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e-Buch-Psychologisch.. - Jochen Fahrenberg

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Auch heute dominieren wohl in der psychologischen Untersuchungspraxis<br />

unvermindert das Interview und in bemerkenswert großem Umfang werden die<br />

projektiven Verfahren verwendet. Eine relative Zunahme kann wahrscheinlich nur<br />

für die Verwendung von normierten Fragebögen behauptet werden. In der Ausbildung<br />

zum Diplom-Psychologen fehlen heute jedoch sowohl projektive Verfahren<br />

als auch Graphologie. Auch als Forschungsthemen sind sie nicht mehr aktuell.<br />

Die zentrale Frage ist nun, weshalb an den Universitäten nach vielen Jahrzehnten<br />

Abstand von diesen Theorien und Methoden genommen wurde. War es tatsächlich<br />

ein gemeinsamer und vollständiger Wechsel der wissenschaftstheoretischen Überzeugungen<br />

oder war es die mangelnde empirische Gültigkeit und deshalb schwindende<br />

Überzeugungskraft dieser Verfahren? Diese Reflektion wäre eigentlich von<br />

einer “neuen” qualitativen Psychologie zu erwarten; sie steht noch aus.<br />

Viele Publikationen zum interpretativen-qualitativen Ansatz sind als<br />

Einführungen verfasst. Auch deswegen fehlen in der Regel ausführliche Berichte<br />

über substantielle Forschungsergebnisse oder praktische Anwendungen. Dadurch<br />

wirken diese Bücher sehr programmatisch und anspruchsvoll. Sie fordern<br />

deshalb zur kritischen Stellungnahme heraus. Die von Methodikern gelegentlich<br />

geübte, vielleicht überkritische Bewertung der qualitativen Verfahren rührt wohl<br />

auch daher, dass die methodischen Kontrollen unterentwickelt sind. Selbst in den<br />

wenigen Beiträgen, wo überhaupt Begriffe wie Auswertungs- und Interpretations-Übereinstimmung<br />

angesprochen werden, fehlen meist empirische Details.<br />

So gut wie nie werden Ergebnisse tatsächlicher Überprüfungen mitgeteilt.<br />

Deshalb liegt der Schluss nahe, dass solche Befunde nicht verfügbar sind oder<br />

nicht wirklich interessieren.<br />

Eigenständige und neue Verfahren der Geltungsbegründung sind noch kaum hervorgetreten.<br />

Begriffe wie Triangulation, kommunikative Validierung oder komparative<br />

Kasuistik entsprechen sehr weitgehend altbekannten Prinzipien der Methodenlehre.<br />

Weiterführende Ansätze sind vielleicht durch genau geplante Kombinationen<br />

verschiedener Auswertungsstrategien zu erhoffen. Deren Fruchtbarkeit<br />

müsste jedoch erst in größeren Anwendungsstudien aufgezeigt werden.<br />

Diese Kontroverse um qualitative und quantitative Auswertungen wurde hier<br />

referiert, weil sie sich bis heute durch viele Veröffentlichungen zieht. Die Frage<br />

der noch erreichbaren Konvergenz und der nicht mehr vertretbaren Divergenz<br />

von Verständnissen auf Berelsons “Kontinuum” (siehe oben) ist dagegen in dem<br />

“interpretativen” und “qualitativen Paradigma” empirisch nahezu unbearbeitet<br />

geblieben.<br />

Anspruch und Leistung<br />

In vielen Büchern zum interpretativen Paradigma in der Psychologie und in den<br />

Sozialwissenschaften wird ein hohes Anspruchsniveau vermittelt. Das beste<br />

Argument wäre der Ausweis besonderer Fruchtbarkeit, Nutzanwendung, Über-<br />

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