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e-Buch-Psychologisch.. - Jochen Fahrenberg

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Eigenschaften, Motive oder Emotionen, sondern dynamisch-prozesshafte Entwürfe<br />

und Konstruktionen (Kelly, 1955; siehe auch Fisseni, 1998; Thomae, 1968).<br />

Das Konstruktsystem einer Person wird mit dem Role Construct Repertory Test<br />

(REP-Test) erkundet. Die zu untersuchende Person wird aufgefordert, die Namen<br />

von ca. zwanzig Rollen aufzuschreiben, d. h. von Bezugspersonen wie Mutter,<br />

Vater, Geschwister, gleich- und gegengeschlechtliche Freunde, Lehrer, eine als enttäuschend<br />

erlebte Person, eine besonders vertraute Person u. a. Personen. Eine weitere<br />

Rolle ist die Person selbst. Je drei Rollen werden dann nach einem Schema<br />

kombiniert. Die untersuchte Person soll jeweils psychologisch zu beschreiben versuchen,<br />

inwieweit sich zwei dieser Personen ähnlich sind und sich gemeinsam von<br />

der dritten unterscheiden. Auf diese Weise ist ein Einblick in die persönlichen<br />

Konstrukte zu gewinnen. Durch Selbstbeschreibungen und durch ein Interview<br />

können diese Konstruktsysteme interpretiert und auch praktisch im Zusammenhang<br />

von Beratung und Psychotherapie verwendet werden.<br />

Die persönlichen Konstrukte können im Unterschied zu den üblichen psychologischen<br />

Eigenschaftsbegriffen als individuell geprägte Konzepte der Selbstinterpretation<br />

aufgefasst werden. Die sprachlichen Ausdrücke werden sich sogar<br />

weitgehend entsprechen können, doch sind die persönlichen Konstrukte subjektzentriert<br />

und prozessual gemeint.<br />

Dennoch bleibt zweifelhaft, ob Kelly der Psychologe ist, welcher am entschiedensten<br />

versucht hat, eine Person von ihrer Subjektivität her zu verstehen wie<br />

Fisseni (1998) meint. Diese Subjektivität ist ja hier beschränkt auf solche idiographischen<br />

Konzepte, die bewusst sind, sprachlich geäußert und erläutert werden<br />

können. Die subjektive Befindlichkeit in der Welt, die Emotionen und erlebten<br />

Bedürfnisse sind hier nur Epiphänomene (griech. Randerscheinungen). Der<br />

Begriff “Persönliches Konstrukt” ist in die Fachsprache eingegangen, um diese<br />

subjektivierende (individualisierte) psychologische Sichtweise im Unterschied<br />

zu einem Beschreibungssystem in Begriffen allgemeiner (überindividueller, universeller)<br />

Eigenschaften zu kennzeichnen. Der Begriff scheint sich weitgehend<br />

mit dem Anspruch der idiographischen Methodik zu decken.<br />

In Anlehnung an die Unterscheidung von verschiedenen Aspekten des Selbst<br />

wurde von Hermans und Kempen (1993) eine Konzeption des dialogischen<br />

Selbst entworfen. Dieses Selbst vermag kontinuierlich die erzählten Versionen zu<br />

verändern, indem es verschiedene Standpunkte entwickelt und auch die Sichtweisen<br />

anderer Personen einnimmt. Wie Gruppen und Kulturen keine einzelne,<br />

von allen Individuen geteilte, simple Realität haben, sondern als multiple Realitäten<br />

existieren, hat auch eine Person intern mehrere Stimmen. Diese repräsentieren<br />

verschiedene Tendenzen, Identifikationen und Loyalitäten zu anderen<br />

Personen bzw. Teil-Selbsts. Diese multiplen Selbstkonzepte erscheinen in der<br />

biographischen Erzählung bzw. in den verschiedenen Versionen dieser<br />

Darstellung.<br />

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