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E&W-Printausgabe 3/2011

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E-TECHNIK<br />

Bundesinnungsmeister Josef Witke im E&W-Interview – Teil II<br />

Von Nachwuchssorgen<br />

und Alltagsängsten<br />

Wie viele andere Sparten hat auch die Elektrotechnik mit dem Lehrlingsthema zu kämpfen.<br />

Die Probleme unzureichender Aus- und Fortbildung machen sich in Bereichen wie<br />

der Kommunikationselektronik ebenfalls bemerkbar. Und wenn man in die Zukunft<br />

blickt, bekommt die Branche sogar einen höchst medizinischen Aspekt.<br />

E&W: Der Nachwuchs ist ein besonders<br />

wichtiges Thema. Wie schaut's<br />

denn diesbezüglich in der E-Technik aus?<br />

Josef Witke: Generell ist das Niveau der<br />

Lehrlinge extrem schlecht. Wir haben<br />

daher zB beschlossen, fünf Knock-out-<br />

Fragen bei der Prüfung einzuführen, bei<br />

denen es um grundlegende Sicherheitsaspekte<br />

geht – wenn jemand eine davon<br />

nicht beantworten kann, wird gar nicht<br />

mehr weitergefragt...<br />

E&W: Klingt nach einem ähnlichen Problem<br />

wie im Elektrohandel. Worauf ist<br />

dieses niedrige Level zurückzuführen?<br />

Witke: Das ist eine Folge von 40 Jahren<br />

falscher Bildungspolitik. Allen wurde<br />

immer eingebläut, dass Matura wichtig<br />

ist und einen nur die Hochschule im<br />

Leben weiterbringt – dabei ist das Gewerbe<br />

auf der Strecke geblieben. Auch in<br />

der WKÖ hat man das Gewerbe versacken<br />

lassen und heute ist es politisch<br />

praktisch nicht mehr vorhanden. Aber:<br />

Aus den Hilfsarbeitern der Vergangenheit<br />

lassen sich nicht die Fachkräfte der<br />

Zukunft machen.<br />

E&W: Müsste sich am Schulsystem etwas<br />

ändern?<br />

Witke: Man probiert ja, durch Änderung<br />

der Schulpolitik alles und jeden in<br />

der Lehre unterzubringen. Das geht aber<br />

nicht, weil die Elektrotechnik ja beinahe<br />

wie ein Studium ist. Dazu kommt noch<br />

etwas: Wir haben es heute leider vielfach<br />

mit Leuten zu tun, die zwar miteinander<br />

reden können, aber links und rechts<br />

davon keinen Strich verstehen, und die<br />

zwar auch lesen können, aber nicht begreifen,<br />

was da steht. Und bei all dem<br />

entfernt sich die Jugend immer weiter<br />

von der Praxis. Kinder wissen oft gar<br />

nicht mehr, wie eine Säge oder ein Hammer<br />

ausschaut, und dass man einen<br />

| 2/<strong>2011</strong><br />

Josef Witke Der Bundesinnungsmeister pocht zum wiederholten Male auf den Stellenwert<br />

des Gewerbes in Österreich. Denn dieses halte die Wertschöpfung im Land und<br />

bilde zugleich drei Viertel der Lehrlinge aus.<br />

Nagel in die Wand schlagen kann, ist für<br />

manche ja völlig unbegreiflich.<br />

E&W: Können Sie bzw die Innung daran<br />

etwas ändern?<br />

Witke: Ändern nicht, aber wir müssen<br />

es weitertragen. Die Politik ist ja genauso<br />

weltfremd, wenn sie glaubt, dass man<br />

mit der Industrie die Österreicher am<br />

Leben erhält. Denn die Arbeitsplätze<br />

werden vom Gewerbe gemacht und drei<br />

Viertel aller Lehrlinge ausgebildet – wir<br />

halten die Kaufkraft und die Wertschöpfung<br />

in Österreich, die Industrie tut keines<br />

von beiden. Zb waren bei den letzten<br />

KV-Verhandlungen erstmals mehr Gewerbe-Angestellte<br />

vertreten als von der<br />

Industrie – aber wir sind eben lauter<br />

kleine Einzelkämpfer und können nicht<br />

einfach so sagen 'wenn's ihr nicht<br />

spurt's, dann schmeißen wir Leute raus'.<br />

Wenn alleine die Elektrotechniker geschlossen<br />

sagen würden, jeder Betrieb<br />

entlässt morgen einen Mitarbeiter, gibt’s<br />

auf einen Schlag 12.000 Arbeitslose –<br />

ich frage mich, ob das einem Politiker<br />

bewusst ist?<br />

E&W: Gibt es Versuche, zumindestens<br />

die „besseren“ Schulabgänger fürs Gewerbe<br />

zu gewinnen?<br />

Witke: Wir sondieren ja... Aber gemeinhin<br />

meint man, in der Industrie besser<br />

aufgehoben zu sein als im Gewerbe. Also

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