus dem Jahr 2019<br />
sind sich die Einheimischen der<br />
Bedeutung es Tiroler Tourismus<br />
durchaus bewusst. Der Großteil<br />
der Befragten schätzt die Infrastruktur<br />
und die hohe Freizeitqualität,<br />
auch wenn vielen Einheimischen<br />
gar nicht bewusst ist, wie<br />
hoch der Anteil des Tourismus an<br />
der hohen Lebensqualität in Tirol<br />
ist und vieles als selbstverständlich<br />
angesehen wird. Gleichzeitig werden<br />
auch die negativen Entwicklungen<br />
des Tourismus gesehen<br />
und hier allen voran im Verkehr.<br />
Deshalb haben wir uns entschieden,<br />
uns des Themas Verkehr<br />
anzunehmen und arbeiten an der<br />
Strategie „Tirol auf Schiene“, mit<br />
der wir das Ziel verfolgen, den<br />
Anteil an Anreisen mit der Bahn<br />
von fünf auf zehn Prozent zu verdoppeln.<br />
Im Netzwerk „Tirol auf<br />
Schiene“ sind verschiedene Mobilitätsanbieter<br />
vertreten, weil es ja nicht nur um die<br />
Bahn geht, sondern um die letzte Meile, das<br />
Bahnhofsshuttle usw. Mit dem Mobilitätscoaching<br />
werden Betriebe und TVBs auf Anreisemöglichkeiten<br />
ohne Auto sensibilisiert und<br />
das Online-Tool „GRETA“ zeigt dem Gast<br />
Möglichkeiten für eine nachhaltige Anreise<br />
auf. Viele dieser Investitionen werden vom<br />
Tourismus zumindest mitgetragen und bringen<br />
den Einheimischen auch deutlich höhere<br />
Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln.<br />
Im neu eingerichteten Kompetenzzentrum<br />
Nachhaltigkeit setzen wir auch Schwerpunkte<br />
zum Thema Tourismusgesinnung.<br />
<strong>ECHO</strong>: Lassen Sie mich zum Abschluss noch<br />
die Tirol Werbung selbst in den Mittelpunkt<br />
stellen. Sie haben den Ruf, überall dort, wo Sie<br />
tätig sind, Strukturen genau zu durchleuchten<br />
und zu verändern. Welche – konkreten – Veränderungen<br />
gibt es bereits oder soll es in der<br />
Tirol Werbung geben?<br />
Seiler: Wir haben einiges geändert. Der Tiroler<br />
Weg ist ein langfristiges Strategiepapier mit 16<br />
Handlungsfeldern, die nicht alle von der TW<br />
„Gerade der Verkehr ist ein kritischer Punkt,<br />
wenn es um die Einstellung der Bevölkerung<br />
zum Tourismus geht.“ <br />
Karin Seiler<br />
bearbeitet werden können. Darauf aufbauend<br />
und aufgrund der Entwicklungen und Trends<br />
(Digitalisierung, Nachhaltigkeit etc.) haben wir<br />
eine neue Strategie entwickelt und darauf aufbauend<br />
eine neue Struktur. Wir haben zwei neue<br />
Teams installiert, zum einen das Future Lab und<br />
zum anderen das Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit.<br />
Diese sind im Zusammenspiel mit den<br />
TVB entstanden, die aufgrund der Fülle ihrer<br />
Aufgaben den Mehrwert der Tirol Werbung<br />
auch darin sehen, sich mit Zukunftsthemen für<br />
ganz Tirol auseinanderzusetzen. Dort beschäftigen<br />
wir uns mit Fragen wie der Zukunft des<br />
Skifahrens oder der Bekämpfung des Gastrosterbens<br />
und entwickeln konkrete Projekte. Wir<br />
haben aber auch in anderen Bereichen, wie zum<br />
Beispiel dem Sponsoring, vieles verändert. Wir<br />
setzen auf maximale Transparenz und hinterfragen<br />
jedes Sponsoring, auch wenn es schon lange<br />
besteht. Und wir haben die Erfahrung gemacht,<br />
dass das auch verstanden wird, wenn man es<br />
transparent und mit nachvollziebaren Argumenten<br />
erklärt. Und schließlich haben wir auch<br />
im Marketingbereich alte Pfade verlassen. Wir<br />
arbeiten nicht mehr nur mit Märkten oder Sinus-Milieus,<br />
sondern mit Zielgruppen.<br />
Wir haben sieben Zielgruppen<br />
definiert, von denen wir in der Tirol<br />
Werbung drei wirklich bearbeiten.<br />
Wir reagieren auf Urlaubsmotive<br />
und diese können bei der gleichen<br />
Person sehr unterschiedlich sein.<br />
Es ist möglich, dass ich im Sommer<br />
mit der Familie zum Wandern<br />
fahre, im Herbst mit Freundinnen<br />
einen Shoppingausflug mache und<br />
danach mit einem befreundeten<br />
Pärchen zum Wellnessen fahre. Immer<br />
handelt es sich um die gleiche<br />
Person und dennoch sind es drei<br />
völlig verschiedene Urlaubsmotive.<br />
Oft höre ich Kritik, wenn jemand<br />
beispielsweise Werbung für Kärnten<br />
sieht und mir dann kommuniziert,<br />
dass Tirol nicht sichtbar ist und wir<br />
zu wenig Marketing machen. Meine<br />
Antwort ist dann immer, dass das<br />
gut ist, weil wir maximale Werbewirksamkeit<br />
bei unseren Zielgruppen<br />
erreichen wollen. Wir können<br />
belegen, dass wir mit dieser Strategie<br />
im Vergleich zum Mitbewerb werbewirksamer<br />
sind. <strong>Das</strong> Zielgruppenmodell<br />
wird zunehmend von anderen<br />
Institutionen interessiert verfolgt,<br />
zum Beispiel von der Österreich Werbung.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie schaut die Struktur nun in der<br />
Tirol Werbung aus und welche Zielgruppen<br />
werden beworben.<br />
Seiler: Drei Unternehmensbereiche bilden<br />
die neue Struktur – Forschung und Innovation,<br />
Nachhaltigkeit und Partnerschaften und<br />
Marketing und Kommunikation. Die drei Zielgruppen<br />
sind „der anspruchsvolle Reisefan“,<br />
der sich vor allem für den Qualitätstourismus<br />
interessiert, „die erholungssuchende Familie“<br />
und „die verbundenen Energiebündel“, d. h.<br />
die sportlichen Jungen, die natürlich besonders<br />
wichtig sind für die Marke.