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e-Buch-Psychologisch.. - Jochen Fahrenberg

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Nichtgelingen einer kontrollierten und dem Aufforderungscharakter angemessenen<br />

Deutung wird als “Schock” bezeichnet und als Kontrollverlust interpretiert.<br />

Als seriell aufgebauter Test bietet der Rorschach-Test vorzügliche Möglichkeiten<br />

der Verlaufsanalyse. Die Reihe der Antworten wird über die Tafeln, unter<br />

Berücksichtigung der verschiedenen und schwieriger werdenden Anforderungen<br />

durch Form, Farbe und Schattierung, verglichen. Sind vielleicht für die Person<br />

charakteristische dynamische Sequenzen zu erkennen? Gibt es spezielle<br />

Verläufe, wie sich jemand durch die Form- und Farb-Determinanten ansprechen<br />

lässt und wie diese Anforderungen verarbeitet werden? Wie sind diese Verlaufsgestalten<br />

psychologisch zu interpretieren?<br />

Die große Zahl von Merkmalen und Regeln schließt hier ein Beispiel aus. Es<br />

wäre dem Rorschach-Test unangemessen, eine einzelne Antwort oder die Antworten<br />

zu einer Tafel interpretieren zu wollen. Nur mit dem vollständigen Protokoll,<br />

dem zahlenmäßigen Psychogramm und dem charakteristischen Verlauf der<br />

Antworten über die zehn Tafeln ist eine methodisch vertretbare Interpretation<br />

möglich. Es sind wiederum viele Kontexte zu berücksichtigen und ein mehrstufiger<br />

Interpretationsprozess zu leisten. Wegen der Überschaubarkeit des<br />

Materials, der seriellen Abfolge der Tafeln und der Möglichkeit klärender<br />

Nachfragen und Einfälle könnte der Rorschach-Test methodisch als Lehrstück<br />

der Interpretationskunst gelten – unabhängig von den vielfältigen Problemen,<br />

empirische Kriterienkorrelationen nachzuweisen.<br />

Der Rorschach-Test steht in einer doppelten Tradition. Er nimmt Anregungen aus<br />

den Experimenten der Assoziationspsychologie auf, allerdings in differentieller und<br />

diagnostischer Absicht. Rorschach sprach ja nicht von einem projektiven Test, sondern<br />

von einem Wahrnehmungsexperiment. Die tiefenpsychologische Tradition<br />

war zu Beginn weniger deutlich als in einigen der späteren Entwicklungen, die sich<br />

um eine psychoanalytische Interpretation der Antworten bemühten (Schafer, 1972).<br />

Trotz der Kürze der Antworten auf die Klecksbilder ist eine inhaltliche Interpretation<br />

dieser Antworten nicht ausgeschlossen. So kann das standardisierte Reizmaterial<br />

auch für die Technik der freien Assoziation verwendet werden.<br />

Ungesicherte Validität<br />

Die Literatur enthält eine fast unüberschaubare Anzahl von Publikationen zur<br />

Frage der Validität des Rorschach-Tests. Die einzelnen Untersuchungen sind so<br />

unterschiedlich angelegt oder enthalten nur unzureichende Kontrollen systematischer<br />

Fehler, dass Metaanalysen unmöglich zu sein scheinen. Die methodische<br />

Orientierung oder die fachliche Kompetenz könnten eine größere Rolle spielen<br />

als oft angenommen wurde. Dies lässt sich an einem auch aus politisch-psychologischer<br />

Sicht besonders interessanten Beispiel erläutern.<br />

Im Jahr 1945 wurden im Nürnberger Gefängnis deutsche Kriegsverbrecher durch<br />

den amerikanischen Psychiater Kelley und den Psychologen Gilbert untersucht.<br />

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