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e-Buch-Psychologisch.. - Jochen Fahrenberg

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stellungen gestatten, wie es auf einem neuen, in Arbeit befindlichen Bild<br />

Salvador Dalís der Fall ist, gleichzeitig sechs Vorstellungen wiederzugeben,<br />

ohne dass eine von ihnen im geringsten figürlich entstellt wäre -<br />

Athletentorso, Löwenkopf, Kopf eines Generals, Pferd, Schäferinnenbüste,<br />

Totenkopf. Verschiedene Betrachter sehen auf diesem Bild verschiedene<br />

Vorstellungsbilder; es versteht sich von selbst, dass die Ausführung im höchsten<br />

Grad realistisch ist." (S. 274).<br />

Unabhängigkeitserklärung der Phantasie (zit. n. Dalí, 1989)<br />

Dalí räumte ein, dass es Bilder gäbe, deren Bedeutung ihm noch nicht klar sei.<br />

Sie wären aus einer Verdichtung mehrerer Träume entstanden und hätten beim<br />

Malen peinigende Elemente enthalten (z. B. das Bild “Das Rätsel Hitlers”). – Die<br />

Malerei wirkt bewusst autobiographisch, angeblich wie in einem Film seines<br />

Bewussten und Unbewussten entstanden. Dennoch scheinen wichtige Ereignisse<br />

und Familienprobleme verborgen zu bleiben, d. h. von Dalí nicht enthüllt zu werden,<br />

so dass die Selbstinszenierung und Selbstmythologisierung auffallen.<br />

Für den künstlerischen Wert könnte es unwesentlich sein, ob Dalís Werke als<br />

Ausdruck psychischer Labilität oder erfolgreicher, kreativer Abwehr, als Ausdruck<br />

einer narzisstischen Persönlichkeit oder einer künstlichen “paranoischen<br />

Autosuggestion” verstanden werden können, obwohl durch solche Hinweise<br />

natürlich die Neugier und die interpretatorische Motivation der Bildbetrachter<br />

sehr angeregt werden. Seine Bilder wirken wie Bilderrätsel und können zu projektiven<br />

Tests mit allen Risiken einer “wilden” Spekulation über Bedeutungen<br />

werden.<br />

Dalís Bilder sind durch diese biographischen Kontexte und Absichten ungewöhnlich.<br />

Auch die Werke von Wassily Kandinsky, Paul Klee und Pablo Picasso<br />

sind, wie aus ihren Kommentaren bzw. kunsttheoretischen Veröffentlichungen<br />

hervorgeht, z. T. sehr bewusste, reflektierte Gestaltungen. Deshalb könnte im<br />

Fortgang einer psychologischen Interpretationsübung eine möglichst verschiedene<br />

Richtung als Kontrast gesucht werden: etwa die holländische Landschaftsmalerei<br />

(mit ihrer Auffassung von repräsentativer Abbildung der Natur bzw. von<br />

Ausdruck in der Natur). Oder Farbkompositionen von Ernst Wilhelm Nay, Farb-<br />

Raum-Kompositionen von Piet Mondrian, Werke zum erweiterten Kunstbegriff<br />

und zur sozialen Plastik (mit charakteristischen Hinweisen, Zitaten und<br />

Symbolen) von Joseph Beuys oder expressive Darstellungen von Francis Bacon,<br />

Georg Baselitz und Anselm Kiefer. Auch Maler wie Hieronymus Bosch, Pieter<br />

Breughel, Francisco Goya würden unmittelbar zu einer Inhaltsanalyse anregen.<br />

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