Zukunft der Schweizer Textilindustrie ? - ETH Zürich
Zukunft der Schweizer Textilindustrie ? - ETH Zürich
Zukunft der Schweizer Textilindustrie ? - ETH Zürich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Beispielsweise können gemeinsam Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
geschaffen o<strong>der</strong> bestehende Institutionen<br />
unterstützt werden, um den Betrieben auch künftig<br />
einen ausreichenden Pool von gut ausgebildetem Personal<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Die Variante Ressourcensharing im Hintergrund unterscheidet<br />
sich von den Varianten volle Integration – eine<br />
Firma und AR textile network insofern, dass die Betriebe<br />
nach aussen sowohl in punkto Produktion, Marketing als<br />
auch in Forschung und Entwicklung unabhängig bleiben.<br />
Intensivere Koordination wird in den Bereichen Ausbildung<br />
und Rekrutierung von Humanressourcen, Beschaffung<br />
von Rohstoffen, Nutzung von Energie, Entwicklung<br />
von Umweltmassnahmen, gemeinsame Nutzung von Anlagen<br />
und <strong>der</strong> Beschaffung von Finanzmitteln angestrebt.<br />
So bleiben die unabhängigen Unternehmensstrukturen<br />
wie vormals familiär und flach mit 3-7 Strukturebenen.<br />
Der Kern dieser Variante zielt auf die gemeinsame Organisation<br />
<strong>der</strong> Systemgrösse Ressourcenmanagement ab.<br />
Durch gemeinsame Anstrengungen und Verhandlungen<br />
mit Energielieferanten (Contracting) können die Kosten<br />
für die Energieversorgung gesenkt werden. In Hinblick<br />
auf gesetzliche Auflagen (CO2-Gesetzgebung) müssen<br />
Lösungen zur För<strong>der</strong>ung von erneuerbaren Energien angestrebt<br />
werden. Beispielweise könnte gemeinsam in eine<br />
Holzschnitzelheizungsanlage investiert werden, um die<br />
Kosten für Raumwärme zu senken. Eine weitere Massnahme<br />
wäre die Finanzierung einer kooperativ nutzbaren<br />
Wärmerückgewinnungsanlage (Abwasser-, Restprozesswärme).<br />
Die rückgewonnene Abwärme könnte für benachbarte<br />
Textilbetriebe, aber auch für an<strong>der</strong>e Produktionsstätten<br />
o<strong>der</strong> Wohnhäuser eingesetzt werden. Diese Variante<br />
zielt ebenfalls auf eine zukünftige Verbesserung <strong>der</strong><br />
Abwasserqualität und eine verringerte Abwassermenge<br />
ab. Heute sanierungsbedürftige Abwasserreinigungsanlagen<br />
könnten gemeinsam renoviert und ausgebaut werden,<br />
um Frachtschwankungen besser aufzufangen. Forschung<br />
und Entwicklung wird lediglich im Bereich Ressourcennutzung<br />
mit den an<strong>der</strong>n beteiligten Unternehmen ausgetauscht<br />
o<strong>der</strong> gar gemeinsam betrieben.<br />
Da jedoch noch viel in Sachen gemeinsame Forschung<br />
getan werden muss, werden sich die Investitionen in diesem<br />
Bereich auf ca. 5% des Umsatzes belaufen.<br />
Die Verbandsaktivität wird durch die Variante nicht<br />
tangiert und verbleibt passiv bis aktiv je nach Unternehmen.<br />
Durch die gemeinsame Beschaffung und Logistik <strong>der</strong><br />
Produktionsmittel können Skaleneffekte ausgenutzt werden.<br />
Dadurch ergeben sich für die Einzelbetriebe tiefere<br />
Kosten. Ein gemeinsames Logistikzentrum soll die Verfügbarkeit<br />
<strong>der</strong> Rohstoffe gewährleisten und die Abhängigkeit<br />
