Bionik Aktuelle Trends und zukünftige Potenziale - Institut für ...
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6 Zusammenfassung<br />
Das Beispiel künstliche<br />
Spinnenseide<br />
Erhöhte Eingriffstiefe<br />
insbesondere bei nano- <strong>und</strong><br />
gentechnologischen Anwendungen<br />
»Technomimetik«<br />
Meinungen dagegen weit auseinander gehen. Wenn das Gen <strong>für</strong> die<br />
Produktion von Spinnenseide in Ziegen eingepflanzt wird, die dann<br />
Spinnenseide in ihrer Milch produzieren sollen, geht dies einigen<br />
<strong>Bionik</strong>ern deutlich zu weit. Auch die gentechnische Spinnenseideproduktion<br />
auf Basis des Bakteriums E. coli stößt bei einigen noch<br />
auf Skepsis.<br />
Die Frage nach der Qualität, nach möglichen Risiken, Neben-<br />
<strong>und</strong> Folgewirkungen bestimmter Herstellungsverfahren ist allerdings<br />
keine Besonderheit des Beispiels Spinnenseide. Sie hängt eng<br />
mit den Möglichkeiten zur molekularen Gestaltung auf der Nanoskala<br />
<strong>und</strong> noch enger mit der Konvergenz zwischen Nanotechnologien<br />
<strong>und</strong> Bio- bzw. Gentechnologien zusammen. Die drastisch<br />
erhöhte Eingriffstiefe in biologische Systeme führt zu einer ebenso<br />
drastisch erhöhten Gestaltungsmacht – <strong>und</strong> diese Eingriffstiefe <strong>und</strong><br />
Gestaltungsmacht ist naheliegender Weise dann auch mit höheren<br />
Risikopotenzialen <strong>und</strong> mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von<br />
weit reichenden unerwünschten (<strong>und</strong> unerwarteten) Neben- <strong>und</strong><br />
Folgewirkungen verb<strong>und</strong>en (vgl. zur Nanotechnologie Steinfeldt<br />
et al. 2007). Insbesondere im Bereich der Nanobiotechnologie <strong>und</strong><br />
einer möglichen Nanobionik reichen die Ziele oft weit über die<br />
Nachahmung der Natur hinaus: Die Natur dient nicht allein als<br />
Vorbild <strong>für</strong> die Technikentwicklung, sondern es erfolgt ein Dreischritt:<br />
1) Analyse der Natur (molekulare Maschinen), 2) Analyse<br />
der technischen Anpassungsnotwendigkeiten <strong>für</strong> industrielle Prozesse,<br />
3) Anpassung der (molekularen Maschinen der) Natur an<br />
diese produktionstechnischen Vorgaben. In diesem Sinne gibt es<br />
einen Übergang von der Biomimetik (Technik nach dem Vorbild<br />
der Natur) zur „Technomimetik“ (biologische Systeme nach- bzw.<br />
umgebaut nach dem Vorbild der Technik). Damit lassen sich zwei<br />
Orientierungen unterscheiden mit vermutlich sehr unterschiedlichen<br />
Konsequenzen hinsichtlich der jeweils damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Anwendungsperspektiven einerseits <strong>und</strong> Risikodimensionen andererseits:<br />
auf der einen Seite die Biomimetik, mit den biologischen<br />
Lösungen als Vorbild <strong>und</strong> auf der anderen Seite die Technomimetik,<br />
welche die Plastizität biologischer Systeme auslotet <strong>und</strong> diese technisiert<br />
(vgl. bspw. die Ansätze der synthetischen <strong>und</strong> systemischen<br />
Biologie). Für beide Richtungen gilt, dass der Hinweis auf „evolutionäre<br />
Erprobtheit“ immer weniger seine Berechtigung hat, je weiter<br />
die technische Lösung sich vom natürlichen Vorbild bzw. vom natürlichen<br />
Ausgangssystem entfernt.<br />
196 | bionik – <strong>Trends</strong> <strong>und</strong> <strong>Potenziale</strong>