Bionik Aktuelle Trends und zukünftige Potenziale - Institut für ...
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3. 3 Biomimetik <strong>und</strong> Technomimetik – Chancen <strong>und</strong> R isiken der Konvergenztechnologien<br />
wirklich bionische oder nur biotechnologische Forschungsansätze angesprochen<br />
werden. Am Beispiel der Spinnenseide kann dies verdeutlicht<br />
werden. Die Faszination, die von den Eigenschaften der Spinnenseide<br />
ausgeht <strong>und</strong> von der Art <strong>und</strong> Weise ihrer „Produktion“ im<br />
Organismus der Spinne, wird von allen geteilt. Für die Vertreter der<br />
<strong>Bionik</strong> ist es ein Leitbild, wie eine angepasste Produktion aussehen<br />
müsste. Im Hinblick auf angemessene bionische Herstellungsverfahren<br />
<strong>für</strong> Spinnenseide können die Meinungen dagegen weit auseinander<br />
gehen. Das sehr weit reichende gentechnische Verfahren, das beispielsweise<br />
von dem Unternehmen Nexia 60 eingesetzt wird, bei dem das Gen<br />
<strong>für</strong> Spinnenseide in Ziegen eingepflanzt wird, die dann Spinnenseide<br />
in ihrer Milch produzieren sollen, gelten einigen <strong>Bionik</strong>ern nicht als<br />
bionisch. 61 Wie ein bionischerer Herstellungsprozess aussehen könnte,<br />
ist allerdings noch völlig offen. Allerdings sind auch die technologischen<br />
Probleme der „harten“ Verfahren keinesfalls gelöst (vgl. bspw.<br />
Dickinson 1999).<br />
Die Frage nach der Qualität, nach möglichen Risiken, Neben- <strong>und</strong><br />
Folgewirkungen bestimmter Herstellungsverfahren ist keine Besonderheit<br />
des Beispiels Spinnenseide. Sie hängt eng mit den Möglichkeiten<br />
zur molekularen Gestaltung auf der Nanoskala <strong>und</strong> noch enger mit<br />
der Konvergenz zwischen Nanotechnologien <strong>und</strong> Bio- bzw. Gentechnologien<br />
zusammen. Die drastisch erhöhte Eingriffstiefe führt zu einer<br />
ebenso drastisch erhöhten Gestaltungsmacht – <strong>und</strong> diese Eingriffstiefe<br />
<strong>und</strong> Gestaltungsmacht sind nahe liegender Weise dann auch mit höheren<br />
Risikopotenzialen <strong>und</strong> weiter reichenden unerwünschten (<strong>und</strong> unerwarteten)<br />
Neben- <strong>und</strong> Folgewirkungen verb<strong>und</strong>en. Dies gilt auch <strong>für</strong><br />
das sehr anschauliche Beispiel der Herstellung „künstlichen Perlmutts“<br />
<strong>und</strong> <strong>für</strong> andere Projekte nach dem Vorbild der Biomineralisation: Die<br />
angestrebte Herstellung von Perlmutt, von Knochen, Knorpeln <strong>und</strong><br />
Zähnen kann höchst unterschiedlich geschehen, angefangen von einer<br />
Templat gesteuerten Kristallisation „in vitro“, über ein biotechnologisches<br />
„tissue engineering“ bis hin zur gentechnischen Produktion „in<br />
vivo“. Das Technikbewertungskriterium der Eingriffstiefe bezieht sich<br />
auf das zur Debatte stehende Wirkpotenzial, auf die Wirkungsart, auf<br />
die Art <strong>und</strong> Weise, wie diese zustande kommt <strong>und</strong> auf seine Größenordnung.<br />
Letztere zeigt sich insbesondere in der erwartbaren Länge<br />
der jeweils ausgelösten relevanten Wirkungsketten in Raum <strong>und</strong> Zeit.<br />
Grob gesagt geht es um den Unterschied zwischen dem Einsatz eines<br />
60 “We take a single gene from a golden orb-weaving spider and put it into a goat egg. The idea is to<br />
make the goat secrete spider silk into its milk”. NYT Juni 2002.<br />
61 Vgl. z. B. Benyus 2002. Bei der Frage, ob die Arbeitsgruppe um Thomas Scheibel an der TU München<br />
in das BioKoN-Netzwerk aufgenommen werden soll, gab es dem Vernehmen nach durchaus Kontroversen.<br />
bionik – <strong>Trends</strong> <strong>und</strong> <strong>Potenziale</strong> | 79<br />
<strong>Bionik</strong> <strong>und</strong> Biotechnologie<br />
Eingriffstiefe <strong>und</strong> potenzielle<br />
Risiken<br />
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