von einzelnen Lieferanten abschwächen. Lieferzeiten<br />
und Lagerkosten werden minimiert trotz weiterhin<br />
unabhängig kooperierenden Betrieben. Die Kooperation<br />
beim Einkauf von Rohstoffen und Produktionsmitteln<br />
Appenzeller <strong>Textilindustrie</strong> (Vorversion)<br />
(Garne, Stoffe, Maschinen, Chemikalien) werden zu besseren<br />
Konditionen führen (Mengenrabatte). Diese Systemgrösse<br />
bleibt weiter den Betrieben überlassen, wodurch<br />
die bestehende Konkurrenz unter den Betrieben<br />
keinesfalls verringert wird. Die Ausrichtung auf den Konsumenten<br />
könnte somit diffus bleiben, solange, wie prognostiziert,<br />
<strong>der</strong> Anteil des Marketings am Umsatz gleich<br />
o<strong>der</strong> niedriger als heute belassen wird. Im Bezug auf Erlangung<br />
eines Ökolabels für die einzelnen Unternehmen<br />
kann sich die gemeinsame Ressourcenbeschaffung erleichternd<br />
auswirken.<br />
7OHGNF 5\GPCTKGP<br />
Tab 4.2 gibt eine Übersicht über die Ausprägungskombinationen<br />
<strong>der</strong> Einflussfaktoren für die vier gewählten Szenarien,<br />
welche das hypothetische Umfeld <strong>der</strong> Appenzeller<br />
Textilbetriebe darstellen.<br />
Die einzelnen Szenarien werden anschliessend in ihren<br />
Grundzügen skizziert.<br />
5\GPCTKQ #<br />
Aktuell boomt die Wirtschaft. Die Konsumentenstimmung<br />
ist ausgezeichnet; die Leute sind kauffreudig und<br />
ausgesprochen trendorientiert.<br />
Die liberale Wirtschaftspolitik des Bundes aber auch<br />
<strong>der</strong> EU und an<strong>der</strong>er Handelspartner setzt dem freien Handel<br />
wenig Grenzen. Es gibt kaum hin<strong>der</strong>liche Arbeitsgesetzregelungen,<br />
die <strong>der</strong> freien Übereinkunft zwischen Arbeitnehmerschaft<br />
und Arbeitgebern Vorgaben machen<br />
würde.<br />
Die Umweltthemen sind aus <strong>der</strong> politischen Agenda<br />
verschwunden; entsprechend gibt es wenig einzuhaltende<br />
Vorgaben; die Restriktionen zum Schutz <strong>der</strong> Umwelt basieren<br />
im Wesentlichen auf Freiwilligkeit.<br />
Ganz an<strong>der</strong>s die Migrationspolitik, sie ist ausgesprochen<br />
scharf; nur noch hoch spezialisierte Personengruppen,<br />
<strong>der</strong>en Berufshintergrund in <strong>der</strong> Schweiz kaum verfügbar<br />
sind, und die von <strong>der</strong> <strong>Schweizer</strong> Wirtschaft dringend<br />
gebraucht werden, erhalten Arbeitsstatus. Dennoch<br />
ist die Verfügbarkeit an gut ausgebildeten Arbeitskräften<br />
für die Textilwirtschaft problemlos. Das Lohnniveau ist<br />
an<strong>der</strong>erseits entsprechend hoch.<br />
An den Fachhochschulen und an<strong>der</strong>en Bildungsinstitutionen<br />
haben sich neue Lehrgänge etabliert, die <strong>der</strong> Textilbranche<br />
das nötige Know-how und den Nachwuchs an<br />
gut ausgebildeten Fachkräften sichern.<br />
Auch die <strong>Textilindustrie</strong> liegt im Sog <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Hausse; zukunftsgerichtete Investitionen können<br />
dank hoher Kapitalverfügbarkeit durch Kreditgeber getätigt<br />
werden. Sämtliche Ressourcen, Maschinen, Rohstoffe,<br />
Wasser, Energie sind in genügendem Umfang und zu<br />
günstigen Preisen verfügbar.<br />
UNS-Fallstudie 2002 47